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Politik

„Das Bürgerhaus Stollwerck wird es noch geben…

Donnerstag, 9. Januar 2014 | Text: Gastbeitrag | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

sagt Henriette Reker in bestimmtem Tonfall auf die Frage, ob das Bürgerhaus Stollwerck in zehn Jahren noch existieren werde. Und fügt hinzu: „ich bin überzeugt davon, dass das hält, wobei ich nicht garantieren kann, ob es noch ein städtisches Bürgerhaus sein wird. Auf jeden Fall aber eins mit städtischen Zuschüssen!. Das ist eine wichtige Infrastruktureinrichtung, da können wir nicht drauf verzichten, wenn wir eine lebendige Gesellschaft für die Menschen bleiben wollen. Und irgendwann wird auch der Letzte einsehen, dass Konsolidierung wichtig ist, aber nur bis zu einem gewissen Grad, sonst ist sie zerstörerisch!“.

Henriette Reker, geborene und seit 2010 hier als Beigeordnete für Soziales Integration und Umwelt wirkende Kölnerin, muss sich in ihrem Dezernat um ein ziemlich breites Themenspektrum kümmern, finden wir. Wie sie derlei Mannigfaltigkeit an Aufgaben – von den Abfallwirtschaftsbetrieben über Flüchtlingsunterbringung bis hin zur Inklusiv-Werdung (oder zumindest schon mal Barrierefreiheit) der Stadt- Herr werde, wollen wir wissen. „Ich weiß nicht, ob man dessen Herr werden kann…meine Motivation ist es, als Kölnerin auf die Entwicklung meiner Heimatstadt Einfluss zu nehmen.“

Meine Südstadt: Frau Reker, was halten Sie davon, eine Willkommens-Kultur zu etablieren, wie etwa mit dem MentorInennprojekt für Flüchtlinge, wie es der Kölner Flüchtlingsrat aus der Südstadt jüngst aufgelegt hat?
Henriette Reker: Es ist richtig, Flüchtlinge so zu begleiten, dass sie sich einleben können. Man muss sich Flüchtlingsfamilien zuwenden, ihnen helfen, sich so schnell wie möglich in die neue Situation einzufinden. Das ist aber schwierig, weil da ja Menschen kommen, die eine Menge Probleme mitbringen. Die Probleme der Menschen sind ja nicht weg, nur weil sie eine Landesgrenze überschreiten…

Wie kann man denn als Stadt eine Willkommenskultur besser entwickeln? Können Sie nicht einfach hundert Sozialarbeiter mehr einstellen, z.B. beim sozialen Dienst des Wohnungsamtes?
Henriette Reker: Das fragen Sie jetzt nicht mich, oder? Stellen Sie sich doch mal den Haushalt vor…Wir müssen damit leben, dass die Gesellschaft noch nicht so weit ist, dass soziale Projekte an erster Stelle stehen…

Wie viele Flüchtlinge in Köln haben wir denn aktuell, die von der Stadt untergebracht und, mehr oder weniger, betreut und beraten werden?
Henriette Reker: Knapp Dreitausend, in Wohnheimen, Wohnungen und Hotels.

Und doch reichen die Plätze nicht, es wird gegen die Leitlinien von 2004 verstoßen, nach denen sich Köln verpflichtete, Flüchtlinge u.a. nur noch in Wohneinheiten MIT abgeschlossenen Wohneinheiten nur mit maximal siebzig Menschen pro Wohneinheit unterzubringen.
Henriette Reker: Ja, die Unterbringung ist schwierig, seit 2011 steigen die Flüchtlingszahlen massiv. Aber es gibt immer Immobilien, über die wir verhandeln, wir haben zur Lösung der Probleme im vergangenen September eine Task Force gegründet, über die wir auch eine Personalaufstockung erreicht haben…

…und die Task Force kann mit der Ämterkonkurrenz aufräumen? Hat da das Amt für Wohnungswesen auch mal Durchgriff auf städtische Liegenschaften?
Henriette Reker: Ja, das wird im Rahmen der Task Force passieren.

 

Stichwort ESIE, Entwicklung Großmarktumgebung. Vom Planer des Nutzungskonzeptes erfuhren wir, dass dieses Konzept in enger Abstimmung mit allen städtischen Dienststellen erarbeitet wurde, die eventuellen Bedarf anmelden konnten. Das Schuldezernat hat an dem Standort etwa Bedarf an zwei Schulen angemeldet, eine Flüchtlingsunterkunft taucht hingegen im Planwerk nicht auf.
Henriette Reker: Es ist klar, dass aus Wohnbebauung auch Bedarf an Schulen folgt, was ja für Flüchtlingsunterkünfte nicht zwingend aus der Wohnbebauung entsteht. Zum ESIE-Areal muss man allerdings auch sagen: die Task Force soll ja kurzfristig Besserung bringen, was nützt uns ein Flüchtlingswohnheim, das in zehn Jahren erst gebaut werden kann und wir bauen ja schon, in Godorf und Weiden etwa. Wir prüfen aber auch diverse Grundstücke, inwiefern sie sich für Flüchtlingsunterbringung eignen. In Folge der Gespräche mit dem BLB (Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW) wird derzeit auch die temporäre Aufstellung von Wohncontainer für Flüchtlinge in die Planung einbezogen.

Wohncontainer mit abgeschlossenen Wohneinheiten?
Henriette Reker: Mit abgeschlossenen Wohneinheiten. Und da ist ja auch ein Kriterium, dass wir nicht in ohnehin belastete und sozial angespannte Stadtteile wollen, obwohl genau da natürlich mehr Grundstücke wären…

Wie planen Sie denn für die Zukunft? Was brauchen Sie an Wohneinheiten, sagen wir mal, in einem Jahr?
Henriette Reker: Wenn der Zuzug so bleibt wie momentan, dann brauchen wir bis Ende 2014 exakt siebenhundertzweiundzwanzig Plätze mehr als heute.

 

Mal weg von den Flüchtlingen, wie sieht es aus mit bezahlbarem Wohnraum, den ja viele Kölner bräuchten?
Henriette Reker: Köln braucht natürlich dringend sozialen Wohnungsbau, der ist leider in den vergangenen Jahren sehr zurückgegangen, was einfach an der Kombination aus hohen Grundstückspreisen und dem niedrigen Zinsniveau auf dem freien Kapitalmarkt liegt – das ist nicht attraktiv genug für Investoren. Und wir brauchen hier in Köln ja alles: sozialen Wohnungsbau, preiswerten Wohnungsbau (mit Kaltmieten zwischen sechs und acht Euro Anm. der Red.)…ich sehe zur Zeit aber wieder viele Projekte im hochpreisigen Segment, davon haben „meine“ Leute nix…

Unterstützen Sie denn sog. Vorhabenträger, also auch Baugruppen, Zusammenschlüsse einzelner kleinerer Investoren, die auch soziale Aspekte berücksichtigen?
Henriette Reker: Ja, auf jeden Fall. Wir sind im Kontakt mit Baugruppen, Genossenschaften…

…um thematisch anzuschließen: für die Entwicklung einer „Smart City“?
Henriette Reker: Ja, auch. Die Idee des Oberbürgermeisters ist, Köln insgesamt zu einer intelligenten Stadt zu machen. Großstädte müssen alle vorhandenen Technologien nutzen, um energieeffizienter zu werden. Es geht aber nicht nur um Energie. Es geht in einer intelligenten Stadt auch um Vernetzung.

Ist das nicht alles sehr technologielastig? Gut, es gibt die Industrie, die ihre energiesparenden Produkte verkaufen möchte. Ein anderer Ansatz wäre doch, gar nicht so viel Energie in Anspruch zu nehmen.
Henriette Reker: Gehört auch dazu.

Smart stellen wir uns auch eher als sozial smart vor und nicht nur so, dass wir alle in Hybrid-Autos herumfahren. Sondern zum Beispiel eine bessere Vernetzung des ÖPNV etwa, mit niedrigeren Preisen.
Henriette Reker: In so ein Konzept, das ich vorbehaltlos unterstütze, gehören auch gestufte Strompreise, die Menschen mit weniger Geld nicht so stark belasten.

Und die Entwicklung ganzer, vor allem neuer Stadtteile: Kommen wir noch einmal zurück zum Entwicklungskonzept Südliche Innenstadterweiterung, das uns als Südstädtern ja besonders am Herzen liegt. Was können Sie dafür tun, dass dort sozialverträgliches, inklusives, intelligentes, „grünes“ Leben entsteht? Das sind hundert Hektar, für Köln ein gigantisches Gebiet. Das könnte das smarteste Viertel der Stadt werden. Wie kann es der Stadt gelingen, Investoreninteressen der reinen Gewinnmaximierung abzuwehren?
Henriette Reker: Zunächst einmal gestaltet die Stadt die Genehmigungsprozesse. Da hat sie Einfluss. Das ist eine Frage, die von der Stadtplanung zu beantworten ist. Als Umweltdezernentin kann ich den Klimaschutzprozess anschieben.

 


Sie müssten doch im Grunde ganz eng mit Baudezernent Höing zusammenarbeiten und ständig darüber reden, wie man diese Stadt weiterentwickeln kann: Wie bauen wir die soziale Stadt?
Henriette Reker: Natürlich bin ich mit meinem Kollegen darüber im kontinuierlichen Austausch. Das Voranbringen von konkreten Projekten findet aber überwiegend in der Zusammenarbeit der beteiligten Ämter unserer Geschäftsbereiche statt.

Höing sagt, was und wie gebaut wird, und Sie kümmern sich um das Soziale und die Umwelt. Damit es anders läuft als im Rheinauhafen?
Henriette Reker: Na ja, Freunde vor mir wohnen im Siebengebirge im Rheinauhafen an der Ecke Ubierring. Das finde ich noch ganz schön. Meine Familie hatte ein Haus am Holzmarkt, das im Krieg zerstört wurde. Ich habe Fotos von meinem Großvater, der dort im Matrosenanzug fotografiert worden war. Als ich zurück nach Köln kam, hätte ich mir nicht vorstellen können, dort zu wohnen. Nicht nur, weil es sehr teuer ist, sondern auch, weil es überhaupt nicht urban ist.

Viele Architekten sagen, im Rheinauhafen sei praktisch nur Mittelmaß entstanden. Die Kranhäuser sind vielleicht noch für Statiker interessant. Soziale Mischung der Bewohner – nein danke!
Henriette Reker: Das alte Dilemma. Die Kölschen bleiben unter ihren Möglichkeiten.

Vor kurzem ist im Rheinauhafen das alte Zollgebäude an einen Architekten verkauft worden. Der baut da Büros. Wohnungen kämen nicht in Frage, weil das wegen des Denkmalschutzes zu schwierig sei. Dem Denkmalschutz ist die Nutzung innen doch aber völlig egal, Hauptsache, die Fassade bleibt erhalten. Warum sagt die Verwaltung bei so etwas nicht einfach mal Nein! ?
Henriette Reker: Da kann die Verwaltung nicht nein sagen. Diese Entscheidungen werden vor der Eigentümerin, der HGK, getroffen.

Viele Menschen hoffen, dass so etwas in dem ESIE-Gebiet nicht passiert. Wir müssen auch an die alten Menschen in den Gründerzeit-Häusern z.B. in der Südstadt denken, die bald nicht mehr in den fünften Stock krauchen können….
Henriette Reker: Ja, ich weiß. Es gibt viele, die auch aus finanziellen Gründen gar nicht mehr umziehen könnten. Selbst wenn sie sich kleiner setzten, ist die Miete, gerade auch in der Südstadt, teurer als vorher. Und die Rente steigt natürlich nicht. Das wird ein Riesenproblem. In Nippes wird ja jetzt das Clouth-Gelände bebaut. Wir haben das Ziel, dass dort auch ältere Leute in preiswerte Wohnungen umziehen können.
(Anmerkung: am 17.12.2012 hat der Rat der Stadt Köln das „Kooperative Baulandmodell“ verabschiedet)

 

Frau Reker, herzlichen Dank für das Gespräch!

 

Autoren:
Judith Levold, anfangs als Studentin von Sprachen & Kultur, wohnt sie einfach mit Unterbrechungen für München oder Mailand total gerne in diesem Dorf. Weil sie soviel Kaffee trinken muss, um ihre energiezehrende Arbeit als Autorin beim WDR und anderswo auf die Reihe zu kriegen, geht sie gerne ins „Latte Macchiato“: hier kostet der gemilchte Kaffee nur einsachtzig und ist so lecker und so stark, dass man fast drauf kauen kann. Außerdem gratis dort temperamentvolle Gespräche über Fußball und andere Politikfelder.
 
Stefan Rahman, lebt seit 31 Jahren in Köln, davon 28 in der Südstadt. Zuvor reifte er im Sauerland zum Borussia-Dortmund-Fan, was ihn aber nicht hindert, auch dem beklagenswerten FC den Aufstieg zu wünschen. Ansonsten schreibt er lokale Geschichten für die Kölnische Rundschau und betreibt im NeuLand Garten Stadtentwicklung mit Erdbewegung. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder, die vor allem seinen Hang zu exotischen Kopfbedeckungen „total peinlich“ finden.

 

 

Weitere Interviews mit Kölner Dezernenten:

„Ich erlebe eine Inklusionsbewegung…“, Interview mit Dezernentin für Bildung, Jugend und Sport Agnes Klein

Doppel-Interview mit Baudezernent Franz-Josef Höing:
„Eine Stadt, die nix will, kriegt auch nix!“ – Teil I
„Das Misstrauen der Bürger ist ganz schön groß!“ – Teil II

 

Text: Gastbeitrag

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