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Kultur

Wie Köln die Moderne nach Deutschland brachte

Montag, 3. September 2012 | Text: Nora Koldehoff | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Die Ausstellung „1912 – Mission Moderne“ im Wallraf-Richartz-Museum erinnert an die legendäre Sonderbund-Ausstellung von 1912. Der Kaiser in der fernen Hauptstadt Berlin muss getobt haben. Immer wieder hatte Wilhelm II. darauf hingewiesen, was er von der modernen französischen Kunst hielt, die längst die Welt erobert hatte: gar nichts. So etwas, ließ er aus Anlass einer Ausstellung in der Nationalgalerie erklären, dürfe man vielleicht Dilettanten vorsetzen – aber doch nicht ihm, dem Kaiser. Und dass junge deutsche Maler diesen Vorbildern nacheiferten und plötzlich auch auf Ausdruck, Farbe und Gefühl setzten statt auf akademisches Augenmaß, Proportionen und die seit Jahrzehnten vorgegebenen klassischen Bildthemen: ein Skandal!

Im Rheinland sah man das anders. Und was der Kaiser in Berlin dachte, war ohnehin traditionell reichlich egal. Eine Gruppe von progressiven Kunsthistorikern – unter ihnen der Direktor des Wallraf-Richartz-Museums, Alfred Hagelstange, aber auch Richart Reiche aus Barmen und Karl Ernst Osthaus aus Hagen -, wollten  den Deutschen die Moderne beibringen. Mit dem dafür eigens gegründeten „Sonderbund westdeutscher Künstler“ geschah das zunächst in Düsseldorf. Als dort der Druck konservativer Kreise und Maler wegen angeblicher „Überfremdung“ zu groß wurde und die Stadtverwaltung kalte Füße bekam, bot Köln künstlerisches Asyl an. Am Aachener Tor wurde eine große Ausstellungshalle aufgebaut, die man nach der Weltausstellung von 1910 in Brüssel gekauft hatte. Und zwischen dem Versand der Leihanfragen und der Eröffnung der heute legendären „Sonderbundausstellung“ lagen gerade einmal zweieinhalb Monate – heute unvorstellbar, allein wegen der Transportbestimmungen.

Was damals in Köln einige Monate lang zu sehen war, waren nicht weniger  als die Kernwerke der Klassischen Moderne Europas: Bilder, die heute hoch versichert in den bedeutendsten Museen der Welt hängen: Van Goghs „Schlafzimmer“, die „Sonnenblumen“ oder die „Arlésienne“, Cézannes berühmte Stillleben, Munchs „Brücke mit Mädchen“, sein „Krankes Kind“ oder der „Vampir“. Dazu eigene Säle für Picasso und Gauguin als den weiteren Vätern der Moderne, ergänzt um die Gemälde und Plastiken jener jüngeren, damals zeitgenössischen Künstler, die ihren Ideen von einer freien, vom naturalistischen Abbildungszwang befreiten Kunst folgten: die Expressionisten von „Brücke“ und „Blauem Reiter“, Morgner und Nauen, ihre fauvistischen Kollegen um Matisse und Vlaminck aus Frankreich, Schiele und Kokoschka, Hodler und Signac. „Hier ist das Wildeste versammelt“, schrieb Edvard Munch, „das in Europa gemalt wird. Der Kölner Dom wankt in seinen Grundfesten.“

 

Barbara Schaefer, Kuratorin am Wallraf-Richartz-Museum.

 

Eigentlich war es eine tollkühne Idee, eine Ausstellung von diesem Ausmaß und dieser Bedeutung 100 Jahre später rekonstruieren zu wollen. Allein die Versicherungssumme lässt jedem Verantwortlichen die Haare zu Berge stehen. Nicht so in Köln: Barbara Schaefer, Kuratorin am Wallraf-Richartz-Museum, wagte den Schritt – im Bewusstsein, dass sie natürlich nur eine Auswahl der damals gezeigten gut 650 Bilder erneut würde präsentieren können. 12o insgesamt hat sie für die aktuelle Retro-Schau beschafft. Viele der Bilder – etwa van Goghs „Sonnenblumen“, die heute in der National Gallery in London hängen – werden seit langem nicht mehr ausgeliehen. Andere sind längst in diskreten Privatsammlungen verschwunden. Ein „Sonderbundarchiv“ wurde, sollte es jemals existiert haben, im Krieg zerstört. Ein Dutzend historischer Fotografien zeigt bei weitem nicht alle der rund 650 Werke von 1912. Und der Katalog von 1912 nennt als Bildtitel häufig nur allgemeine Bezeichnungen wie „Stilleben“, „Porträt“ oder „Landschaft“ – Bezeichnungen, die auf zahlreiche Werke der jeweiligen Maler zutreffen könnten. Trotzdem nahm die Kunsthistorikerin die detektivische Aufgabe an, nach allen Bildern zu suchen und Leihanfragen zu stellen. Sie schrieb Museen an, recherchierte in Archiven, wälzte die Jahrgangsbände zeitgenössischer Zeitungen. Was sie nun für die Erinnerungsausstellung zusammengetragen hat, ist eine grandios konzentrierte Auswahl, die den Geist von 1912 wieder lebendig werden lässt. Van Gogh ist mit 15 Werken – darunter der „Arlésienne“ aus dem Musée d’Orsay und den „Booten am Strand“ aus dem Amsterdamer Van Gogh-Museum vertreten. Von Cézanne , Gauguin, Munch und Picasso hängen bedeutende Gemälde, die zum Teil seit Jahrzehnten nicht öffentlich zu sehen waren. Interessant sind im Kontrast dazu aber auch die Bilder jener deutschen Maler, die 1912 Seite an Seite mit den Großen der Kunstgeschichte zu sehen waren, deren Kunst aber offenbar nicht deren Nachhaltigkeit mit sich brachte. Alle der nun im Wallraf-Richartz-Museum gezeigten Werke waren tatsächlich schon 1912 in Köln zu Gast: Auf Ersatzbilder ließ sich Barbara Schaefer nicht ein.

 

 

Dokumentiert wurden auch die Reaktionen von damals. Während die überregionalen Kunstmagazine die Bedeutung der gezeigten Werke durchweg verstanden und regelmäßig auch über die Verkäufe aus der „Sonderbund“-Ausstellung berichteten, versuchten sich die Kölner Lokalblätter gegenseitig in Hohn und Spott zu überbieten. Von „sinnlosen Verrenkungen“ war die Rede, von „gemalten Tobsuchtsanfällen“ und „koloristischen Exzessen“. Van Gogh, international schon damals ein Star der Moderne und zu Höchstpreisen gehandelt, wurde als „eben doch nur ein Künstler kleineren Stils“ bezeichnet.  Die „Kölnische Zeitung“ teilte einem Kunstkritiker gar mit, falls sich dieser für die „Auswüchse moderner Malerei, wie sie sich im Sonderbund darstellen“ verwenden wolle, solle er sich lieber ein anderes Blatt suchen.  Nachlesen können die Besucher dies alles im so genannten „Saal-Anzeiger“, einer fiktiven Zeitung, in der die Ausstellungsmacher die Presse von damals zusammengestellt haben und der in den Sälen aushängt. Begleitet wird die Ausstellung außerdem von einem voluminösen Katalog (Wienand-Verlag), der nicht nur alle heute ausgestellten Werke abbildet. Er rekonstruiert vor allem auch die komplette Ausstellung von 1912: Alle Bilder, die sich in dreijähriger Vorarbeit  identifizieren ließen, sind mit Herkunfts- und Ausstellungsgeschichte abgebildet. Im Rennen um die „Ausstellung des Jahres“ liegt Köln damit schon jetzt ganz weit vorne.

Text: Nora Koldehoff

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