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Gesellschaft

Fleisch, aus dem Rasierklingen ragen

Dienstag, 11. Juni 2013 | Text: Christoph Hardt | Bild: Christoph Hardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Ja, es gibt sie: Menschen, die Fleisch mit Rattengift, Glasscherben oder Rasierklingen bestücken, und dann für entlang der Gassi-Wege von Hunden auslegen. Mindestens ein solcher Mensch treibt auch in der Südstadt sein Unwesen. Hundehalter sind schockiert, informieren aber offenbar zu selten die Polizei.

Es ist der Alptraum eines jeden Hundebesitzers: In einer Sekunde streift Sebi (20) noch nichts Böses ahnend mit seiner Mischlingshündin Amy durchs Grün, in der nächsten muss er ihr einen gefährlichen Köder aus dem Maul ziehen. So geschehen vergangene Woche im Friedenspark in Höhe der Hundefreilauffläche. „Auf einmal hatte sie nahe der Mauer etwas erschnüffelt“, erinnert Sebi sich. Sofort gab die Hündin Zug auf die Kette, begann plötzlich, etwas zu verschlingen. Wie von der Tarantel gestochen brüllte Herrchen los, konnte ihr im letzten Moment ein etwa fünf Zentimeter langes Stück Würstchen entwinden – aus dem eine Rasierklinge blitzte.

„Zum Glück hatte sie sich noch nicht geschnitten“, erzählt der Lehrling. Der Hündin gibt er keine Schuld: „Mit Leckerchen ist es für sie, wie wenn Menschen einen Hundert-Euro-Schein finden: Dann heben sie ihn ja auch auf.“ Amy versteht die Aufregung nicht, hat nie böse Erfahrungen mit Menschen gemacht. Doch es hätte fatal enden können: Erst kürzlich fraß eine Bordeaux-Dogge mit Rattengift versetzte „Frolic“-Hundekuchen im Römerpark. Mit einem Male blutete sie aus allen Öffnungen. Der Tierarzt gab ihr schon keine Chance mehr. Doch das 75-Kilo-Tier überlebte den Anschlag. Auch ein Pudel-Mischling fraß dort Köder eines Giftmischers, bekam blutigen Durchfall und Erbrechen.

 

Sebi mit Hündin Amy.

Topographie der Tierquälerei

Was zunächst wie ein Schauermärchen klingt, ist leider Wirklichkeit: Immer wieder legen Unbekannte potentiell tödliche Köder in Kölner Parks und Grünanlagen aus. In letzter Zeit häufen sich die Vorfälle im Kölner Süden. Unter Hundehaltern kursieren Berichte von vergifteten Frikadellen im Volksgarten, Fleisch mit Glasscherben im Gebüsch an der Buschgasse, vergiftetem Fleisch in Tüten in Rondorf oder Leckerchen mit ätzendem Rohrreiniger im Forstbotanischen Garten. Mindestens ein Hund soll außerdem nach dem Verzehr von Gift-Ködern im Brühler Schlosspark gestorben sein.

„Irgendjemand läuft nachts oder früh morgens im Kölner Süden durch die Parks“, vermutet Hundebesitzerin Katharina Mansi. Sie hofft, dass der Unbekannte zur Rechenschaft gezogen wird und Parkbesucher für das Thema sensibilisiert werden, die Augen offen halten. Derweil wächst die Verunsicherung. Viele Hundehalter wollen ihre Vierbeiner jetzt selbst an den dafür ausgewiesenen Flächen nicht mehr von der Leine lassen. „Zum Gassi-Gehen fahren wir raus nach Hürth“, kündigt Hundebesitzerin Helen R. an.

Auch bei Pauline Schubert im Futter-Fachhandel „Stöckchens Delikatessen“ gibt es seit Tagen kein anderes Thema mehr. Ihr Geschäft ist Knotenpunkt für Warnmeldungen aus ganz Köln. Dass auch unweit ihres Ladens jemand Hunden auf diese Weise an den Kragen zu wollen scheint, empört sie: „Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was geschieht, wenn Kinder solche Köder in den Mund nehmen.“  Auf Facebook läutet sie tagesaktuell die Sturmglocken. Und noch ein weiteres Frühwarnsystem haben die Hundehalter für sich entdeckt: Die Handy-App „GiftköderRadar“ zeigt über GPS-Koordinaten an, ob die Gassi-Strecke sicher ist.

Polizei rät vehement zu Anzeigen

Obwohl die Hundehalter also gut vernetzt sind, ist die Polizei in vielen Fällen machtlos: Im vergangenen Jahr wurde nicht ein einziger Täter dingfest gemacht. Das  liegt daran, dass nur ein Bruchteil der Hinweise, die in Hundehalterkreisen oder einschlägigen Foren kursieren, überhaupt aktenkundig wird. „Wir bitten ausdrücklich darum, diese Vorfälle nicht nur untereinander zu kommunizieren“, sagt Polizeisprecher Christoph Gilles.  Dass die Köder meist mit Rattengift, Rohrreiniger oder Rasierklingen – also frei erhältlichen Produkten – versetzt sind, macht die Ermittlungen nicht leichter.

Fraglos müsse davon ausgegangen werden, dass derartige Taten auf das Konto sogenannter „Hunde-Hasser“ gingen. Ihre Motive? „Das mag von Ärgernis über Verunreinigungen vor der eigenen Haustür oder in Parkanlagen bis hin zu einem gestörten Verhältnis zu Tieren allgemein reichen“, so Gilles. Im Einzelfall sei sicherlich auch ein psychischer Schaden der Täter in Betracht zu ziehen.

Nicht nur durch Tierquäler droht Vergiftung

Nicht unproblematisch für Hunde ist auch der Einsatz von Ködern gegen Ratten und Mäuse durch die städtische „Desinfektionsstelle“ des Gesundheitsamts. Die hierbei eingesetzte chemische Verbindung „Difenacoum“ ist sehr giftig bei Aufnahme, Hautkontakt oder auch Inhalation. Derzeit warnen rote Aufkleber auf Laternen an der Buschgasse vor derartigen Köderboxen in den umliegenden Gebüschen. Aus gut unterrichteten Amtskreisen war zu erfahren, immer wieder gehe die Stadt derart gegen Rattenplagen auf öffentlichen Grundstücken vor, trete aber auch an private Grundbesitzer heran.

Erst Ende Mai knackte ein Hund in einem Restaurant in der Stolkgasse einen ähnlichen Behälter, der dort unter dem Tisch ausgelegt war. Nur eine schnelle Taxifahrt in die nächste Tierarztpraxis bewahrte ihn vor dem Tod durch inneres Verbluten. Zur Verwunderung der Hundebesitzer hieß es sowohl vom Amt für Lebensmittelkontrolle als auch der Polizei, die Schädlingsbekämpfungsmaßnahme im Lokalraum sei rechtlich einwandfrei gewesen.

Experte rät: Im Ernstfall sofort zur Tierklinik

In der Praxis von Tierarzt Dr. Ralf Unna stellen sich fast jede Woche Verdachtsfälle von Vergiftung vor. „In der Regel wissen wir nicht, was der Hund aufgenommen hat“, erklärt er. Der Traum des Tierarztes sei es aber, wenn Herrchen bereits eine Verpackung der entsprechenden Chemikalie mitbringe. Dann könne zeitnah bei der Vergiftungszentrale das spezifische Antidot (Gegengift) erfragt werden.

 

Dr. Ralf Unna behandelt fast jede Woche Verdachtsfälle von Vergiftung.

Gerade behandelt Dr. Unna einen „Normalfall“: Eine Hündin hat im Park von einem verdächtigen Haufen mit Fleisch gefressen. Die Ungewissheit verlangt eine systematische Herangehensweise: Zunächst sollen bildgebende Verfahren des Pudels Kern beleuchten. Lässt das Röntgenbild darauf schließen, dass keine „Gegenstände“ wie im Extremfall Rasierklingen im Magen liegen, wird das Tier durch Spritzen zum Erbrechen gebracht, die Möglichkeit einer Vergiftung mit Rattengift durch Verabreichen von Vitamin-K gebannt. Dieser Hund hier würgt schließlich Hühnerfleisch hervor. Dann Entwarnung: Es waren nur Grillabfälle. Nicht vergiftet.

Nicht immer ist Erbrechen die richtige Wahl: „Ich habe schon alles mögliche aus Hunden raus geholt – vom Quietscheentchen über Bälle, Besteckteile, Strümpfe bis hin zu Unterhosen und Tampons“, so Dr. Unna. Bietet es sich verletzungsfrei an, entfernt er Fremdkörper ohne scharfe Kanten auch mal unter Vollnarkose endoskopisch über die Magenröhre. Bei einer unhandlichen Plastikente allerdings bliebe nur die bewährte Methode: „Bauch auf, Magen auf.“

Bei folgenden Signalen sollten Hundebesitzer alarmiert sein: Eine je nach Gift sehr zügige Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Abgeschlagenheit, Futterverweigerung sowie eine sinkende Körpertemperatur. Auch bei Einblutungen in den Schleimhäuten von Nase, Mund oder Augen – sie gelten als Indiz für die Aufnahme eines Gerinnungshemmers wie Rattengift. Ebenfalls bei Blutausscheidungen über After oder Urin sollte sofort der Weg zum Tierarzt angetreten werden.

 

Mehr zum Thema:
Handy-App „GiftköderRadar“ (kostenpflichtig)

 

Text: Christoph Hardt

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