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Politik Wahlen

„Bildung, Bildung, Bildung“: Wie Ingrid Hack gegen Andrea Verpoorten gewinnen will.

Sonntag, 29. April 2012 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Samstag Vormittag in der Südstadt. Der Severinskirchplatz ist knapp zwei Wochen vor der Landtagswahl fest in der Hand der Politik. Noch immer gehört zum handelsüblichen Infostand der Parteien ein Sonnenschirm, und vor der Kirche haben sich aufgebaut: In der Mitte die SPD, links davon die CDU, rechts die FDP. Bei den Sozialdemokraten gibt es heute Kaffee vom „Caféccino mobil“, einem knallroten italienischen Gefährt, allerdings mit Kennzeichen GL. Auf einem Stehtisch ein Zuckertopf und ein Aschenbecher, dazu eine Minivase mit drei roten Tulpen und Tütchen mit SPD-Weingummi in Herzform. Im Hintergrund eine Mauer aus Pappkartons: „Unsere Bausteine für NRW“ heißt es da, und auf den Kartons kleben weiße Zettel mit Thesen wie „Kommunen entlasten“, „Neu-Verschuldung gesenkt“, „Finanztransaktionssteuer jetzt“ und „Frühkindliche Bildung fördern“.

Dann ist Ingrid Hack da, die Kandidatin der SPD für den Wahlkreis 13, Köln I. Sie trägt einen dunklen Mantel, ein rotes Seidentuch um den Hals und die eckige Brille, die man vom Plakat kennt. Ingrid Hack trinkt Milchkaffee aus einem braunen Pappbecher, „mal mit Zucker, mal ohne“, sagt sie. Wir stellen uns an den Stehtisch mit den roten Tulpen, und ich frage Ingrid Hack, was sie in den vergangenen zwei Jahren gemacht hat – seit sie den Wahlkreis 2010 an die CDU-Politikerin Andrea Verpoorten verloren hat. „Ich war Geschäftsführerin der SPD Grevenbroich und des Rheinkreises Neuss“, sagt sie. „Der Arbeitsvertrag läuft über die Landes-SPD.“ Grevenbroich? „Es hätte auch Höxter werden können“, antwortet sie mit einem Lächeln.

Ingrid Hack wohnt am Barbarossaplatz, „am nördlichen Ende des Wahlkreises“. Bei der letzten Landtagswahl hat sie nicht gewonnen, weil viele Stimmen an die Kandidatin der Grünen – Barbara Moritz – gingen. Damals konnten sich die beiden Parteien nicht auf eine Absprache einigen, zum Beispiel auf eine Wahlempfehlung. Das ist in diesem Jahr nicht anders: Mit Sabine Müller tritt wieder eine Grüne an, und wieder droht Ingrid Hack der Verlust von Stimmen. Ein Hemmschuh? „Ja, das kann so sein. Die Absprache der Kölner Parteivorsitzenden von SPD und Grünen ist nicht zustandegekommen“, räumt sie ein. Warum nicht? „Das kann ich nicht beantworten.“

Wir werden thematisch. Ich frage Ingrid Hack, wie sie Andrea Verpoorten schlagen will. „Indem ich sage, was alle in NRW in den letzten zwei Jahren erleben durften. Das mag pathetisch klingen, aber wir haben in kurzer Zeit viel bewegt, und es sind Versprechen gehalten worden.“ Was sind denn die großen Themen? „Bildung, Bildung, Bildung“, meint sie – und schiebt nach: „Auch wenn Sie das grottenlangweilig finden.“ Das ist so ein Leitmotiv in ihrer Sprache: Immer wieder baut sie rechtfertigende Zusätze ein, so als reichten ihre Aussagen allein nicht. Unglaubwürdig wirkt das nicht, es ist eher der Versuch, authentisch zu erscheinen und die mögliche Skepsis der Wähler gegenüber den Themen gleich mit zu reflektieren. „Andrea Verpoorten steht für das, was ich 2005 bis 2010 als Abgeordnete im Landtag erlebt habe: privat vor Staat“, sagt Ingrid Hack. „Mein Eindruck ist, dass es bei den Wählern mehr Zuspruch für die SPD gibt, für unsere Art, Politik zu machen, für unsere Inhalte.“

 

Spätestens jetzt sind wir im Wahlkampf angekommen. Zeit also für das Thema Schulden, das Steckenpferd der CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Norbert Röttgen: Er wirft SPD und Grünen in fast jedem Interview vor, sie hätten die Verschuldung hochgetrieben. Die Schulden als Keule der (bisherigen) Opposition? „Das wird ja in der Politik immer wechselseitig so gemacht“, sagt Ingrid Hack. „Im Einzelnen ist das schwierig zu belegen. Bei den Themen Kinder/Jugend/Bildung brauche ich eben mehr Geld, aber die Summen sind ja Investitionen. Ich halte unsere Haushaltsführung für in Ordnung und transparent. Und ich habe Vertrauen zu unserem Finanzminister Walter-Borjans.“ Aber wurden nicht im Nachtragshaushalt 2010 Rekordschulden festgeschrieben? „Ja, der Etat ist ja auch beim Landesverfassungsgericht in Münster gelandet. Dafür haben wir dann in unserem jüngsten Etat-Entwurf eine geringere Neuverschuldung angesetzt als die schwarz-gelbe Regierung unter Jürgen Rüttgers in ihrem letzten Etat.“

Müsste man angesichts der hohen Schulden nicht umgehend das Steuerabkommen mit der Schweiz unter Dach und Fach bringen? Deutsches Schwarzgeld würde dann pauschal mit bis zu 41 Prozent besteuert, die Steuersünder blieben aber anonym. Norbert Röttgen will das Abkommen sofort unterzeichnen und erwartet zwei Milliarden Euro für die Kassen in NRW. Ingrid Hack winkt ab. „Das Prinzip ,Lieber der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach‘, das funktioniert nicht. Wir sollten Recht und Gesetz walten lassen, also dass jeder so behandelt wird wie der Normalbürger. Der Staat kann nicht einfach das Geld nehmen, was er kriegen kann und sich den Rest entgehen lassen. Vielleicht könnten es ja sogar mehr als zwei Milliarden Euro werden.“ Sprich: In der jetzigen Form ist Ingrid Hack gegen das Abkommen – das ist Parteilinie.

Wir kommen zu einem ihrer Steckenpferde: der frühkindlichen Bildung und den Kita-Plätzen. Die CDU wirft der rot-grünen Landesregierung vor, sie habe 38 Millionen Euro an Bundesgeldern nicht abgerufen für den Ausbau von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren. Woher kommt die Zahl 38 Millionen? „Das frage ich mich auch. Ich weiß nicht, woher Herr Röttgen diese Summe hat. Die Bundesmittel für NRW sind komplett abgerufen worden, plus 400 Millionen aus dem Landeshaushalt. In Köln streben wir eine Quote von 50 Prozent bei den Betreuungs-Plätzen für Kinder unter drei Jahren an.“ Realistisch? „Es gibt in Köln noch immer Viertel mit einer dramatischen Unterversorgung. Unser Ziel ist es, dass die Eltern ihre Kinder wohnortnah in eine Kita bekommen, da gibt es noch großen Nachholbedarf.“ Wo? „In Rodenkirchen zum Beispiel, oder in Rondorf.“

Erst die Landespolitik, dann die Stadtpolitik – und jetzt: die Südstadt-Politik. Stichwort NeuLand: Kennt Ingrid Hack eigentlich die Brache an der Alteburger Straße? „Ja“, sagt sie. „Allerdings habe ich mich mit den Gärtnern noch nicht getroffen. Das muss ich nachholen. Ich bin ja voll berufstätig, da findet mein Wahlkampf meist am Wochenende statt.“ Was kann sie sich denn für die Brache vorstellen? „Also keinen Klotz wie das jetzige Justizzentrum“, meint sie. „Ich würde auch Wohnraum wollen, vielleicht in gemischter öffentlich-privater Finanzierung, mit verschiedenen Wohnungsgrößen. Es könnte eine klimafreundliche Siedlung werden.“ Und wie sollen die Bürger eingebunden werden? „Der landeseigene Bau- und Liegenschaftsbetrieb BLB wird nichts ohne den vorgeschriebenen Wettbewerb da hinstellen. Die Frage ist: Kann ich vor diesen Wettbewerb noch ein anderes Verfahren schalten?“ Was für eins? „Das ist eine Frage, die wir uns alle stellen könnten: Wie können wir hier eine angemessene Form von Bürgerbeteiligung erreichen?“

Die Zeit läuft ab: Ingrid Hack muss gleich weiter zum Zülpicher Platz. Fazit: Die Sozialdemokratin gibt sich als verständnisvolle, bürgernahe Politikerin. Das wirkt zwar überzeugend, geht aber mitunter auf Kosten von klaren Aussagen mit harten Zahlen. Lieber nickt Ingrid Hack und sagt: „Ja, das ist schwierig.“ Und dann trifft auch ihre Konkurrentin Andrea Verpoorten auf dem Severinskirchplatz am CDU-Stand ein – und in diesem Falle sagt das Äußere einiges über den Stil: Frau Verpoorten ist betont elegant im beige-farbenen Anzug gekleidet und auffällig geschminkt – darauf hat Ingrid Hack verzichtet. Sie ist schlicht und einfach Ingrid Hack: weniger auffällig, aber vielleicht genau darum näher dran an den Menschen? Am 13. Mai wird sich zeigen, ob ihre ruhige, verständnisvolle Art der richtige Weg ist, den Wahlkreis 13 Köln I von der CDU zurückzuerobern.

 

 

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