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Südstadt

Romy Schneider in der Südstadt, wie Gott sie schuf.

Mittwoch, 16. April 2014 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Endlich, der Schluss-Segen. Das Hochamt in St. Severin ist überstanden, werden die Kinder gedacht haben. Nichts wie ´raus zum Spielen. Aber von wegen.  Jetzt heißt es erstmal im Sonntagsstaat über die Alteburger Straße flanieren. Vorbei an dem Tabakladen des alten Nazis. Das Geschäft lag früher an der Darmstädter Straße, und da hat er schon Ende der 1920er Jahre Treffen mit seinen NS-Genossen abgehalten. Aber jetzt, seit die Braunen an der Macht sind, hat er sich natürlich vergrößert. Ist ja jetzt sozusagen Hoflieferant der neuen Machthaber. Aber es gibt ja noch viel mehr Schaufenster, an denen sich Kinder die Nase platt drücken können. Der Kolonialwarenladen mit seinen Tees, Kakaos und verführerischen Schokoladen, die Leihbücherei mit den Abenteuerbüchern und die Drogerie mit den geheimnisvollen Fläschchen und Döschen. Aber das ist längst nicht alles.

 

Auf der Alteburger Straße findet man 1934 unter anderem einen Butterladen, eine Kaffeerösterei, eine Fahrradhandlung, eine Kunststopferei, eine Buchbinderei und eine Moppenbäckerei. „Moppen, das ist süßes Gebäck wie beispielsweise Lebkuchen, das vor allem auf der Kirmes verkauft wird“, erklärte Sabine Eichler, die auf Initiative von Walla Blümcke, Ratskandidatin der SPD für den Wahlkreis Neustadt-Süd, einen Spaziergang durch den rheinnahen Teil der Südstadt leitete. Das Ganze unter dem Motto „Jede Eck is´ anders“. „Auf der Alteburger Straße war damals richtig was los“, sagt Sabine Eichler, die sich intensiv mit der Geschichte des Veedels beschäftigt und viele Zeitzeugen befragt hat: „Die Familie Böll hat hier gefühlt in jedem dritten Haus gewohnt. Die waren in den dreißiger Jahren ja nicht auf Rosen gebettet. Immer wenn es Probleme mit Mietschulden gab, mussten die umziehen.“ Einen für damalige Verhältnisse seltenen Service bot die Ubia-Garage, die 1927 ihren Betrieb aufnahm. Dort konnten die Chauffeure die Autos aufheizen, und wenn die hohen Herren zurückfahren wollten nach Marienburg, war die Fußkälte aus den Edelkarossen verbannt.

Der Spaziergang begann an der Ecke Darmstädter Straße/Alteburger Straße. „Hier fühlt man sich an Barcelona erinnert“, zog Sabine Eichler einen ziemlichen kühnen Vergleich. Allerdings, beim zweiten Hinsehen. Die Fassaden wenden sich nicht rechtwinklig dem Platz zu, sondern verleihen ihm mit ihrer „Kuchenoptik“ Charakter. Wenn schon nicht ganz so wie in der katalanischen Metropole, dann immerhin ein bisschen. „Die Darmstädter Straße hieß früher mal Frankfurter Straße. Aber 1888 wurden viele rechtsrheinische Stadtteile eingemeindet. Auf der anderen Rheinseite gab es eine viel größere Frankfurter Straße. Da griff man hier auf Darmstadt zurück“, wusste Sabine Eichler.

 

Die Nazi-Zeit spielte während der Führung immer wieder eine Rolle. Vor dem Haus Bonner Straße 33 findet man 17 sogenannte „Stolpersteine“, die der Künstler Gunter Demnig als Erinnerung an ermordete Juden vor ihrem letzten Wohnort in die Bürgersteige verlegt. „Das war ein so genanntes Judenhaus. Hier lebten Juden unter katastrophalen Umständen, nachdem sie ihre Wohnungen andernorts verlassen mussten“, so Sabine Eichler. Auf der Darmstädter Straße gab es zwei Bäckereien. Eine dort, wo heute Hütten ansässig ist, die andere im Friseurladen Meyer. „Die Juden durften nur zu bestimmten Zeiten einkaufen. Wenn sie vor den Bäckereien in der Schlange standen, wurden sie von der SA mit Maschinengewehren bewacht.“ In Erinnerung rief Sabine Eichler auch die legendäre Schlacht der Kommunisten gegen die SA in der Elsaßstraße. Damals wehrten sich die Linken, von denen in besagter Straße eine stattliche Zahl wohnte, gegen einen Aufmarsch der SA vor ihren Häusern. Nachtgeschirr und vieles mehr flog aus den Fenstern. Schließlich gewannen die Nazis die Oberhand und verhängten am 3. März 1933 für alle Bewohner drei Tage Hausarrest. Am 5. März war Kommunalwahl, an der die Anti-Nazis dann natürlich nicht teilnehmen konnten. Wenn nicht Nazis, so doch unbezweifelbar ewig Gestrige trafen sich noch bis in die 70er am Ehrenmal im Fort am Friedenspark. „Die saßen hier mit ihren Wehrmachtsorden und ließen die alten Zeiten aufleben“, erinnerte sich Walla Blümcke: „Dann haben wir damals den Bauspielplatz hier durchgesetzt. Das Chaos dort passte den Herren natürlich überhaupt nicht. Und irgendwann kamen die nicht mehr.“ Walla Blümcke wünscht sich, dass das Ehrenmal anders als jetzt, öffentlich zugänglich ist. „Wir dürfen hier dem Heldentum nicht das Terrain überlassen. Das wäre blamabel.“ Schulkassen könnten sich um das Ehrenmal kümmern, dessen Bronzetafeln immer wieder Begehrlichkeiten bei Schrottdieben wecken. Der Vorschlag, den Film “Im Westen nichts Neues“ dort zu zeigen, fand allgemeine  Zustimmung.

Vor der Fachhochschule am Friedenspark berichtete Sabine Eichler von zwei A-Promis, die gegenüber gewohnt haben. Heinrich Böll der eine. Das war nicht überraschend. Romy Schneider die andere. Damit hatte wohl keiner gerechnet. Romy war mit ihrer Mutter Magda Schneider zu derem neuen Partner Hans-Herbert „Daddy“ Blatzheim gezogen. Und übte schon früh das Posieren in Schauspielerinnen-Manier vor dem Spiegel. Das hat ein 94-Jähriger, der gegenüber wohnte, Sabine Eichler erzählt: „Und Sie haben tatsächlich Romy Schneider in ihrem Mädchenzimmer gesehen?“ Da lief der alte Herr knallrot an: „Einmal sogar, wie Gott sie schuf.“
 

Text: Stefan Rahmann

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