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Kultur

In den Fängen von Mamona

Dienstag, 6. September 2016 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Meyer Originals

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Wer hat sich nicht schon einmal ungerecht behandelt gefühlt? Wollte vielleicht gerne Rache üben? Fühlte Groll und Bitterkeit? Und doch gleichzeitig auch Ohnmacht? Eine Ohnmacht, diese maßlose Ungerechtigkeit zu wenden? Und was, wenn es sich bei dieser Ungerechtigkeit um die Verteilung von Reichtum handelt? Was, wenn man redlich versucht, auf einen grünen Zweig zu kommen und scheitert? Und was, wenn andere es unredlich zu Reichtum bringen? Was macht das dann mit uns?

Im Freien Werkstatt Theater wird mit dem Stück „? [ungefähr gleich]“ die Saison eröffnet. Die ganze Saison wird sich das Thema ‚Gleichheit’ wie ein roter Faden durch die Stücke ziehen. PiaMaria Gehle hat das Stück des schwedisch-tunesischen Autoren Jonas Hassen Khemiri inszeniert.

 

Er ist einer der bekanntesten Autoren Schwedens und gerade mit dem Augustpreis, der bedeutendsten Literaturauszeichnung des Landes geehrt worden. Das Theaterstück „? [ungefähr gleich]“ zeigt fünf Menschen und ihre Lebensentwürfe, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch alle versuchen, in der Gesellschaft und in dem System, in dem sie leben, zu überleben.

Die Bühne ist sparsam ausgestattet. Hölzerne Kästen stehen auf Rollen mit Holzrahmen, die mit Lackfolie überzogen sind. Sie glänzen. Es glitzert golden. Die Verführung des Goldes. Und los geht es mit der Einführung in Wirtschaftsgeschichte Grundkurs I. Ein Mann entwickelt sich in Amsterdam 1828 zu dem größten Kakaopulverhersteller weltweit. Casparus Van Houten hat nämlich quasi das Kakaopulver erfunden. Und gleich eine hydraulische Presse zur Gewinnung des Kakaopulvers dazu.

 

Er wird reich. Steinreich. Doch auf dem Höhepunkt seiner Karriere steigt er aus. Warum? Hatte er Depressionen? Einen Burn-Out? Hatte er etwas erkannt? Fürchtete er Mamona? Die Göttin des Reichtums und der Macht? Hüte dich vor Mamona! Denn, wenn man in die Fänge der Göttin Mamona gerät, ist man verloren. Dann verliert man sich. Und alles, was einem lieb ist. Dann wird man skrupellos.

Wir lernen zunächst Peter, den Obdachlosen kennen. Er gammelt den ganzen Tag auf der Straße herum und erbettelt sich Geld. Andrej beobachtet Peter schon länger. Immer wieder begegnet er ihm. Peter erzählt immer die gleichen Lügengeschichten, um sich Geld zu erbetteln. Geld, das die anderen redlich verdienen. Das sie sich selber irgendwo abzwacken, um es dem Obdachlosen zu schenken.

 

Das macht Andrej rasend. Andrej lebt mit seiner Mutter und seinem kleinen Bruder zusammen. Andrej ist nämlich arbeitslos. Und das, obwohl er sich so sehr bemüht. Er hat die Abendschule erfolgreich abgeschlossen und schon unzählige Bewerbungen abgeschickt. Immer erfolglos. Er wird beim Jobcenter entwürdigt. Es hilft alles nichts. Er gibt nicht auf. Nein! Stattdessen schraubt er seine Erwartungen herunter und bekommt einen Job im Tabakladen.

 

 

Und der Obdachlose bekommt mehr und mehr Geld – geschenkt. Er erzählt den Leuten, was sie hören wollen. Im Tabakladen arbeitet auch Martina. Sie hat einen Traum: Mit ihrer Familie möchte sie auf’s Land, einen Öko-Bauernhof, Selbstversorgerin werden und sich aus dem ökonomischen System befreien.

 

Auch sie kennt Peter, den Obdachlosen. Er kommt nämlich immer vorbei und sie reden miteinander. Peter scheint all das zu leben, was ihr Mann Mani nur in den Wirtschafts-Vorlesungen an der Uni theoretisch erzählt. Peter entzieht sich dem kapitalistischen System und beutet es aus. Allerdings stammt Martina aus reichem Elternhaus. Alle ihrer Verwandten leben mitten im System. Sind erfolgreich im System. Schwimmen mit.

 

Als die Erbtante Solveig verstirbt, geht die unkonventionelle Martina fast leer aus und ihre Schwester Angelika erbt das Sommerhaus. Das Sommerhaus auf dem Land. Martinas Traum in greifbarer Nähe und doch ferner denn je. Martina kämpft gegen ihre innere Stimme, die ihr die Ungerechtigkeit ins Gesicht schreit und sie aufstacheln will.

Phasenweise ist das Stück sehr emotional, und die Stimmen der SchauspielerInnen überschlagen sich. Es wird laut auf der Bühne. Manchmal zu laut. Diese Ungerechtigkeiten, diese Ungleichheiten sind nicht auszuhalten! Was passiert dann mit den Skrupeln der Figuren? Bleiben sie sich treu? Fügen sie sich und machen im System mit? Wo bleiben ihre Träume?

So weit so gut. Dann wird es absurd, gar grotesk. Die vier SchauspielerInnen Moritz Heidelbach, Fiona Metscher, Anja Jazeschann und Philipp Sebastian schlüpfen rasant von einer Rolle in die nächste. Fast wie in einer Hollywood-Komödie reihen sich die absurden Ereignisse aneinander. Alle Personen stehen in einer Beziehung zueinander, beeinflussen einander.

 

Es gelingt Jonas Hassen Khemiri ein Netz aus menschlichen Beziehungen zu spannen, das sehr ideenreich ist. Er überrascht den Zuschauer immer wieder mit den bizarren Wendungen in seinem Stück. Nach der Pause in dem Stück mit Überlänge geht es extrem grotesk zu.

Alle Figuren versuchen, auszubrechen, etwas zu erreichen. Jeder verändert sich auf seine Art. Mamona hat schließlich alle im Griff und spielt mit ihnen. Alle verlieren ihre ehrenvollen Ziele aus den Augen. Khemiri treibt das groteske Spiel auf eine Spitze zu und zerstört seine Figuren. Jede scheitert auf ihre Art an dem kapitalistischen System. Will der Autor, der auch Wirtschaft studiert hat, mitteilen, dass das  kapitalistisches System zerstörerisch ist? Die Figuren auf der Bühne rutschen ab und der Zuschauer rutscht nachdenklich auf seinem Sitz herum: Was ist aus eigentlich aus meinen Idealen geworden?, fragt auch er oder sie sich womöglich.???

Etwas verstört und sehr nachdenklich verlasse ich das Theater.

„? [ungefähr gleich]“
Freies Werkstatt Theater

Zugweg 10, 50677 Köln
14.9., 15.9., 5.10., 6.10., 19.10., 20.10.2016
 

Text: Aslı Güleryüz

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