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Kultur

Mit dem Känguru in den Klassenkampf

Dienstag, 6. Juni 2017 | Text: Alida Pisu | Bild: Meyer Originals

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Es klingelt und ein Känguru (Jan-Friedrich Schaper) steht vor der Tür. Wie das manchmal so ist: es will einen Eierkuchen machen, ihm fehlt aber das Mehl dazu. Und die Eier. Und eine Schüssel. Das Klingeln reißt nicht ab, selbst der Herd fehlt. Kurzerhand nistet das Känguru sich bei einem namenlosen Kleinkünstler (Manuel Moser) ein, der nicht als Kleinkünstler bezeichnet werden will und über sich sagt: „Ich lebe frei nach der Devise: lieber fünfmal nachgefragt als einmal nachgedacht!“ So beginnt die turbulente Beziehung zwischen Känguru und Kleinkünstler und mit ihr der Klassenkampf. Denn das Känguru, das sich buchstäblich beim Kleinkünstler durchfrisst, gerne an seinen Schnapspralinen nascht und kein Geld zur Hand hat, wenn’s in der Kneipe ans Bezahlen geht, ist Antikapitalist. Und Antirassist. Und will ein Anti-Terror-Netzwerk gründen.

Wer Marc-Uwe Klings Kult-Bestseller „Die Känguru-Chroniken“ (erster Teil seiner Känguru-Trilogie) liebt, der wird auch an der Theaterversion seine helle Freude haben. Das Premieren-Publikum im Comedia-Theater jedenfalls hatte sie. Der Inszenierung gelingt es aber auch, die Komik, den Wortwitz und die himmelschreiende Absurdität mancher Alltäglichkeiten treffend in Szene zu setzen. Wobei sie der Literatur-Vorlage treu bleibt und die Handlung episodenhaft erzählt wird.

Sie spielt sich ab vor einer Regal-Wand, auf dem Boden ein Schlafsack, mal lümmelt sich der Kleinkünstler, mal das Känguru darauf. Wenige Handgriffe nur, die Regalwand wird umgedreht, eine Kneipentheke wird sichtbar und eine neue Figur eingeführt: die schreiend komische Herta (Franco Melis), immer einen forschen Spruch auf den Lippen. Als der Kleinkünstler sich einen Kaffee bestellt, haut sie raus: „Mit einem Eimer Wasser putzt sie das ganze Haus, wenn was über bleibt, macht sie Kaffee draus.“ Wohl bekommt’s!

 

Foto: Meyer Originals

Thekengespräche haben zuweilen unerwartete Ergebnisse. Der Kleinkünstler überwindet eine Schreibblockade und bringt seine Abenteuer mit dem Känguru zu Papier. Sie sind vergnüglich anzusehen, mit subtilem, aber auch derbem Witz und allemal entlarvend. So etwa eine Szene, die mit dem Dialog eingeleitet wird: „Warum kommt denn jetzt die Flughafen-Szene?“ „Weil die Leute die Flughafen-Szene lieben.“ Die Meta-Ebene mit ihren Kommentaren zum Geschehen, mit der Ankündigung der einzelnen Szenen, die das jeweilige Geschehen zusammenfasst (und damit vorab „verrät“), schafft eine wohltuende Distanzierung zu einer Inszenierung, die  begeistert ist und die Komik der Vorlage voll umsetzt.

Das Känguru wird am Flughafen kontrolliert: „Den Beutel aufs Band, bitte.“ „Geht nicht, der ist angewachsen.“ „Der Beutel MUSS aufs Band.“ Klar doch, weil das Känguru nicht aussieht wie Otto Normalverbraucher und deshalb schon verdächtig erscheint. Das ist grotesk, noch grotesker ist jedoch das Lied über die Flugangst des Terroristen mit Panik-Attacken und Versagensängsten. Sicher so nicht gedacht und geplant, wird es dann doch ernst, als das Publikum vor der Pause gefragt wird: „Habt Ihr Angst vor Terroristen?“ Wenn man bedenkt, dass es einen Tag zuvor in Turin beim Public Viewing des Champions League – Finales eine Massenpanik  mit vielen Verletzten gegeben hat, weil jemand „Bombe“ gerufen hat, müsste man sagen: das war die aktuelle Antwort. Da holt eben die Realität manchmal den Witz ein und kassiert ihn. Aber das Stück hält auch das aus.

Das einerseits unterhaltsame, andererseits Vieles in Frage stellende Theater legt den Finger in offene Wunden. Ob es jetzt der Besuch im Jobcenter bei einer Bier trinkenden, gelangweilten Mitarbeiterin ist, von der das Känguru einen Job möchte. Oder der Streit mit einem Fußball-Fan, vor dessen Augen das Känguru ein Mini-Deutschland-Fläggchen verbrennt. Oder der Beamte von der Re-Immigrationsbehörde, der das Känguru abschieben will: da ist der Bezug zur Realität schnell hergestellt.

Eine mehr als gelungene Bühnen-Adaption. Das ist natürlich nicht nur dem Stück zu verdanken, sondern auch den Darstellern. Manuel Moser, der nachdenklich sein kann, aber voll aufdreht, sobald er anfängt zu singen. Das Lied „Scheißverein“ hat das Zeug zum Kulthit, das Publikum tobt, als Herta einen „BVB“ – Schal in die Höhe hält. Über Franco Melis, der nicht nur Herta, sondern auch alle anderen Nebenrollen spielt, ließe sich Vieles sagen. Ein Wort genügt: brilliant!

Jan Friedrich Schaper gibt das Känguru frech und vorlaut und liefert sowohl mit Fäusten als auch mit Worten schlagende Argumente. Ögünc Kardelen, dem Haus durch mehrere Produktionen verbunden, ist spielfreudiger musikalischer Begleiter. Schon in so kleinen Details wie seinen Türöffner-Geräuschen einfach ein Genuß.
Stefan Herrmanns Regie schafft eine temporeiche Inszenierung, die mit Höhepunkten gespickt ist. An Wortwitz, an Situationskomik, an den Liedern, die die Inszenierung mittragen und verstärken.

Das Brot des Künstlers ist der Applaus. Selten wurde ein Ensemble derart mit Beifallsstürmen und Jubel überschüttet und mit einer Standing Ovation geradezu geehrt!??

 

 

„Die Känguru-Chroniken“ von Marc-Uwe Kling

Regie: Stefan Herrmann
Mit: Manuel Moser, Jan-Friedrich Schaper, Franco Melis, Ögünc Kardelen

COMEDIA Theater – Vondelstraße 4-8, 50677 Köln
Die nächsten Termine: 5., 6., 7., 8., 14., 15. Juli 2017
 

Text: Alida Pisu

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