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Kultur

Das Rad der Zeit zurückdrehen

Mittwoch, 14. September 2016 | Text: Alida Pisu | Bild: MEYER ORIGINALS

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Alles auf Anfang! Sein Leben zurückspulen wie einen Film und in den Schlüsselszenen sich anders verhalten. Dem Schicksal ein Schnippchen schlagen, endlich die „richtigen“ Entscheidungen treffen und Fehler gar nicht erst begehen. Denn man hat ja aus ihnen gelernt. Zu schön, um wahr zu sein? Immerhin: die Möglichkeit besteht für den Verhaltensforscher (ausgerechnet!) Hannes Kürmann (Marc Fischer). Und er müht sich auch wacker, die Chancen zu nutzen, die ein sogenannter Registrator (Tobias van Dieken) ihm gibt, um seinen vordringlichsten Wunsch zu erfüllen: eine „Biografie ohne Antoinette“. Denn ihre Ehe ist hoffnungslos zerrüttet, seine Frau Antoinette (Sabine Wolf) betrügt ihn und sein Leben wird in einer unheilbaren Krebserkrankung enden.

Max Frisch hat seinem Stück den Titel: „Biografie: Ein Spiel“ gegeben und es als Komödie begriffen. Eine Komödie mit Tiefgang allerdings, rühren doch ihre Themen: Identität, Schicksalshaftigkeit, das „Rad der Zeit zurückdrehen können“, sich der Wahrheit stellen, an die elementarsten Dinge. In der Inszenierung von Sandra Reitmayer am „Theater Der Keller“ verbinden sich Tragik und Komik zu einer Einheit, in der das tragische Element des „immer wieder an sich selbst scheitern“ zwar schmerzhaft anzusehen ist, die Absurdität aber, mit der das geschieht, glättet die Wogen des Dramatischen.

Ein Zirkusrund ist, im wahrsten Sinne des Wortes, die Bühne des Geschehens. Kürmann, anfangs noch ganz der energische Professor, wandelt sich immer mehr zum traurigen Clown. Je öfter er sich vergeblich müht, die erste Begegnung mit Antoinette so zu gestalten, dass sie eben nicht in einer gemeinsamen Nacht des zukünftigen Ehepaares gipfelt, desto verzweifelter wird er. Desto fraglicher ist auch, woran es denn nun hapert. Am mangelnden Willen? Am fehlenden Können? An den eingefahrenen Rollen und Sichtweisen, die eine Befreiung aus ihnen so schwierig machen? Oder daran, dass es eine Illusion ist, sein Leben frei bestimmen zu können? Eine Illusion, so wie der Zirkus eine Illusion, eine Scheinwelt ist, mit ihren ganz eigenen, spezifischen Gesetzen wie dem: „The Show Must Go On!“

Der Registrator mitsamt seiner Assistentin (Caroline Kohl) greifen zu allen nur denkbaren Tricks, damit Kürmann einen Weg findet, das Drehbuch seines Lebens neu zu schreiben. Sie coachen ihn ausgiebig, soufflieren, schlüpfen gar selbst in die Rollen Kürmanns und Antoinettes, spielen vor, geben gute Ratschläge. Und Kürmann sich alle Mühe. Macht auf schwul, damit Antoinette nicht über Nacht bleibt, empört sich aber auch über Detail-Veränderungen, die Antoinette vornimmt. Will er sich überhaupt trennen? Und wenn er es könnte, würde er bei seiner ersten Liebe – Helen – bleiben? Oder ungeschehen machen wollen, dass er als Kind einem anderen Jungen mit einem Schneeball ein Auge ausschlug? Es läge immer wieder in seiner Macht, doch er entscheidet sich gegen Veränderungen, bleibt dem geschriebenen Drehbuch und den Fehlern, die er gemacht hat, treu. Da waren ja auch die glücklichen Momente, die schönen Gespräche, die sie miteinander geführt hatten. Die würde er schon vermissen.

 

Alles beim Alten also? Mitnichten. Denn die Unfähigkeit, sein Verhalten zu ändern, führt dazu, dass er Antoinette schließlich erschießt und der Magenkrebs ihn zerfrisst. Hinreißend, wie Kürmann auf dem Krankenbett „My way“ singt und man spürt, wie er mit jeder Faser seines Herzens seinen Weg gegangen ist. Und das wäre das Ende der Geschichte, wenn nicht Antoinette nun die Gelegenheit hätte, noch einmal neu anzufangen. Diese Frau, die selbstbewusst und beherrscht daher kommt, ebenso wie Kürmann an ihrer unglücklichen Ehe leidet, genau die fackelt nicht lange. Sie hält sich nicht auf mit Dialogen und Gesten, sie tut das einzig Richtige, indem sie geht. Und damit beide befreit. Biografie ohne Antoinette. Denn von Anfang an war ja klar: „Es müsste nicht sein.“ Nicht die erste Nacht, nicht die Ehe, nicht die Affäre, die Tötung, der Krebs.

Der Mensch ist eben doch nicht nur Marionette, wie es die eingestreuten, kurzen und intensiven Szenen suggerieren, in denen alle Figuren sich marionettenhaft bewegen. Und ist auch nicht hilflos ausgeliefert. Weder seinen Mitmenschen noch einem grausamen Schicksal. Eher sich selbst und seinen Abgründen.
Die sind unter der Regie von Sandra Reitmayer als zwanghafte Wiederholung des Ewiggleichen zu begutachten. Die leichthändige, absurd-komische Inszenierung aber serviert die großen Lebensthemen nicht als schwer verdauliche Kost, sondern als Delikatesse mit dem Geschmack nach prallem Leben.
Ebenso herzlicher wie begeisterter Applaus für alle.

„Biografie: Ein Spiel“ von Max Frisch
Regie: Sandra Reitmayer, Bühne und Kostüme: Silvie Naunheim
Mit: Marc Fischer, Caroline Kohl, Tobias van Dieken, Sabine Wolf
Theater der Keller, Kleingedankstraße 6, 50677 Köln?

Die nächsten Termine: 16. September, 11., 15., 22., 28., 29. Oktober 2016
 

Text: Alida Pisu

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