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Kultur

„Mein ganzes Leben lang male ich dasselbe Bild“

Dienstag, 15. Februar 2011 | Text: Gastbeitrag | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Wenn ein Künstler so etwas über sein eigenes Werk sagt, ist er entweder borniert oder ein ziemlich spannender Typ. Michael Koch ist letzteres, wie Silke Hallmann im Interview mit dem Bildhauer und Maler herausfand. Kochs Arbeiten sind vielfältig, obwohl er sich in seinen bislang 40 Schaffensjahren immer mit demselben, großen Thema beschäftigt hat. Ein Gespräch über die Suche nach neuen Sichtweisen, die Liebe in und zur Südstadt und eine clevere Geschäftsidee.

Michael, Du hast 1974 als 23-Jähriger Dein Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Deiner Geburtsstadt Nürnberg aufgenommen! Seit wann stand für Dich fest, dass Du Künstler werden willst?
Irgendwie wollte ich das schon immer machen. Als Neunjähriger war ich dann sehr krank. Ein Jahr lang habe ich nur Pferde in ein Album gemalt. Als ich mit Zehn in die Schule zurückkam, schickte meine Lehrerin mich mit den Worten nach Hause: „So malt ein Kind nicht in Deinem Alter“. Dieses negative Lob habe ich heute noch in den Ohren.

1983 hast Du Dich mit einem Thema auseinandergesetzt, das starke Affekte beim Betrachter hervorruft. In fotorealistischen Arbeiten hast Du nach Material aus der Gerichtsmedizin Kinder dargestellt – und zwar welche, die misshandelt wurden oder gar getötet. Was hat Dich dazu bewogen, Dich selbst und auch andere so einer Konfrontation auszusetzen?
Während des Studiums habe ich mit Portraitarbeiten von mir und meiner Familie begonnen, mittels alter Erinnerungsfotos. Ich habe versucht, über blinde Stellen (das sind die, die man vordergründig nicht sieht) in den Portraits, beispielsweise sichtbar zu machen, ob das Kind beschützt ist oder innere Narben mit sich herumträgt. Dann dachte ich, ich möchte jetzt einmal das wirklich Sichtbare darstellen. Im wahrsten Sinne des Wortes von ihren Eltern erschlagene Kinder. So malte ich zwölf Köpfe solcher Kinder. Zuvor habe ich ein halbes Jahr nur die Anamnesen der Fälle gelesen, Fotos angeschaut. Die Kinder wurden nach den jeweiligen Prozessen in Form von Fotos von der Gerichtsmedizin quasi verdinglicht. Indem ich diese toten Kinder überlebensgroß portraitierte, holte ich sie für mich für eine kurze Zeitspanne des Malens wieder aus diesen Karteikästen heraus. So wie mich das Thema selbst überfallen hat, so habe ich es auch für den Betrachter umgesetzt. In überlebensgroßen Darstellungen, die einen erschlagen. Man muss das aushalten. Eine Art Empathie.

„Bilder eines allta?glichen Wahnsinns

Seit wann lebst Du in Köln und seit wann bist Du Südstädter?
1987 bin ich von München nach Köln gekommen. Es war für mich eine Herausforderung, in Süddeutschland kannte man mich nun und ich musste ins Zentrum. Die Komprimierung von New York war Köln, nicht Paris und nicht Berlin. Nach Berlin wollte ich keinesfalls, denn dort waren mir zu viele sozialistische  Realisten. Die Pop Artisten waren immer in Köln/Düsseldorf. Erst habe ich in der Sülzburgstraße mein Atelier gehabt, und 2004 sind wir in die Kowallekstraße gezogen. Das ist ein perfektes Pflaster und ein sehr schönes Viertel.

Hast Du einen festen Galeristen, der Dich und Deine Kunst vertritt?
Ja. Ich bin bei der Galerie Zellermayer in Berlin. Und Inge Baecker wird mich demnächst in Köln vertreten. Die Berliner kommen besser mit meinen teilweise etwas rüden Bildern klar, Köln ist ja eher schick, sagte mir eine Galeristin. Hier werden in naher Zukunft meine Figuren ausgestellt.

 

1985 hast Du Nürnberg verlassen – eine erste Schaffensphase, der Fotorealismus, ging zu Ende. Was kam danach?
Das genügte mir nicht mit dem Fotorealismus. Mein Leben wurde hektischer, schneller. Und von einem Tag auf den anderen war für mich die gegenständliche Phase vorbei. Ich wollte im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern zunächst nicht die persönliche Erfahrung, sondern erst die Fotografie dazwischen haben. Der Wahrheit auf die Schliche kommen. Nicht den künstlerischen Subjektivismus vom Pinselstrich. Heute mache ich genau das Gegenteil. Danach kam dann eine Phase, in der ich abstrakt, figurativ und schwarz-weiß malte. Um an das Wesentliche heranzukommen, haben mich meine eigenen Fähigkeiten eher gestört. Teilweise habe ich die Schwarz-Weiß-Bilder mit dem Rücken zur Leinwand gemalt. Ich wollte mein Bewusstsein ausschalten. Du wirst so geschickt in der Technik, dass diese alles wieder zudeckt. Ich wollte zu meinem Ursprung zurück, roh, intuitiver arbeiten. Und mich selber überraschen lassen. Sobald ich merke, dass ich anfange zu denken bei der Arbeit, fehlt einfach der direkte Zugang. In der Kunst zerstörst du Dinge, setzt sie neu zusammen und machst sie für einen Moment wieder sichtbar.

1997/1998 ist wieder ein starker Wechsel in Deinem Werk zu beobachten. Es entstehen zum Teil sehr farbenprächtige Bilder. Was führte Dich zu der Entscheidung von schwarz-weiß zu Farbe zu wechseln?

Schwarz-weiß war für mich immer eine Art Verfremdung der farbigen Welt. Ich habe zu der Zeit viele Bühnenbilder gemalt, und dann hatte ich die Idee, alle übrigen Farben zu vermalen. Das ging zwei Jahre lang. Ich hätte eigentlich immer schwarz-weiß weiter malen können. Mich hat gereizt zu machen, was ich nicht kann.

Deine Kombination von Malerei und Zeichnung ist sehr interessant. Kannst Du uns dazu mehr verraten?
Das ist eine Temperamentsache. Ich habe als Zeichner angefangen und ich liebe die Linie, die kann ich nicht leugnen. Deshalb ist in meinen Bildern immer der lineare Aspekt drin. Ich bin kein reiner Maler, das wäre ich vielleicht gerne, aber man möchte immer das sein, was man nicht ist. Es überrascht mich, dass ich in die Farbe rein gewachsen bin. Ich möchte sie nicht mehr missen.


Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass deutlich hervortritt, dass immer der „Mensch“ im Mittelpunkt steht! Inwiefern ist das Dein zentrales Thema?
Landschaftsmaler finde ich ganz toll. Aber da brenne ich nicht so. Für mich sind es die Menschen – Liebe, Mord und Totschlag, das interessiert mich. Ich male eigentlich immer mehr oder weniger dasselbe Bild. So viel verändere ich mich eigentlich gar nicht. Das hat wohl mit meiner eigenen Biografie zu tun. Ich bin ja nicht freiwillig auf diese Welt gekommen. Da kann ein Stuhl mir keine Antwort geben, keine Landschaft, es sind eben die Menschen. Das treibt mich an.

Ab 2002 dominiert wieder mehr der Zeichnungscharakter/ eine reduzierte Farbenwelt, die teils rote, teils blaue Farbelemente aufweist! In gewisser Weise wieder eine Rücknahme oder ist das eine falsche Beobachtung?
Rottöne und Blautöne haben sich daraus ergeben, dass ich mich besinnen wollte. Ich bin auf eine große Leinwand gegangen, auf der man nicht wie bei einer Zeichnung korrigieren kann. Nach diesem ganzen Farbrausch – es war eine Art Zäsur.

Mit welchem Material – Öl, Tusche, Tempera, Kohle – arbeitest Du am liebsten und warum?
Es hängt von der Zeit ab. Manchmal mit Kohle oder Tusche. Mit Acryl arbeite ich nicht so gerne, mit Öl lieber, aber manchmal ist mir das auch zu zäh. In mir gibt es zwei Seiten: die knallharte Reduktion und dieses ständige Wuseln, indem ich immer wieder übermale. Das erfordert dann unterschiedliches Material. Wenn ich weiß, dass ich nicht korrigieren kann, bin ich am stärksten in meinem Ausdruck.

 

Ist Deine Frau Angelika Deine Muse? Hat Sie Einfluss auf Deine künstlerische Herangehensweise, Deine Auseinandersetzung mit Dir und Deinem Schaffensprozess?
Ja. Bis 1996 habe ich gar nichts Verwertbares für Galeristen gemalt. Da hatte ich diese brutale schwarze Phase und dann habe ich plötzlich gemerkt, dass ich das auch anders kann. Meine Frau hat mich aufgebrochen. Wenn Du einen Menschen in Dein Leben lässt, dann verändert dich das. So ist das mit Beziehungen. Angelika hat sehr viel mit meiner Kunst zu tun, ohne dass Sie es merkt. Ich bin mit den Jahren entspannter geworden und mit mir meine Kunst.

Deine neuesten Werke sind Skulpturen von menschlichen Figuren aus Holz, die auf Zeichnungen aus den 90ern zurückgehen. Stellst Du hier das erste Mal eine Verbindung in Deinem Werk her?
Diese kleinen Prototypen sind aus Holz gesägt und auf Betonsockel gesetzt. Ich möchte sie gern in Stahl überlebensgroß umsetzen. In meinen Bildern finde ich immer wieder etwas, was ich herausziehe, was ich vergessen habe und dann neu bearbeite. So wie hier die Figuren, die ich eben vorher schon einmal gemalt habe.

Ach ja, Du gibst ja eine eigene Kunstaktie heraus! Wer kann sie erwerben, was ist die Rendite?
Die Kunstaktie habe ich für Sammler und Freunde entwickelt. Sie hat von vornhinein einen höheren Wert als den Ausgabewert. Jeder nimmt für kleines Geld ein Original mit nach Hause. Das sind Offsetlithos, es gibt mittlerweile verschiedene Motive. Man hat dann nicht nur ein Blatt mit einer Unterschrift, sondern eben einen schönen Druck in der Größe 60 x 50. Die Rendite beträgt 5%, die Laufzeit 5 Jahre. Einmal im Jahr findet die Aktionärsversammlung mit Essen und Trinken bei uns statt. Die Kunstaktie war ein voller Erfolg!  

Michael, vor kurzem hast Du einen runden Geburtstag gefeiert, Du wirkst lebendig und energiegeladen, Du suchst immer wieder neue Herausforderungen, unterstellst Dich ständig einem Wandel. Worauf dürfen wir uns in den nächsten Jahren freuen?
Ich bin eigentlich nie zufrieden. Das Schlimmste ist, einfach stehen zu bleiben. Das kann ich mir als Künstler gar nicht leisten. Ich male um meine Existenz. Das ist mein Leben, das macht mir riesigen Spaß, das treibt mich an! 

 

Michael Koch wird vertreten durch die Berliner Galerie Zellermayer

 

Text: Gastbeitrag

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