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Kultur

Mehr als nur Phrase: Angewandte Nachhaltigkeit!

Donnerstag, 19. Mai 2016 | Text: Lisa Stiemer | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Eigentlich will ich mich mit Anna-Maria Merkel und Marie Theres Rhein im Cafe Sabor Ermoso treffen. In ihrem Pop-Up-Store nebenan, vom 5. bis 8. Mai 2016 dort geöffnet, lernte ich das Kreativkollektiv Yala Maha kennen. Zusammen mit vier weiteren Designstudenten der KISD stellten sie hier ihre zweite Kollektion vor. Der Pfingstmontag macht uns aber einen Strich durch die Rechnung – das Cafe ist geschlossen – und wir müssen einen anderen Rückzugsort für unser Interview finden. Kein Problem, so habe ich Gelegenheit, vorab mit den beiden etwas zu plaudern.

Yala Maha will deutsches visionäres Design mit südasiatischer Textilkunst verbinden. Die ursprüngliche Idee bestand darin, in Zusammenarbeit mit Näherinnen aus Sri Lanka etwas Neues zu erschaffen und dabei gerechte Herstellungsprozesse und faire Löhne im Blick zu behalten. Ganz im Gegensatz zu Massenkonsum, der Verschwendung von Ressourcen und Material wollen Yala Maha eine zeitlose Mode kreieren, die länger als eine Saison lebt.

Passend zu diesem Thema findet am Freitag, den 20.05.2016 in der Kölner International School of Design (KISD) die interdisziplinare Konferenz „Grow | Degrow. Design zwischen Exzess und Kalkül.“ statt. Es diskutieren Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Design, Kunst, Architektur, Kultur- und Sozialwissenschaften über die Bedeutung von Nachhaltigkeit, den Umgang mit Ressourcen und Grenzen des Wachstums, aber auch darüber, wie Design zu neuen Entwürfen von Gesellschaft und Stadt beitragen kann.

Meine Südstadt: Inwiefern bestehen Schnittpunkte zwischen den Themen der Konferenz und den Themen, die Yala Maha bewegen?
Anna-Maria: Ich glaube Yala Maha ist momentan nicht angelegt als großes Unternehmen, sondern immer noch als Projekt, was nicht an einem riesigen kommerziellen Gedanken interessiert ist, sondern eher an einer Entschleunigung von Produktionsprozessen.

Wie könnte man die Idee von Yala Maha zusammenfassen?
Anna-Maria: Die Idee ist, dass man ganz anders produzieren kann als das momentan in großem Stil praktiziert wird. Wir sind ja nicht die Einzigen. Das poppt gerade aus allen Ecken und Kanten, dass Labels neu, anders, ressourcenschonend, ökologisch und nachhaltig und die ganzen Begriffe, die da heruumirren, sein wollen und natürlich wollen wir auch in diese Richtung gehen. Das Ziel ist, dem treu zu bleiben, und genau das ist unglaublich schwierig. Weil jedes Mal, wenn wir versuchen, uns mit Leuten aus der Wirtschaft zusammen zu tun, wird das nämlich negiert und gesagt, das funktioniert aber nicht so, dass müsstet ihr so und so machen, damit das etwas abwirft. Das Ziel ist, an gewissen Idealen festzuhalten.

 

Pop-Up-Store in Sabor Ermoso / Bild: Yala Maha

Wie ist diese Zusammenarbeit mit den Frauen entstanden?
Marie: Das ist über einen Prozess entstanden. Am Anfang stand eine Reise, bei der wir noch keine Verbindung zu Sri Lanka hatten. Da hat Anna Sita kennengelernt. Das ist eine ältere Dame, die einen kleinen Shop in Sri Lanka hat, einen Stoffladen. Wir hatten aus Deutschland NGOs inSri Lanka rausgesucht, hatten die aber noch nicht kontaktiert. Dann sind wir eigentlich einfach dahin geflogen. Das war 2014, und da haben wir bei NGOs geklingelt und uns persönlich vorgestellt – wer wir sind, was wir machen und dann hatten wir großes Glück bei einer NGO, der „Association of War Affected Women“. Die haben uns mit Frauen in Verbindung gebracht. Später haben wir gemeinsam mit der NGO, die auch als Übersetzer für uns gearbeitet hat, Workshops durchgeführt.

Wie finanziert ihr euch, die Reisen und die Materialien?
Marie: Wir haben ziemlich viel von unserem eigenen Geld da reingesteckt. Wir arbeiten alle viel neben dem Studium. Für die Flüge haben wir auch von der KISD Zuschüsse bekommen. Aber bis jetzt ist das nur Non-Profit für uns. Die Reisen sind natürlich auch schön. Wir sind alle befreundet. Das macht auch Spaß.

Anna-Maria: Wenn man sich aber mit Investoren unterhält, müssen wir oft hören: „Ihr macht ein faires Projekt und wer bezahlt dann euch fair?“. Das ist eine tolle Sache, aber wenn man weitere Schritte geht, ist das kein Dauerzustand. Das ist ein Idealismus der aus einer Begeisterung heraus geboren wurde.

Marie: Für die beiden Pop-Up-Shops haben wir aber auch unheimlich Sponsoring bekommen. Wenn wir nicht so viele nette Menschen hätten, die unser Projekt so toll finden, dann hätten wir das auch nie geschafft.

Anna-Maria: Man muss auch sagen, eine der wichtigsten Sponsoren war Ilse Stammberger. Sie hat die ganze erste Kollektion finanziert und hat uns mit Materialien und Näharbeit unterstützt. Das Projekt wäre nicht an dieser Stelle, wenn sie damals nicht gewesen wäre und daran geglaubt hätte.

Wie wird die Arbeit momentan umgesetzt, wie sehen die Produktionsketten aus?
Marie: Also Anfangs haben wir die Produktion mit Ilse Stammberger gemacht. Aber eigentlich fängt die Produktion ja schon in Sri Lanka an mit den Patchworks.

Wie geht es dann weiter?
Marie: Die Patchworks werden in Sri Lanka gefertigt und kommen im Anschluss daran nach Köln. Beim ersten Mal hat uns Ilse bei der Endproduktion unterstützt. Jetzt beim zweiten Mal wurden die Shirts bei einem Schulfreund von mir, der in Istanbul in der Modebranche tätig ist, genäht.

Ihr setzt euch für faire Produktion ein und arbeitet mit Kriegswitwen in Sri Lanka. Hat sich für die Näherinnen schon etwas verändert

Marie: Momentan arbeiten wir nur mit Frauen in Sri Lanka, die in der Mitte der Gesellschaft leben. Weil wir ja gar nicht wissen, ob wir längerfristig Gehalt zahlen können. Deshalb sind wir grad an einem Punkt, wo wir mehr oder weniger Mediatoren ausbilden, die dann mit anderen Frauen in Sri Lanka zusammenarbeiten können.

Anna-Maria: Das ist aber z.B. auch ein nachhaltiger Gedanke. Man sollte jetzt keine Abhängigkeitsverhältnisse kreieren, denen man gar nicht gerecht werden kann.

„Kollektion Nr. 1“ / Bild: Yala Maha

Die Kollektion 0, die ihr letztes Jahr mit eurem ersten Pop-Up-Store im Belgischen Viertel vorgestellt habt, ist sehr gut angekommen. Wie war die Resonanz auf die Kollektion 1 ?
Marie: Die war auch gut. Aber wir hatten dieses Mal nur vier Tage den Pop-Up-Shop an dem heißesten Wochenende des bisherigen Jahres plus einem beweglichen Ferientag. Also es hätten durchaus mehr Leute kommen können. Aber die Leute, die da waren, fanden es auch wieder super.
Anna Maria: Wir haben durchgehend positives Feedback bekommen, ja.

Was sind die nächsten Schritte für Yala Maha?
Anna-Maria: Wir sind jetzt noch bei le bloc am 4. Juni, beim Museum für Verwandte Kunst im Belgischen Viertel und beim KISD Parcours dabei.

Wo wollt ihr mit dem Projekt langfristig hin? Was ist das Ziel?
Anna-Maria: Das größere Ziel ist ein freieres Kollektiv in Sri Lanka, das aber nicht von uns geleitet wird, sondern wiederum von Künstlerinnen und Aktivistinnen in Sri Lanka selbst.

So gesehen als Open-Source-Project. Um das noch mal abschließend zu sagen: Wenn wir das weiter machen wollen, egal in welcher Form, brauchen wir einen unglaublich langen Atem.

Vielen Dank für das Gespräch!
 

Text: Lisa Stiemer

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