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Eine Südstadt für alle! Gesellschaft

Die Südstadt – ein schizophrener Traum?

Montag, 25. April 2011 | Text: Stephan Martin Meyer | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Wie soll die Südstadt sein? Heute, in einem Jahr, in zehn Jahren. Wollen wir den intellektuell-künstlerischen Stadtteil der 1980er Jahre zurück, von dem viele der Kölner Initiativen ausgingen? Oder wollen wir das ruhige, gesettelte Leben ausbauen, das in den letzten Jahren entstanden ist?

 

??Ein schizophrener Traum?

Die Basis der Traumvorstellung von der Südstadt sind die Menschen, die hier leben, die hier bleiben wollen. Sie haben aus dem Stadtteil das gemacht, was wir heute vorfinden. Viele waren an den Friedensprotesten und der Anti-Atom-Bewegung vor 30 Jahren aktiv und initiativ beteiligt. Sie haben die Straßen mit Leben gefüllt, Feste gefeiert und Musik gespielt. Auf den Straßen und in den Häusern. Diese Lebensart ist in meinen Augen erstrebenswert. Denn sie bedeutet Leben, Abwechslung, Offenheit und Individualität.?

Neu-Südstädter sollen selbstverständlich möglichst so sein wie wir. Also: alternativ denkende, aggressionsfreie und intellektuell beflissene Menschen. Junge Familien wünschen wir uns und einen moderaten Anteil an Migranten, die sich möglichst nicht in autarke Gruppen zurückziehen, sondern die Straßen und Cafés mit ihrer Anwesenheit zieren. ?

Gleichzeitig gibt es diejenigen, die wir hier nicht haben wollen. Man denke an rechtspopulistisch aufgeheizte Menschen oder zu Geld gekommene Neureiche. Ganz zu schweigen von in Arbeit untergehenden Medienschaffenden, die nur noch zum Schlafen in den Süden kommen. ?Darüber hinaus wollen wir natürlich bezahlbare Mieten, schöne Parks, saubere Fußwege und einen Stellplatz für unser Auto. Viele Cafés und Kneipen mit sympathischen Menschen sollen uns das Gefühl von Geborgenheit geben, kleine Theater und Kinos uns kulturell auf der Höhe halten, günstige internationale Restaurants unsere Gaumen auf das Feinste verwöhnen.??

 

Der Sog in den Süden?

Doch es gibt da ein klitzekleines Problem: Diesen Traum träumen viele. Da die Südstadt diesen zumindest in Teilen repräsentiert, zieht sie auch viele Menschen an. Mehr als Kalk, Porz und Zollstock. Die Folge: Die Zeiten, in denen man bei der Berechnung der Warmmiete noch mit zehn Euro pro Quadratmeter rechnen konnte, sind längst passé. Wer sich höhere Mieten nicht leisten kann muss wohl oder übel weg ziehen oder kommt gar nicht erst rein. Kann man es den Vermietern verübeln, dass sie Geld verdienen wollen? Die Nachfrage bestimmt den Preis. Und den kann sich nur noch ein ausgewähltes Publikum leisten. Studenten? Man sucht sie mit der Lupe! Künstler? Soll ich lachen? Familien mit mehr als einem Kind? Es gibt sie – vereinzelt – noch …??

 

Die Südstadt ist schon lange auf dem Weg in eine spießige Wohlfühlgesellschaft der Besserverdienenden. In der sich die Boutiquen und Feinkostläden demnächst aneinander reihen werden. Wo neu Zugezogene kritisch beäugt werden, um abzugleichen, ob sie aus dem gleichen Stall kommen wie man selber. ??

 

Fakten vs. Traum

?Fakt ist: Wenn ich von meinem Balkon auf die Straße schaue, dann stehen da mittlerweile regelmäßig zwei Jaguars, diverse SUVs und andere schick in der Sonne glänzende fahrbare Untersätze.?

Und Fakt ist: Wenn die Häuser unserer Stadt so aussehen sollen, wie heute, dann kostet das Geld. Viel Geld. Die Fassadensanierung eines Altbaus? 200.000 Euro müsst ihr dafür etwa investieren. Das geht nicht ohne eine Erhöhung der Mieten.?

Fakt ist aber auch: In den 1980ern ging es in der Südstadt bestimmt nicht so ruhig zu wie heute. Die Mainzer Straße zum Beispiel – heute die Vorzeigestraße für elegantes Wohnen im historischen Altbau – beherbergte einen gut frequentierten Straßenstrich. Auch auf der Bonner Straße war Prostitution nichts Ungewöhnliches. Und: Wo viele Studenten, Künstler und Kneipen waren, da war das Leben interessant. Da kamen die Menschen aus dem Umland und den anderen Stadtteilen gerne, um an dem Leben hier Teil zu haben. Wer will mir da erzählen, dass es ruhig zuging?

So wird der Abgleich der Träumereien zu einer Farce. Ich brauche die Ruhe von heute, um mich wohl zu fühlen. Nachts soll es still sein, damit ich gut schlafen kann. Ich möchte entspannt auf die Straße gehen können, ohne angepöbelt zu werden, kann mir keinen Gang durch einen Strich vorstellen, wenn ich in der Nacht nach Hause komme. Zugleich sollen die Menschen auf der Straße inspirierend und innovativ sein. Junge Künstler, Studenten und Intellektuelle will ich um mich haben. Doch wie soll das gehen? Denn die, von denen ich spreche, haben meist wenig Geld, es zieht sie in Stadtteile, in denen mehr Leben ist, wo die Auswahl der Kneipen attraktiver ist, in denen sie günstige Proberäume, Ateliers und Wohnungen finden.

 

??Mein persönlicher Traum

?Zugleich haben Träume ihre Berechtigung. Nur wer träumt, kann etwas erreichen. Nur wer träumt, wird eine Veränderung herbeiführen. Manche Träume müssen daher weit über die realen Bedingungen hinausgehen, müssen eine Welt anmahnen, in der scheinbar unerreichbares erreichbar wird.

Also, was sind meine ganz persönlichen Träume?

Autofreiheit! Mich nerven diese lauten Dinger, die jede Straße und jeden Gehweg zuparken. Sie sind eine tägliche Beleidigung für meine Augen. Argumente für ein Auto in der Stadt mag es geben. Ich brauche keins und ich will keins!?

Mehr Grün! Ich will frei atmen können, ich will Lebendiges sehen und ich will Vögel um mich herum zwitschern. Mehr Bäume für ein besseres Klima und eine höhere Lebensqualität!?

Mehr Kultur! Musik gehört auch auf die Straße und nicht nur in Konzertsäle. Kunst darf sich nicht verstecken, sondern muss die Menschen erreichen!?

Günstige Wohnungen! Nur wenn die Mieten langfristig bezahlbar sind, können sich die Menschen frei entscheiden, hier zu leben. Solange die Vermieter primär an ihren Gewinn denken, sind sie es, die die Auswahl darüber treffen, wer sich das Leben hier leisten kann und wer nicht.

Jeder sollte in der Südstadt die Möglichkeit zur Selbstentfaltung haben. Wer hier leben möchte, der soll auch die Chance dazu haben. Das betrifft die armen Künstler genauso wie die verbeamteten Lehrer. Schwierigkeiten habe ich allerdings mit den Menschen, die hierhin kommen, um an dem Leben teil zu haben, an der Freiheit und der Offenheit, diese jedoch nicht selber teilen. Für mich stehen da die zu Geld gekommenen im Zentrum, die ihre Staussymbole mit sich herumtragen – sei es das schicke Auto, das den Fußweg vor dem Massimo dekorativ zuparkt oder der 800-Euro-Kinderwagen, in dem ein überbehütetes Kind durch die Welt geschaukelt wird.??

 

Auf in die Fremde?

Welche Südstadt wollen wir also? Die pulsierende, aufgeregte der Vergangenheit oder die gemäßigt, ruhige dieser Jahre? Die Entscheidung fällt schwer. Denn das, was sich wohl viele Südstädter wünschen ist ein schizophrener Traum, den unmöglich zu erreichen scheint. Die Gentrifizierung ist im Gange. Schon seit langem. Wir alle sind ein Teil davon.

Die Südstadt, die ich mir wünsche, wird es nicht geben. Dafür ist der Stadtteil mittlerweile zu beliebt. Die gegensätzlichen Träume und Wünsche lassen sich hier nicht realisieren. Denn nicht jeder teilt meine Vorstellungen. Und diejenigen, die sich die Südstadt anders wünschen als ich, werden nach und nach mehr.

Die einzige Möglichkeit, diese Entwicklung zu unterbrechen, besteht in einem Massenexodus. Lasst uns diesen Stadtteil verlassen. Lasst uns nach einem besseren Leben suchen. Dort, wo es noch Mitgestaltungsmöglichkeiten gibt, wo die Menschen leben, die noch nicht vom immer währenden Gedanken an Geld und den vermeintlichen Errungenschaften des Neoliberalismus infiltriert sind. Kalk, Mülheim und Deutz entwickeln sich seit einiger Zeit zu spannenden Stadtteilen. Dort pulsiert das Leben. Als auf ins Rechtsrheinische!

 

Weitere Artikel aus der Serie „Eine Südstadt für alle!“ lesen Sie hier.

 

Text: Stephan Martin Meyer

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