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Kultur

Der Mann, der das alte Köln zum Leben erweckt

Mittwoch, 2. März 2016 | Text: Calle Virnich | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Am Anfang stand die Frage, woher denn die Alteburger Straße in der Südstadt ihren Namen hat, und wo denn die „alte Burg“ stand. Eine Freundin gab den Tipp, doch den Maler Siegfried Glos anzusprechen, der sich hervorragend mit der Kölner Geschichte auskenne. Später, beim Besuch des Künstlers, war diese Frage aber schnell Nebensache….

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…denn mit seinem Atelier Am Thürmchenswall betritt man eine andere Welt. Bereits die „Bilder einer imaginären Reise“, im Vorraum des Ateliers, ziehen den Betrachter in ihren Bann. Phantastische Landschaften, bizarre Gebirge, Feuerflüsse und Vulkane. „Gesehenes und Geträumtes, Bewusstes und Unbewusstes“, wie Siegfried Glos seinen Reisebildzyklus beschreibt, der zwischen 1993 und 2003 entstand. Auf ihre Weise noch phantastischer, da zugleich beeindruckend real, ist die Reise, auf die man Siegfried Glos in den Haupträumen des Ateliers begleitet: die des Künstlers ins mittelalterliche Köln.

Die großformatigen Acrylgemälde zeigen Köln, wie es damals einmal ausgesehen haben mag. Genauer: die Stadttore, Türme und Partien der mittelalterlichen Stadtmauer und andere längst verschwundene Gebäude. Nur auf den allerersten, oberflächlichen Blick erinnern die farbenfrohen Bilder an „naive“ Malerei. Beim genaueren Hinsehen erkennt man, wie akkurat und präzise jeder Steinquader, jede Zinne und Schiessscharte, einfach jedes Detail dargestellt ist. Der Betrachter findet sich zurückversetzt ins Köln des 14. oder 15. Jahrhunderts. Längst abgerissene Tore und Mauerabschnitte der einst größten Befestigungsanlage nördlich der Alpen, die in den 1880er Jahren dem „Fortschritt“ und den Wachstumsbedürfnissen der Stadt geopfert wurden, hat der Künstler wiedererstehen lassen.

Auch Baudenkmäler, die noch heute das Kölner Stadtbild zieren, hat Glos in ihrem „Originalzustand“ dargestellt: aus der Kölner Südstadt unter anderem die Ulrepforte, den Bayenturm und natürlich das Severinstor aus verschiedenen Blickwinkeln. Ein Bild zeigt zum Beispiel das „Bollwerk“ südlich des Tores, das sich auf dem heutigen Chlodwigplatz befand und dessen Überreste etwas versetzt im neuen U-Bahnhof der KVB-Linie 17 verbaut wurden. Eine andere Ansicht lässt den Betrachter den Blick vom Severinstor hinüber zum Bayenturm schweife und an den Rhein. Die allen Südstädtern vertraute Bottmühle, die eigentlich in Blickrichtung liegen müsste, fehlt – natürlich fehlt sie, wie Glos erklärt: schließlich sei die „Bott“, eine Wehrplattform, erst Mitte des 16. Jahrhundert nach Plänen des berühmten Festungsbauarchitekten Pasqualini erbaut worden. Die Mühle folgte noch später.


Blick vom Severinstor zum Bayenturm. Das Original wurde im Jahr 1999 mit Acryl auf Nessel im Format 90 cm x 140 cm (H x B) gemalt. Überarbeitet 2010. / Bild: Siegfried Glos

Wie er denn überhaupt zur Kölner Stadtgeschichte als Motiv gekommen sei? „Ich hatte noch dunkelblaue Farbe übrig“, erklärt Glos und zeigt ein Gemälde des ehemaligen Schaafentors, damals südlich der Hahnentorburg und des heutigen Rudolfplatzes. Das Bild, nach Vorlage einer Ende des 19. Jahrhunderts in der Werkstatt Jakob und Wilhelm Scheiners entstandenen Darstellung, malte der heute knapp 73jährige Glos 1998. Es stand am Übergang zwischen den Bilderzyklen der „imaginären Reise“ und des „alten Köln“: Das Schaafentor -wegen der dunkelblauen Farbe bei Nacht- wild-romantisch wie die Bilder der imaginären Reise, aber ohne die Detailtreue und Präzision der späteren Bilder.

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Siegfried Glos hatte damals „keine Ahnung von der Kölner Geschichte“, aber  Wissbegier und  Faszination waren geweckt. Künftig war der gelernte Schlosser, Absolvent der Kölner Werkschulen in der Südstadt, Wildwasserfahrer, Weltreisender und Lebenskünstler. Und Dauergast im Kölner Stadtarchiv Am Waidmarkt. Hier studierte er Bücher, Schriften, alte Stadtansichten und Quellen, hier entdeckte er das alte Köln. Und hier wurde die Idee zum Bilderzyklus „Das alte Köln“ geboren, die den Künstler bis heute nicht mehr los lässt. Frühere Gemälde hat er, wenn er neue historische Quellengrundlagen hatte, überarbeitet. Bis heute sind so weit mehr als 50 Gemälde entstanden, die der Künstler in regelmäßigen Führungen der Öffentlichkeit in seinem Atelier präsentiert.

Die Bilder sind das eine, des Künstlers (mittlerweile) beeindruckende Kenntnisse der Kölner Geschichte das andere. Zu jedem seiner Bilder hat Siegfried Glos eine Menge zu erzählen: zu den historischen Schauplätzen, zu den Menschen, die dort wirkten und so manches „Anekdötchen“ mehr. Dies alles gibt Glos in seiner überaus herzlichen und erfrischenden Art zum Besten – Geschichtsvermittlung auf ganz besondere Art. Auf Wunsch gibt es die Führungen ins Mittelalter auch mit „kölschem“ Buffet, inklusive Kölsch, Halve Hahn und Röggelsche. Allerdings erlauben es die Räumlichkeiten Am Thürmchenswall nicht, alle Bilder des alten Köln zu zeigen.

Umso erfreulicher ist es, dass das Historische Archiv der Stadt Köln nun vom 15. März bis 23. September 2016 den gesamten Bilderzyklus „Das alte Köln“ in einer Sonderausstellung präsentiert. Die Ausstellung kann zu den üblichen Öffnungszeiten des Archivs am Heumarkt 14 bei freiem Eintritt besucht werden. Und natürlich bietet Siegfried Glos auch Führungen an, die bei ihm telefonisch (0221/132429) oder per Email gebucht werden können.

Ach ja, die Alteburger Straße: Mit dem mittelalterlichen Köln hatte diese Straße wenig zu tun. Vermutlich rührt der Name vom römischen Flottenkastell her, dass sich an der heutigen Straße „An der Alteburger Mühle“ in Marienburg befand. Also eher Antike….

Text: Calle Virnich

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