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Südstadt

Frikkas, Kölsch, Qualm und ein Schaf

Donnerstag, 30. Mai 2013 | Text: Reinhard Lüke | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Kaum zu glauben, aber wahr: Der „Backes“ wird 30!
Wie jetzt? Wo ist das Schaf geblieben? Weg? Geht doch gar nicht! Steht jetzt im Keller? Aha. Dafür sind aber die Frikadellen wieder da. Seit 1. Mai. Endlich! Und draußen, die rote Markise? Gab´s doch früher nicht. Schickes Teil, übrigens. Ist die neu? Hängt erst seit Mitte Mai? Soso. Aber der Reihe nach. Ist sitze seit Jahren erstmals wieder im „Backes“. Schande über mich. Aber irgendwann, so um die Jahrtausendwende, hab´ ich den Faden verloren. Nicht speziell zum „Backes“, sondern grundsätzlich zum nächtlichen Ausgehen in der Südstadt. War´s das voranschreitende Alter, das Gefühl, es reicht? Das neugeborene Kind? Keine Ahnung. Womöglich alles zusammen. Es war eben so. Kurzum, die Zeiten in denen ich mehrmals in der Woche so gegen 1 Uhr 30 im „Backes“ aufschlug, waren die späten 80er und frühen 90er des letzten Jahrhunderts. Meistens hatte ich vorher in meiner damaligen Stammkneipe, dem „02“ in der Karl-Korn-Straße, ein paar Weizen gezischt, bis deren Wirt, der unvergleichliche Rich Schwab, den Rausschmeißer ,Danke schön, auf Wiedersehen“ in den CD-Player (oder war´s noch Cassette?) schob.

 

Grüne Klingel
Was tun mit so einem angebrochenen Abend?  Für das Problem gab´s nur eine Lösung: Zum Franz! Seinerzeit existierte schließlich noch die Sperrstunde und nach 1 war in der verschnarchten Südstadt komplett tote Hose. Da hatte keiner eine Lizenz für den nächtlichen Ausschank von alkoholischen Getränken. Der „Backes“ auch nicht. Aber der „Backes“ hatte eine grüne Klingel. Da drückte man drauf und schon öffnete sich die Tür zu einem wunderbaren Biotop. In einer verlässlich rauchgeschwängerten Kneipe fand man sich inmitten von Nachschwärmern, (Südstadt-)Promis und sonst wie Übriggebliebenen wieder. Minimalistisch regiert von Wirt Franz Kirchen. Dem Franz. „Ach  ja“, sagt Barbara Petry, „das waren unsere goldenen Jahre“. Petry ist quasi auch von Anfang an dabei und wenn der „Backes“ in diesem Jahr sein 30jähriges Bestehen feiert, ist das auch ihr persönliches Jubiläum. „Drei Jahrzehnte einer Südstadt-Kneipe, in der nie der Betreiber gewechselt hat, das ist schon was“, sagt sie sie nicht ohne Stolz.

Dabei lief der Laden in den ersten Jahren überaus bescheiden. „Der Franz“, erinnert sie sich, „hatte immer schon davon geträumt, eine eigene Kneipe ganz nach seinen Vorstellungen zu eröffnen. Als er dann hier das leer stehende Ladenlokal fand, hat er seinen Traum 1983 umgesetzt. Aber in der Darmstädter Straße gab es damals bis auf den Schuster gegenüber absolut nichts. Das Kneipen-Leben der Südstadt tobte im Bermuda-Dreieck zwischen Opera und Clodwig Eck. Zu uns hat sich in den ersten Jahren kaum jemand verlaufen.“ Bis sich herumgesprochen hatte, dass es in der Darmstädter, Hausnummer 6, eine Bergheim-freie Zone gab, wo man sogar noch spät nächtens in fast familiärer Atmosphäre ein paar Kölsch schlappern konnte, dauerte es. (Über die frühen Jahre kann man sich auf der unbedingt empfehlenswerten „Backes“-Homepage informieren, wo es u.a. einen Text von Rich Schwab über seine erste Begegnung mit „däm Franz“ zu lesen gibt: www.backeskoeln.de).

 

Doch irgendwann war es geschafft, der Laden brummte und wurde nicht zuletzt von vielen Musikern, Schauspielern und sonstigen Promis geschätzt, weil sie da keiner dumm anquatschte oder sie befürchten mussten, später im „Express“ zu lesen, dass sie mal wieder über die Stränge geschlagen hatten. Eine der ältesten Freundinnen des „Backes“ ist Elke Heidenreich, die in der Kneipe 2009 auch 35 Ausgaben ihrer Internet-Ausgabe von „Lesen!“ produzierte, nachdem das ZDF die Sendung abgesetzt hatte. Aber mit ihren prominenten Gästen mag Barbara Petry sich nicht brüsten. „Ach ja“, winkt sie ab, „die kommen ab und zu mal vorbei, aber leben kann ich von denen nicht. Unsere Kundschaft besteht zu 80% aus Stammgästen, normale Leute aus dem Viertel, die hier regelmäßig ihr Kölsch trinken.“ Viele von ihnen sind mit dem „Backes“ alt geworden. Und manche haben inzwischen sogar ihren Platz an der Theke mit einer Parzelle auf dem Südfriedhof getauscht. „Ich richte hier inzwischen mehr Beerdigungsfeierlichen als Hochzeits-Partys aus“, sagt die Wirtin wehmütig.  

„Da iss Brot drin!“

Und überhaupt bekommt auch Petry im „Backes“ zu spüren, dass die Zeiten härter werden und den Leuten das Geld nicht mehr so locker in der Tasche sitzt: „Früher gab es bei viele Gäste, die nach der Arbeit auf ein paar Bierchen nach Feierabend vorbeikamen. Aber das Feierabend-Bier ist inzwischen so gut wie ausgestorben.“ Ihr schwant jedoch nichts Gutes. Und jetzt auch noch das absolute Rauchverbot. Dabei möchte man sich einen qualmfreien „Backes“ so wenig vorstellen wie Kardinal Meisner im Bikini. Wie sich das auf den Umsatz auswirken wird, mag Barbara Perty nach drei Wochen noch nicht sagen. Aber auf jeden Fall wird sie dabei sein, wenn Kölner Wirte am 5. Juni vor dem Rathaus gegen das geschäftsschädigende Verbot demonstrieren. Kleiner Trost für die hungrigen „Backes“-Freunde: Seit dem 1. Mai gibt´s die legendären, natürlich selbst gemachten, Frikadellen wieder. Als der Laden in der letzten Zeit noch den Status einer Raucherkneipe hatte, war der Verkauf  der Leckereien durch den Amtsschimmel untersagt. Und damit die Gäste beim Rauchen vor der Tür nicht nass werden, gibt´s seit dem 15. Mai auch die rote Markise. Barbara Petry: „Die wollten wir eigentlich schon immer haben. Aber weil das Haus unter Denkmalschutz steht, hat sich eine Frau aus der Eigentümergemeinschaft viele Jahre mit allen Mitteln dagegen gewehrt. Doch die ist inzwischen weggezogen.“  Noch mal zurück zu den Frikadellen. Von Kabarettist Jess Jochimsen gibt´s den schönen Erfahrungsbericht, wie nach einem Auftritt in der Comedia in einer ihm empfohlenen Südstadtkneipe landete und zu später Stunde noch ein kleines Hungergefühl verspürte. Mangels anderer kulinarischer Angebote ließ er sich vom Wirt eine Frikadelle reichen. Auf die Frage, ob er dazu vielleicht noch eine Scheibe Brot bekommen könne, wurde ihm knapp beschieden: „Da iss Brot drin!“. Auch wenn Jochimsen den Namen der Kneipe nicht erwähnt, ist völlig klar, dass er im „Backes“ gelandet war. Schon weil „Da iss Brot drin“ ein unnachahmlicher Franz ist. Ein Mann fürs Wesentliche. Kein Schischi, keine Beilagen. Weder kulinarisch, noch verbal.

 

Schaf shampooniert

Newcomer begrüßte er knapp mit „Kölsch?“. Und wer zum zweiten Mal im „Backes“ auftauchte, bekam sein Stammgetränk mit einem knappen Nicken gleich wortlos auf den Tresen gestellt. Wo ist er eigentlich geblieben, der Franz? Der „Backes“ ohne Franz war doch so wenig vorstellbar, wie der „Backes“ ohne Schaf. „Der ist seit 2011 im Ruhestand“, sagt Barbara Petry über ihren ehemaligen Geschäfts- und Lebenspartner. „Er hatte seinen Ausstieg lange geplant.“ Durchaus überraschend bei einem Mann, für den Kneipier doch weniger ein Job als eine Lebensform zu sein schien. Aber Franz lebt natürlich nach wie vor in der Südstadt und am Wochenende zum Südstadt-Veedels-Fest, das von Barbara Petry mit organisiert wurde, lässt er sich doch sicher mal bei der Konzert-Bühne vorm „Backes“ blicken, der nach wie vor ein Familienbetrieb ist. Denn inzwischen steht dort auch Barbaras und Franz´ gemeinsamer Sohn Philipp (26) regelmäßig am Zapfhahn. Und was ist jetzt mit dem ausgestopften Schaf geworden? Schließlich war das tote Tier Jahrzehnte lang nicht nur Deko-Masse. Das Vieh thronte über dem Eingang und immer, wenn nächstens ein Durstiger die grüne Klingel drückte, ging hinter dem Schaf ein Licht an. Für die Wirte das Zeichen, die Tür zu öffnen. Der Farbe des Vierbeiners tat die Qualmerei im Gastraum natürlich nicht unbedingt gut. Mächtig grau war es vor 20 Jahren schon. Unlängst hat sich, so Barbara Petry, der benachbarte Friseur Klaus Meyer, natürlich auch ein Freund des Hauses, des Tierchens angenommen und es ordentlich shampooniert. So steht jetzt im Keller. Ich finde, das Schaf gehört zum 30jährigen unbedingt wieder in die Öffentlichkeit. Wenn schon nicht auf die Weide, dann  doch wenigstens am Wochenende auf die Bühne. 
 
 

Text: Reinhard Lüke

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