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Politik Wahlen

Grünes Wort: Sabine Müller im Gespräch

Donnerstag, 3. Mai 2012 | Text: Wassily Nemitz | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Es ist das erste richtig sonnige Wochenende in der Südstadt, die Menschen zieht es nach draußen – entsprechend voll ist es am Rhein: unzählige Spaziergänger und Fahrradfahrer bevölkern das Flussufer. Strategisch günstig hat sich das Wahlkampf-Team von Dr. Sabine Müller, der Landtagskandidatin für Bündnis 90/ Die Grünen, postiert: direkt am Rheinufer, an der Schönhauser Straße, schwitzen die etwa fünf Wahlhelfer und Sabine Müller vor sich hin – gemeinsam mit einer mobilen Kaffee-Bar, an der sich die Passanten auf Kosten der Grünen bedienen können. Müller, gerade Großmutter geworden, gibt sich bodenständig: Turnschuhe, Jeans und, man ahnt es schon, grünes Oberteil. Ein Mann mit Fahrrad hält am Stand. Er beklagt sich über die seiner Meinung nach zu große Macht der Öl-Konzerne und ihre Machenschaften. „Da müssen Sie mal mit hundert Leuten da vorbei gehen und Druck machen!“, fordert er von Müllers Partei. „Das machen sich viele Leute leider immer sehr einfach“, sagt sie später, „die denken, wir als Partei hätten unendlich viel Macht – das ist aber nicht so.“ Was sie mit der Macht, die sie dann hätte, anstellen würde, falls sie in den Landtag käme, erzählt uns Müller im „Meine Südstadt“-Interview:

Meine Südstadt: Frau Dr.Müller, Sie bezeichnen sich selbst als „Klima- und Umweltschützerin“. Vor zehn Jahren wäre das vielleicht ein Alleinstellungsmerkmal gewesen – aber heute wirbt ja selbst der CDU-Spitzenkandidat Röttgen mit dem Klimaschutz! Wo liegt der Unterschied?
Dr. Sabine Müller: Der Unterschied zwischen mir und Norbert Röttgen ist der, dass ich authentische Klimaschutzpolitik mache. Beispielsweise habe ich meinen Wahlkampf CO2-neutral gestaltet, und fahre zum Beispiel mit diesem Lastenfahrrad zu den Ständen.

Diese Kaffee-Bar ist aber motorisiert!
Ja, das stimmt natürlich. Aber komplett neutral bekommen Sie das auch nicht hin, die Plakate zum Beispiel sind wir auch nicht mit dem Fahrrad aufhängen gefahren.

Was genau verbirgt sich hinter Ihrem Credo „Klima- und Umweltschützerin“? Welche konkreten Projekte wollen Sie angehen?
Meiner Meinung nach sollte Klimapolitik allererste Priorität genießen – dafür setze ich mich ein. Die SPD ist, um dieses Ziel zu erreichen, nicht sehr weit weg. Trotzdem waren und sind wir Grüne die treibende Kraft.

Was habe ich als „rot-grüner“ Wähler davon, wenn ich Sie wähle und nicht Ihre Konkurrentin von der SPD, Ingrid Hack?
Die Erststimme ist meiner Meinung nach nicht vollkommen entscheidend. Wir als Grüne streben vor allem einen hohen Zweitstimmenanteil an und würden gern mit der SPD kooperieren. Wenn ich mit meiner SPD-Konkurrentin spreche, kann von Kooperation aber leider keine Rede sein. Ich wünsche mir einen Deal, dass sich die beiden Parteien untereinander absprechen, das ist hier – anders als in anderen Städten – jedoch leider nicht möglich mit der SPD.

Wenn Sie sagen, die Erststimme sei nicht entscheidend – sind Sie eine Alibi-Kandidatin, Frau Müller?
Nein, wir sind keine Splitterpartei mehr. Hier in der Innenstadt haben wir regelmäßig mehr Wähler als die SPD. Das ist ein Ansporn und da muss die SPD auch akzeptieren, dass wir eigene Bewerber aufstellen. Wie man in Baden-Württemberg gesehen hat, kann sich das Stimmenverhältnis durchaus auch umkehren.

2010 wurde die Kandidatur von Barbara Moritz ja als Kampfansage an die SPD verstanden, letzten Endes nahmen sich beide Kandidatinnen jedoch die Stimmen weg und CDU-Frau Andrea Verpoorten war die lachende Dritte. Realistisch betrachtet: Haben Sie überhaupt eine Chance?
Es ist nicht völlig aussichtslos, dass ich gewinne. Allerdings stehen die Chancen wohl eher schlecht.

Kommen wir zum Inhaltlichen zurück: CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen hat angekündigt, im Falle des Wahlsiegs ein Energieministerium einzurichten – eigentlich eine klassische grüne Forderung: Was halten Sie von der Idee?
Das müssen wir schauen. Ich persönlich halte das für eine gute Idee, diese Kernthemen der Zukunft in einem Ministerium zu bündeln. Röttgen hat ja ab und zu gute Ideen. Allerdings zieht er sich oft das grüne Mäntelchen an, während er im Hintergrund ganz andere Dinge plant.

Was sind das denn für geheimnisvolle Dinge?
Das weiß ich nicht so genau. Allerdings verwickelt er sich beim Thema Nachtflüge etwas in Widersprüche und kündigt öffentlich andere Dinge an, als er sie dann umsetzt.


 

Sie fordern mehr Umwelt- und Klimaschutz. Was kann man Ihrer Auffassung nach in Ihrem Wahlkreis, in Rodenkirchen und der Südstadt, tun, um mehr Klimaschutz herbeizuführen?
Das Thema Klimaschutz hat sehr viel auch mit Verkehrspolitik zu tun. Viele denken ja, es ginge hier vorrangig um Gebäudesanierungen und Fragen der Stromversorgung. Gerade in innerstädtischen Bereichen hat der Verkehr aber großen Anteil an den CO2-Emmissionen. Deswegen möchte ich den Radverkehr fördern. Ich selbst fahre viel mit dem Rad und habe kein Auto. Zum Beispiel hier am Rhein: Wenn man den Weg so attraktiv machte, dass er auch unter der Woche von Pendlern genutzt werden könnte, wäre schon viel gewonnen. Ich denke hier zum Beispiel an E-Bikes, die man billiger machen könnte.

Wie kann man E-Bikes als Politik denn billiger machen?
Ja, das ist in der Tat schwierig. In der Politik kann man aber die Infrastruktur soweit verbessern, dass sie auch interessant und ungefährlich genutzt werden kann. Auf den großen Verkehrstangenten müsste meiner Meinung nach der Radverkehr viel besser zum Zuge kommen, beispielsweise durch eine eigene Spur für Radler.

Sie sind selbst Mitglied des Rates, Sie haben eine rot-grüne Mehrheit – wieso wurden solche Projekte nicht längst umgesetzt?
Die Mehrheit haben wir erst seit 2009, vorher mussten wir uns von der Linken tolerieren lassen…

…die auch nicht unbedingt als Gegner des Radverkehrs bekannt ist…
…aber vor allem hat die SPD in diesem Bereich gebremst. Mit denen war es sehr schwer, diese Projekte umzusetzen.

Grundsätzlich scheint die Koalition zwischen SPD und Grünen im Rat nicht gerade berauschend zu laufen – lässt sich die Situation auf Landesebene gleichsam wiederfinden?
Nein, eigentlich nicht. Ich kenne die Interna der Landtagsfraktion nicht, ich könnte mir aber vorstellen, dass es dort gut läuft, weil mit Sylvia Löhrmann und Hannelore Kraft zwei Frauen an der Spitze stehen. Hier im Rat war es gerade mit Jochen Ott auf Seiten der SPD sehr schwierig.

Was halten Sie von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft?
Ich bin angetan von ihr und traue ihr weiter zu, das Land gut zu führen. Es geht aber nicht darum, ob Frauen besser sind als Männer. Sie hat gute Arbeit gemacht und es spricht viel für sie.

Die derzeitige Minderheitsregierung hat unter Führung der Ministerpräsidentin eine neue Politik „der Einladung“ ausgerufen. Wird davon noch etwas zu spüren sein, wenn Rot-Grün eine absolute Mehrheit erlangt?
Ich bin sicher, dass das weiter gehen wird. Allerdings können wir mehr eigene Akzente setzen und sind nicht mehr so sehr erpressbar. Das Problem ist ja, dass die anderen Parteien dieser „Einladung“ auch folgen müssen.

Ein wichtiges Thema in der Landespolitik war und ist die Bildung. Stehen Sie zum Schulkonsens?
Ich denke, es ist sinnvoll, zunächst daran festzuhalten und ich hoffe, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht mehr darüber diskutiert wird. Ich will das nicht wieder neu aufschnüren, später wird aber sicherlich nochmal darüber zu diskutieren sein – gerade weil aus grüner Sicht nicht alles umgesetzt wurde, was wir uns gewünscht hätten.

Muss das Land mehr tun, damit die Kommunen den Rechtsanspruch auf die U-3-Betreuung ab nächstem Jahr erfüllen können?
Es muss dringend mehr Geld investiert werden. Wir setzen neben der Quantität natürlich auch auf die Qualität der Bildung. Hier ist vor dem Land ganz klar der Bund gefragt – wenn das Land nicht ausreichend finanziert wird, kann das Land die Kommunen auch nicht unterstützen. Somit waren der amtierenden Landesregierung ein Stück weit die Hände gebunden.

CDU-Spitzenkandidat Röttgen bezeichnet Ministerpräsidentin Kraft regelmäßig als „Schuldenkönigin“ und setzt Nordrhein-Westfalen mit Griechenland gleich. Hat der Mann Recht?
Nein, natürlich nicht. Wir haben ohne Frage ein Problem mit den Schulden, das basiert aber auf strukturellen Problemen.

Was meinen Sie damit?
Die Ausgaben übersteigen bei strukturellen Schulden naturgemäß die Einnahmen, selbst, wenn Sie nur Ihre Pflichtaufgaben erfüllen. Das ist nicht einfach zu lösen, das hat sich über die Jahre negativ entwickelt und NRW hat zweifelsohne über seine Verhältnisse gelebt.

Müssen Sie sich da nicht an die eigene Nase packen? Bis 2005 regierte 39 Jahre lang die SPD das Land, davon 10 Jahre mit den Grünen!
Auf jeden Fall, da haben wir ganz klar Fehler gemacht.

Wie kommt man jetzt wieder raus aus dem „Schuldensumpf“?
Man muss ganz klar analysieren, wo Ausgaben eingegrenzt werden können. Das muss langfristig geschehen. Beispielsweise können wir versuchen, Kinder von Hartz IV-Empfängern wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, das hilft denjenigen und der Staat spart sich Kosten für das Sozialsystem.

Sie fordern einerseits eine vorbeugende Haushaltspolitik, gleichzeitig aber Kürzungen. Ist das kein Widerspruch?
Nein, ganz klar nicht. In Bildung muss in jedem Fall investiert werden, da gibt es überhaupt keine Zweifel. Um das zu finanzieren müssen wir an anderer Stelle sparen und die Einnahmeseite optimieren.

Im Klartext heißt das: Höhere Steuern für Reiche?
Unter anderem auch das, ja –  damit die Schere zwischen Arm und Reich nicht noch weiter auseinandergeht.

Blicken wir auf den Wahlkreis: Auf der Dom-Brauerei-Brache besitzt der landeseigene Betrieb BLB große Flächen Land. Was sollte dort Ihrer Meinung nach entstehen?
Mir ist die Erweiterung des Grüngürtels besonders wichtig, dafür setze ich mich ein. Außerdem fordere ich bezahlbaren Wohnraum, der dort angesiedelt werden könnte.

Wie stehen Sie zur Initiative „NeuLand“, die dort als Zwischennutzung einen Bürgergarten errichtet?
Das finde ich ganz toll. Ich habe die Leute dort letzte Woche besucht und sie machen eine tolle Sache.

Frau Müller, zum Abschluss: Wenn Sie jemanden in einem Satz sagen sollten, warum er Sie wählen sollte – was würden Sie sagen?
Ich kümmere mich um die Zukunftsthemen, um die Sachen, die auch nach mehr als fünf Jahren noch wichtig sind – Klima und Bildungspolitik sind beides Felder, wo ich das umsetzen möchte.

Dr. Sabine Müller, geboren 1963 in Stuttgart, lebt seit 1985 in Köln. Sie ist Mutter von drei erwachsenen Kindern und promovierte 1995 im Bereich der Klimaforschung. Seit 2004 ist sie Mitglied des Rates und kandidierte 2005 für die Wahlen zum deutschen Bundestag.

 

 

Weitere Artikel aus der Serie „Landtagswahl NRW 2012“

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Text: Wassily Nemitz

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