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Politik

„Die Bürgerlichen sind grün geworden“

Montag, 31. März 2014 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Jens Pussel

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Als parteitauglich empfindet sich Barbara Moritz eigentlich nicht. „Dafür bin ich viel zu individualistisch. Und es fällt mir wahnsinnig schwer, mich unterzuordnen.“ In eine Partei einzutreten, hätte sie sich mit diesem Voraussetzungen vor 30 Jahren niemals träumen lassen. Doch es kam alles anders. Wie bei so vielen, die damals die Kölner Grünen gründeten und schneller als gedacht oder befürchtet im Rat und in den Bezirksvertretungen saßen. Daran erinnerte man sich bei einer Gesprächsrunde mit anschließender Party im Stollwerck. An der „Weißt-Du-noch-Runde“ beteiligten sich neben Moritz auch Manfred Waddey, Jörg Frank, Alexandra Landsberg, Dieter Göbel, Ralf Fücks und Anne Lütkes. Wenn die Grünen Urgesteine haben, dann waren sie an diesem Abend im Südstadt-Bürgerzentrum versammelt.

 

„Jeden Morgen mussten wir da aufräumen…“, erzählt Barbara Moritz

 

„Ich kam aus der BISA (Bürgerinitiative Südliche Altstadt). Wir haben damals im Stollwerck einen illegalen Kinderladen gegründet“, erinnerte sich Moritz. „Da habe ich geputzt“, meldete sich eine Zwischenruferin. „Jeden Morgen mussten wir da aufräumen und sauber machen. Aber nach der Stollwerck-Räumung war die BISA platt. Da habe ich mal bei den Grünen vorbeigeschaut“, nahm Moritz die Zuhörer mit auf eine Zeitreise. Noch am ersten Abend wurde die BISA-Aktivistin auf einen guten Listenplatz für die Wahl zur Bezirksvertretung Innenstadt gewählt. Und zog ein. „Da habe ich mir gedacht: Wenn ich schon auf einem Ticket der Grünen in der BV sitze, dann trete ich auch ein.“

 

Die Themen von damals ähneln denen von heute: Anwohnerparken, Kreisverkehre, breitere Gehwege. Und die Entsiegelung von Mittelalleen. „Wir haben damals die Mainzer Straße zwischen den Bäumen vom Asphalt befreit und den mit einem Trecker vor das Rathaus gekippt.“ Barbara Moritz hat 20 Jahre lang für die Grünen im Rat gesessen, davon 14 Jahre als Fraktionsvorsitzende. Sie tritt bei der Kommunalwahl im Mai nicht mehr an.

 

Anne Lütkes, ehemals Justizministerin Schleswig-Holstein und heute Regierungspräsidentin in Düsseldorf, kam aus der Nach-68er-Sponti-Szene, war Kölns erste ausgewiesen linke Strafverteidering und Mitbegründerin des zweiten Frauenhauses in Deutschland, nach dem in Berlin. Lütkes wurde für die Grünen gewonnen, als parteiintern ein Kampf von Befürwortern einer reinen Frauenliste gegen Unterstützer einer gemischten Liste tobte. Lütkes wurde Kompromisskandidatin und zog in den Rat ein.

 

Kompromisse mit anderen Parteien waren zu jener Zeit der Grünen Sache nicht. „Wir haben den städtischen Haushalt damals nicht gelesen. Wir waren ja sowieso dagegen“, erzählte Dieter Göbel, der lange Zeit als stellvertretender Fraktionsvorsitzender neben Anne Lütkes auf den Ratsbänken gesessen hat. Die Bürgerinitiativen waren das Standbein, die Parlamente das Spielbein. Politiker sollten letztlich beschließen, was die Initiativen forderten. Im Lauf der Zeit mussten die Grünen allerdings erkennen, dass viele Bürgerforderungen egoistischer Natur waren und das städtische Ganze nicht im Blick hatten. Man musste also abwägen. Allerdings nicht immer: Als auf dem Kaiser-Wilhelm-Ring im Zuge des U-Bahn-Baus Bäume gefällt werden sollten, startete ein Fraktionsmitglied während einer Ratssitzung eine Kettensäge. Ohne Kette.

 

Im Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) machten viele der altgedienten Grünen ihre ersten politischen Erfahrungen. Wie Manfred Waddey, der aus dem KBW über das „Komitee für Demokratie und Sozialismus“ zu den Grünen stieß. „Wir haben ja damals beim KBW gedacht, Atomkraftwerke sind völlig in Ordnung. Aber sie gehören in die Hände des Volkes, nicht in die des Kapitals. Also lautete unser Beschluss: Verbünden wir uns mit den Naturphantasten, um dem Kapital die Atomkraftwerke zu entreißen.“ Es kam anders. Auch bei der RheinEnergie. „Die wollten ja damals ein Atomkraftwerk in Köln bauen“, erinnert sich Gerd Brust, der 1984 für die Grünen in den Rat und den Aufsichtsrat des Energieversorgers einzog.

 

Ralf Fücks und Manfred Waddey.

 

„Eine Hochtemperaturreaktor-Planungsgesellschaft war schon gegründet. Bei meiner ersten Sitzung im Aufsichtsrat sollte über die Erhöhung des Kapitals für diese Gesellschaft abgestimmt werden. Ich war dagegen. Da nahm mich der damalige Kämmerer zur Seite und sagte ,Wir wollen doch auch kein Atomkraftwerk, aber wir müssen jetzt für die Kapitalerhöhung stimmen, um Einblick in die Pläne zu bekommen‘.“ Brust ging dem Kämmerer auf den Leim, stimmte für die Erhöhung, erntete im Aufsichtsrat ein schallendes Gelächter und konnte am nächsten Tag die Schlagzeile lesen „Grüner stimmt für Atomkraftwerk“. Das würde heute so nicht mehr passieren. Anfang galten die Grünen in den anderen Parteien als „Spinner, die man fertigmachen wollte“. Mittlerweile sind die Grünen angekommen im kölschen Parteienkosmos. Und darüber hinaus, sagt Gerd Brust: „Nicht die Grünen sind bürgerlicher geworden, die Bürgerlichen sind grüner geworden.“
 

Text: Stefan Rahmann

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