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Kultur Politik

Das Paradies ist Geschichte

Donnerstag, 25. Juni 2015 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Stefan Rahmann

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Das Künstlerparadies am Eifelwall ist geräumt worden. Ketan, Nina und Jupp haben das Gelände friedlich verlassen. Stefan Rahmann war dabei.

Die Selbstzufriedenheit hat ein Gesicht. Das von Axel Rostek, dem stellvertretenden Leiter des städtischen Amtes für Gebäudewirtschaft. „Die Stadt ist rundum zufrieden damit, wie das hier abgelaufen ist“, bilanziert er nach der friedlichen Räumung der Künstler-Enklave am Eifelwall. Auf die Minute pünktlich um 9 Uhr morgens ist Obergerichtsvollzieherin Renate Flosbach im Paradies erschienen, um Ketan, Jupp und Nina zum Verlassen des Geländes aufzufordern. Dem kommen die Drei umgehend nach. Die Stadt will das Paradies-Gelände für die Stadtarchiv-Baustelle nutzen und hat ihr Eigentumsrecht mit einem Räumungsbeschluss gerichtlich durchgesetzt.

Ketan durchschreitet das Spalier aus Polizisten, Wachmännern mit Hunden und Vertretern der Gebäudewirtschaft erhobenen Hauptes mit seinem rosa Hut auf dem Kopf und einem geschmückten Kirschbaum in der Hand. „Ich werde diesen Kirschbaum bis auf weiteres als Wanderstab nutzen.“ Zunächst geht er nach Bensberg. Dort wird er seinen ältesten Freund pflegen, der auf dem Sterbebett liegt. Nina wird für eine Woche in der Wohnung eines Freundes unterkommen, der im Moment unterwegs ist.

 

 

Was danach kommt, weiß sie im Moment ebenso wenig wie Ketan. Auch Jupp wirkt ratlos. „Ich habe nur den alten Campingwagen. Und der hat keinen Tüv“, sagt er gedankenverloren und nimmt erstmal einen ordentlichen Schluck Rotkäppchen-Sekt aus einer Magnum-Flasche, die irgendjemand zur Trauer des Tages spendiert hat. Vielleicht nicht verbessert, aber zumindest nicht verschlechtert hat sich Pepper, Ninas Schwein, das ein Jahr im Paradies verbracht hat. „Die ist jetzt in der Eifel auf einem Bauernhof. Der Bauer ist ein echter Schweineflüsterer. Pepper geht es da super“, erzählt Nina.

 

Sie sitzt mit Pressevertretern und Paradies-Sympathisanten auf dem Bürgersteig am Eifelwall an einem improvisierten Frühstückstisch. Trommeln werden geschlagen, Ketan spielt Flöte und stellt sich den Fragen der Journalisten. „Dass die Räumung friedlich abläuft, stand doch nie in Frage. Ich bin doch friedlich“, erklärt er und bedauert, dass in all den Monaten seitens der Stadtverwaltung und der Politik niemand seine zahlreichen Gesprächseinladungen angenommen hat.

 

„Am Freitag habe ich zufällig Oberbürgermeister Roters auf der Domplatte getroffen und ihn angesprochen. Der hat mir zu verstehen gegeben, dass er den Dialog mit mir nicht will. Punkt“, erzählt Ketan und blickt einem Bagger hinterher, der gerade durch den geöffneten Bauzaun auf das Paradies-Gelände rollt. Wie geht es weiter? „Ich bin ein Gesamtkunstwerk. Ich habe hier Kunst für Menschen mit Menschen geschaffen in und mit der Natur. Wenn Dilettanten das Paradies räumen, ist dieses Kunstwerk verloren.“ Geht es weiter in Köln? „Unter keinen Umständen. Mit dieser Stadt bin ich fertig. Ein für alle Mal.“ Vielleicht auf dem Tempelhofer Feld in Berlin? „Vielleicht.“

 

Ketan blickt noch einmal zurück und erinnert daran, dass ihm die Gebäudewirtschaft über Monate Strom und Wasser gesperrt hat, obwohl er immer pünktlich seine Rechnungen bezahlt hat. In den letzten Wochen gab es sogar ein Besuchsverbot für die drei verbliebenen Paradies-Bewohner, das die Wachleute mit Hunden durchsetzten. Ein Künstler, der seine Sachen vom Gelände holen wollte, wurde seitens der herbeigerufenen Polizei mit Gewahrsam wegen Hausfriedensbruchs gedroht. Derweil steht Rostek vor dem Tor zum Paradies und erläutert wortreich das städtische Vorgehen: „Das Besuchsverbot war nötig, weil wir verhindern mussten, dass sich Leute auf dem Gelände aufhalten, gegen die wir keinen Räumungstitel haben.“

 

Die Kunstwerke von Ketan werden von der Gerichtsvollzieherin eingelagert. Sie entscheidet in diesen Tagen, was Kunst ist und was nicht. Was als Schrott entsorgt wird, entscheidet sie auch. Die Kosten für die Einlagerung soll Ketan tragen. Der ist sichtlich mit den Nerven fertig, als aus dem Paradies die ersten Baggergeräusche auf den Eifelwall dringen. „Ich habe keine Reserven mehr. Ich bin kein Widerstand. So ist das doch ein Drecksleben, das so viele führen. Immer Tür zu, immer Auto fahren, immer nur konsumieren. Ich träume doch nichts Schlimmes. Nur eine andere Welt.“ Der Traum ist aus. Zumindest in Köln. Und für Köln.
 

Text: Stefan Rahmann

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