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Kultur

Fakten oder Fake?

Freitag, 22. September 2017 | Text: Alida Pisu | Bild: Meyer Originals

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Wann kommt es schon einmal vor, dass der Regisseur eines Stückes und der Intendant eines Theaters ihre Rollen tauschen und zu Schauspielern werden? So gut wie nie. Aber es war ja bis vor kurzem auch ein Ding der Unmöglichkeit, dass der Präsident der USA auf der politischen Bühne wahlweise Possen, Dramen, ungewollte Satiren oder gar Fake News zum Besten gibt.

 

Was ist Realität, was Fiktion, was Sein oder Schein? Damit setzt sich das Freie Werkstatt Theater in der ersten Premiere der neuen Spielzeit auseinander: „Last Night in Sweden oder Donald Trump und die Kunst des Wrestling“ – passend zum diesjährigen Leitthema „Lüge und Wahrheit“.

 

Alles nur Staffage?

Schon die Eingangsszene, in der Regisseur und Assistentin an einem Tisch mit den beiden Schauspielern sitzen, zeigt verschiedene Ebenen von Sein und Schein. Während die Kamera das Geschehen aufnimmt, wird im Hintergrund auf der Videoleinwand das bereits Monate zuvor aufgenommene Konzeptionsgespräch abgespielt, identisch mit dem gegenwärtigen Gespräch. Alle Figuren nur Staffage, nur Fake? Aber wo ist dann die Wahrheit? Sie mag in den Mythen und Gestalten der Vergangenheit zu finden sein. Dem Mythos von Prometheus, der den Menschen das Feuer brachte und dafür von Göttervater Zeus hart bestraft wurde. Und dem von Io, die von Zeus in eine Kuh verwandelt wurde.

 

Wie diese Gestalten ins Heute zu transferieren wären, darüber tauscht die Tischgesellschaft sich aus. Als sie sich auflöst, landet sie im Hier und Jetzt. Und begibt sich auf die Suche nach der Antwort auf die Frage, wie viel Authentizität und Wahrheit die Bühne verträgt. Ob das überhaupt funktioniert und ob es gestattet ist, aus der Rolle auszubrechen. Die wunderbare Fiona Metscher ringt geradezu um das Eigene im fremden Text. Es hat einen gewissen Charme, ihr dabei zuzusehen, hat man doch im Hinterkopf, das auch der vermeintlich authentische Text letztlich nur inszeniert ist. Wie alles, was sich auf einer Bühne abspielt.

 

Gefühlsmensch versus Maschinenmensch

Und dennoch beeindruckt Fiona Metscher in der Unbedingtheit ihres eigenen Wollens, des Bestehens auf ihrer eigenen Geschichte, ihrer eigenen Sicht. Auch Prometheus widersetzte sich den Gesetzen, beharrte auf seinem Willen. Aber was heißt schon eigene Sicht, wenn es auf die Perspektive ankommt, die man einnimmt.

 

Der Zuschauer hat es in der Hand, ob er seinen Blick auf Fiona Metscher richtet oder ob er ihrem kongenialen Partner Anton Schieffer dabei zusieht, wie er pantomimisch die ewig gleichen Bewegungen eines am Fließband Arbeitenden verrichtet. Er arbeitet dabei so präzise wie ein Uhrwerk, wie eine fremd bestimmte Maschine. Metscher oder Schieffer, Gefühlsmensch versus Maschinenmensch – zwei simultan ablaufende Geschehen. Welches wähle ich aus als „meine“ Realität, welches vernachlässige, verschweige, verbiege ich bis zum Fake?

 

Verdächtige Ähnlichkeit mit dem Bonner Wall

Die Inszenierung kreist immer wieder um dieses Thema und setzt dafür eine manchmal fast erschlagende Fülle an Mitteln ein. Nicht nur auf der Bühne, auch auf Monitoren und der Videoleinwand wird gespielt oder kommentiert. Dabei agieren die beiden Akteure vor der Kamera (Kameramann: Kai Gusseck), sehen sich aber auch ihre eigenen Videos an, sitzen stumm vor den Monitoren, als hätte es ihnen die Sprache verschlagen, bei all dem, was zur Sprache kommt.

 

Dabei darf natürlich Trumps mittlerweile legendäre Lüge, in der er auf angebliche Terroranschläge anspielte, nicht fehlen: „Look at what’s happening last night in Sweden.“ Die Inszenierung zerlegt die Fake News und zeigt, was wirklich passiert ist: außer Elchen nichts gewesen. Ob die abgebildete Wirklichkeit einer Zugfahrt nach Schweden allerdings wirklich so stattgefunden hat, darf bezweifelt werden. Hatte eine der gezeigten Straßen doch verdächtige Ähnlichkeit mit dem Bonner Wall. Was soll’s, ein Spaß und ein Spiel mit der Fiktion ist es allemal.

 

100 intensive Minuten, authentischer Applaus

Zum Spaß trägt auch Theaterchef Seidel bei, der im knallroten, perfekt sitzenden Anzug den Entertainer gibt und die „Show“ moderiert. Und wie heißt es so schön: the show must go on! Auch der Wrestling-Kampf zwischen Metscher und Schieffer, der so aussieht, als ginge es um Leben und Tod, ist nichts weiter als eine abgekartete Sache, eine Lüge, über die jeder Bescheid weiß. Aber wen interessiert’s, wenn die Show unterhaltsam war?

Ein unterhaltsamer Abend geht nach 100 intensiven Minuten zu Ende. Die intensivsten Momente waren vielleicht die, in denen Anton Schieffer wie ein Märchenonkel erzählte. Oder die, in denen Fiona Metscher unter die Haut gehend sang. Oder oder oder…

Wenn Autor und Regisseur Guido Rademachers in seiner Inszenierung eines zeigt, dann ganz gewiss, dass die Übergänge zwischen Fakt und Fake fließend sind, wir uns in der Lüge nur allzu oft sehr bequem eingerichtet haben und gar nicht wissen wollen, was wahr ist und was nicht.

Das Premieren-Publikum geizte nicht mit Applaus, der definitiv authentisch war!

 

„Last night in sweden oder Donald Trump und die Kunst des Wrestling“ von Guido Rademachers
Mit Fiona Metscher, Anton Schieffer, Gerhard Seidel
Stückentwicklung und Inszenierung Guido Rademachers, Bühne und Video Kai Gusseck
Freies Werkstatt Theater, Zugweg 10, 50677 Köln?

Weitere Termine: 22., 23., 30. September, 01., 20., 22. Oktober 2017
 

Text: Alida Pisu

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