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Kultur

Balance und System

Mittwoch, 26. Mai 2021 | Text: Nora Koldehoff

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Nach 37 Jahren Ausstellungspause wagt Maja Majer-Wallat ihr künstlerisches Comeback. Dabei hat die Kunst in der einen oder andern Weise ihr Leben die ganze Zeit sehr intensiv begleitet. Nach einer Ausbildung zu Hutmacherin und einem Studium der freien Kunst an den Kölner Werkschulen war sie über zwanzig Jahre lang Pressesprecherin der Kunst-und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn. Ihre neue Ausstellung zeigt nahezu schwerelose Mobile-Skulpturen aus getrockneten Mohnblumen, die jeweils paarweise an ihren Stielen zusammenfügt wurden – und die von kleinsten Bewegungen im Raum in Bewegung versetzt werden.
„Meine Südstadt“ traf Maja Majer-Wallat in der Galerie.

Maja Majer-Wallat: Ich bin ja so ein bisschen schüchtern in Bezug auf das, was ich mich da traue.

Meine Südstadt: Weil die letzte eigene Ausstellung so lange zurückliegt?
Ich habe immer viel davon gehalten, dass das Kunst-Schaffen Teil des ganzen Lebens ist. Zu dieser Einstellung gehört aber auch dazu, dass die Beschäftigung mit der Kunst nicht aufhört, wie wenn man in Rente geht. Sondern dass es darauf fußt, dass man anders denkt.

Und wohl nicht nur, wenn man selbst im Kunstbetrieb tätig ist…
Das kann man sich bewahren – auch während man das Geld für Kinder und Lebensalltag verdient und diese Art von Kreativität in das Leben einbringt.
Es stand natürlich irgendwann auf dem Zettel: Was heißt das jetzt für mich? Rente – und dann? Zuerst habe ich gedacht, ich schließe an mein früheres Arbeiten mit Keramik an, aber dann gab es Probleme mit den Händen und der Arzt hat gesagt, es wäre besser für mich, keinen Ton zu kneten. Also habe ich den Ofen verschenkt, mich von dem Gedanken verabschiedet und die Frage war da, wie es weitergeht. Zu der Zeit habe ich dieses Buch gelesen von Jean-François Billeter: „Ein Paradigma“. Ganz am Anfang erzählt er davon, wie er im Café sitzt, dem Leben um sich herum zusieht und seine Gedanken fließen lässt. Da dachte ich: wie schön. Ich ging damals auch jeden Tag ins gleiche Kaffeehaus, hockte mich da hin, hab da geguckt, gelesen, mich unterhalten. Das war eine kleine Offenbarung des Sich-Öffnens. Dann war ich in der Bretagne und bin auf diese Blüten gestoßen. Da habe ich mir die Blumen angeguckt und den Stempel und habe das einfach mal wörtlich genommen und damit gestempelt. Das war so der Auslöser. Und so harmlos wie schön. Es war eine kleine Entdeckung. Dem habe ich mich weiter geöffnet und habe Unmengen von diesen abgeschnittenen, vertrockneten Blumen gefunden, als ich ein halbes Jahr später wiederkam. Und mit denen bin ich in mein Zimmer gegangen, habe mir einen Tisch unter das Fenster gestellt und habe angefangen, damit rumzuspielen. Also wirklich zu spielen, im Sinne eines zweckfreien Tuns: Ich muss nichts erreichen.

System von unten / Foto: Nora Koldehoff

Der Sinn liegt im Prozess selbst.
So ist es. Und der Prozess führt dazu, dass ich währenddessen ständig neue Fertigkeiten entwickele. Denn die waren nicht von Anfang an da, da habe ich schon eine Weile für gebraucht. Um sie zum Teil dann auch wieder infrage zu stellen. Ein anderer Gedanke, der mich begleitet hat war der des „gut genug“. Nicht mit dem Ziel technischer Perfektion, sondern dass jede Person, die das will, die Objekte als Assoziationsfeld nehmen und vielleicht nachvollziehen kann, was mein Ansatz ist.

Warum Mohnblumen – gibt es da eine besondere Beziehung?
Naja… als kleines Mädchen, beim Sonntagsspaziergang mit der Familie, da pflückt man ein kleines Blumensträußchen und natürlich auch den wunderschönen Klatschmohn…

Und ist enttäuscht, dass er im nächsten Augenblick wieder verblüht ist…
Genau. Noch bevor man wieder zu Hause ist, sind die schönen roten Blätter weg. Das ist eine ganz schöne Erinnerung. Aber ich habe nichts mit den Sorten oder der Systematik zu tun. Ich schaue mir die Farbe an und den Wuchs. Und finde die aus der Bretagne besonders schön, weil die durch den Wind besonders gebeutelt werden und umknicken und wieder nach oben wachsen. Und dann entstehen diese wunderbaren Linien. Es ging mir anfangs überhaupt nicht um irgendwelche Skulpturen, es ging um die Linien. Deshalb habe ich Styropor an die Wände angebracht und diese Linien mit Nadeln auf die Wände gesteckt. Und da eine Linie einen Anfang und ein Ende hat, habe ich angefangen, sie zusammenzufügen. Das hat eine Weile gedauert. Dann habe ich sie miteinander verbunden – aber immer noch an der Wand. Und wenn man daran vorbeigeht, bewegen sie sich. Als ich dann, wie ich es oft tue, auf meinem Sofa im Atelier lag und nach oben schaute, wurde mir bewusst, dass da nichts ist. Auch in Museen – während die Wände von Kunst hauptsächlich männlicher Künstler kolonialisiert sind, ist an den Decken wenig los. Und da habe ich das Linienrelief an der Wand gesehen, Leiter geholt, Haken in die Decke und drangehängt. Dann war es ein Mobile: Es wurde mobil. Das war es vorher nur zum Teil.

In der Ausstellung stehen extra zwei Liegestühle, damit man sich die Systeme von unten ansehen kann.

Das Mobile als Ruhepol / Foto: Nora Koldehoff

Wie ein Zurückgeben der Bewegung, die sich vorher in den gebeutelten Stielen manifestiert hat?
Auch. Es stellt für mich Ebenen dar. Deswegen heißt es auch „Balance und System“. Das Beglückende an dieser Ausdrucksform in dem Mobile ist, dass man darin die Interdependenz von allem mit allem sieht.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Arbeit in der Kunst-und-Ausstellungshalle auch recht deutlich eine Seite des Kunstbetriebs gezeigt hat, die nicht immer nur flauschig oder schillernd war. Und zudem als Domäne sehr Männer-dominiert ist. Wie gut, dass darüber nicht die Liebe zur Kunst selbst erloschen ist.
Man könnte sagen, es ist wie in der katholischen Kirche. Die Grundlage ist eigentlich gut. Aber was damit gemacht wird, ist zum Teil sehr fragwürdig.

Wenn es mir nicht nur darum geht, Deko zu produzieren oder mich auf dem Kunstmarkt durchzusetzen, dann kann es ja nur darum gehen, dass ich formuliere, was mich beschäftigt. Und das zieht sich durch mein ganzes Leben: Balance und System. Der Bildhauer Eduardo Paolozzi hat in der Werkschule auf meine Frage, ob er mir was dazu sagen könne, wie ich dies oder jenes ausdrücke, mal zu mir gesagt hat: „Maja, du bist hier nicht im pädagogischen Seminar. Als Künstlerin drückst du in deiner Kunst aus, was Du denkst und fühlst und übernimmst dafür die Verantwortung.“ Fertig. Und deshalb ist das Künstlersein, vor allem eines, bei dem man nicht finanziell abgesichert ist; ein Weg, bei dem man ins Off geht, wie in keinem anderen Beruf. Ins gesellschaftliche ebenso wie ins existenzielle Off. Deshalb fühle ich mich enorm privilegiert, dass ich das jetzt machen kann – und es geschafft habe, alleinerziehend mit zwei Kindern noch soviel Rente anzuackern, dass ich davon ja abgesichert bin. Und es daher extrem frei noch genießen kann.

Und es passt auch sehr ins Programm der Galerie, die sich ja immer schon sehr mit Linien beschäftigt.
Seit zwanzig Jahren befassen wir uns in der Galerie vor allem mit Zeichnung. Damit habe ich auch zuerst wieder angefangen: zu zeichnen.

Hat die Galeriearbeit den eigenen Blick verändert?
Durch das Stempeln ist eine Tür aufgegangen, durch diese Entdeckung. Und erst darüber habe ich genauer hingeschaut und gesehen, dass diese Formen die schönsten Zeichnungen überhaupt sind. Da dachte ich dann schon, dass es kein Wunder ist, dass mir das auffällt. Damit mache ich jetzt weiter. Die Mobiles verändern sich schon durch die Thermik im Raum, ohne Motor, viel Wind oder sonstwas.

Und doch korrespondiert das Mobile mit dem Raum, in dem es sich befindet. Durch Thermik und Luft, aber auch durch Licht. Eins der Objekte war in der Gruppenausstellung im letzten Jahr zum 20jährigen Jubiläum der Galerie so stark angestrahlt, dass sich an der nahen dahinterliegenden Wand das Schattenspiel klar abzeichnete. So gab es eine Skulptur im Raum und ihre sich bewegende Schattenzeichnung fast als eigenes Kunstwerk.
Genau, das sind dann schon weiterführende Gedanken, mit denen ich arbeite. Licht und Schatten, der Ort, Sound, andere Elemente, das bleibt alles noch zu erforschen. Ich bin selbst gespannt, wie es weitergeht.

Maja Majer-Wallat, Balance und System, 29. Mai – 26. Juni 2021. Die Ausstellung ist ab Samstag, 29.5. von 12 – 19 Uhr geöffnet.

Entsprechend der Corona-Schutzverordnung der Stadt Köln kann ein Besuchstermin innerhalb der Öffnungszeiten vorab vereinbart werden. Der Besuch setzt zur Zeit einen tagesaktuellen negativen Corona-Test oder den Nachweis voraus, zweimal geimpft oder von Corona genesen zu sein.
Aktuelle Besuchs-Regelungen sind jeweils auf der Homepage zu finden

Galerie Werner Klein, Vorlksgartenstr. 10, 50677 Köln, Mittwoch bis Freitag 14-18 Uhr, Tel: +49 221/2585112
info@galeriewernerklein.de
www.galeriewernerklein.de

Text: Nora Koldehoff

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