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Eine Südstadt für alle! Gesellschaft

Möchtegern-Grüne und mittelalte Singles: Eine kleine Statistik der Südstadt

Sonntag, 5. Juni 2011 | Text: Doro Hohengarten | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

„Wie sieht’s aus in zehn Jahren?“, fragt User Christoph in unserer Gentrifzierungsdebatte – und macht sich sichtlich Sorgen um die Zukunft unseres Stadtteils. Wenn es so weiter gehe mit dem Veredelungsprozess der Südstadt, wenn die Preise für Wohn- und Arbeitsraum hier weiter steigen, dann werde das gravierende Folgen haben. Welche, dazu stellt Christoph interessante Hypothesen auf:

„1. Immer weniger Familien werden sich die Südstadt leisten können

2. Die bunte Kindermischung wird aus dem Stadtbild nach und nach verschwinden

3. Die wenigen 4-Zimmer-Wohnungen werden an Pärchen vermietet / verkauft, die neben einem Arbeitszimmer ja auch noch ein Gästezimmer brauchen.

4. Pro Wohnung werden demnächst fast 2 Stellplätze / Parkplätze notwendig.

5. Die beruftstätigen Pärchen arbeiten tagsüber und kommen nur zum schlafen, das Stadtleben schläft dabei auch ein.“

Ob es bis 2020 wirklich so weit kommt? Nachdem wir die Immobilienpreise unter die Lupe genommen haben, wurden wir nachdenklich. Die Südstadt wird als Toplage von Jahr zu Jahr teurer gehandelt – daran kann man nicht zweifeln. Lassen sich die Folgen dieser Entwicklung aber in den Einwohnerstatistiken ablesen, deuten sich Christophs skizzierte Trends dort schon an? Wir haben Tabellen durchforstet und kommen zum Fazit: ja, zumindest teilweise!

„1. Immer weniger Familien werden sich die Südstadt leisten können„.

Wie die deutsche Gesellschaft an sich, so wird auch die Südstadt in der Tat seit Jahren immer ärmer an Familien. Ein Index dafür: die Zahl der Bewohner pro Haushalt. Sie sinkt. 1990 waren es 1,6 Personen pro Haushalt, 2010 sind es nur noch 1,4. Weit über die Hälfte aller Haushalte in Neustadt Süd und Altstadt Süd werden inzwischen von nur einer Person bewohnt. Das hat Folgen für die Bevölkerungszahl: Boten die beiden Bezirke 1990 noch 69.010 Menschen Raum zum Wohnen, so gibt es 2010 nur noch Platz für 65.121 – knapp 4000 Menschen weniger. Der Markt wird also immer enger.

„2. Die bunte Kindermischung wird aus dem Stadtbild nach und nach verschwinden“.

Stichwort „bunte Kindermischung“: Wenn Christoph darunter versteht, dass die Kinder aus unterschiedlichen Kulturen kommen: Kein Grund zur Sorge! Tendenziell nimmt die Einwohnerschaft mit Migrationshintergrund in den vergangenen Jahren eher zu: Seit 2005 ist ihr Anteil in den Bezirken Altstadt Süd und Neustadt Süd von 26,56 Prozent auf 27,8 Prozent gestiegen.

Allerdings: Was sich in der Zahl der Personen pro Haushalt schon andeutet, findet im Altersdurchschnitt seinen Ausdruck. Es gibt immer weniger Kinder, dafür wird die Südstadt älter. Waren 1990 noch 11,4 Prozent aller Süd-Alt- und Neustädter unter 18, so sind es heute nur noch 8,9 Prozent. Die größte Gruppe sind und waren die 25- bis 35-Jährigen, dicht gefolgt von den 35 – bis 45-Jährigen.
 
„3. Die wenigen 4-Zimmer-Wohnungen werden an Pärchen vermietet / verkauft, die neben einem Arbeitszimmer ja auch noch ein Gästezimmer brauchen.“

Wie viele 4-Zimmer-Wohnungen es in der Südstadt gibt, darüber hat die Stadt Köln keine Zahlen. Der Zensus 2011 dürfte in diesem Punkt Erkenntnisse bringen – zumindest zählt die Zahl der Zimmer, die Größe der Wohnung und die Zahl der Bewohner zu den abgefragten Daten bei der Volkszählung. Ansonsten: s. Punkt 1

„4. Pro Wohnung werden demnächst fast 2 Stellplätze / Parkplätze notwendig.“

Für die Behauptung, dass pro Wohnung künftig mehr als ein Stellplatz anfällt, gibt es in der städtischen Statistik keinen Beleg – allerdings sind privat angebotene Stellplätze darin auch nicht erfasst. Aus den Bewohnerparkausweis-Statistiken lässt sich jedoch eines klar ablesen: Die Südstadt wird immer motorisierter. Ausgerechnet dort, wo vornehmlich Grün gewählt wird, steigt die Zahl der genehmigten Bewohnerparkausweise in den vergangenen Jahren prägnant an. Im Severinsviertel und in den Parkbezirken Neustadt I und II (Südstadt) wurden 2005 6.681 Parkausweise herausgegeben. 2010 waren es 8.787 – macht eine Zunahme von satten 30 Prozent innerhalb von fünf Jahren! Die Zahl der ausgewiesenen Parkplätze hat in diesem Zeitraum übrigens leicht abgenommen.

„5. Die beruftstätigen Pärchen arbeiten tagsüber und kommen nur zum schlafen, das Stadtleben schläft dabei auch ein.“

Die Zahl der Menschen, die in so genannten „Bedarfsgemeinschaften“ leben (Arbeitslosengeld II-Bezieher), nimmt in der Südstadt ab. 2005 waren hier 5.648 Hartz IV-Empfänger gemeldet, 2009 waren es 4.856. Ebenso ist die Arbeitslosenquote seit 1996 gesunken – von damals gut 16,4% (Altstadt Süd) und 15,7 (Neustadt Süd) auf 13% (Altstadt Süd) und 14% (Neustadt Süd) 2009. Ob das allerdings im Umkehrschluss bedeutet, dass es immer mehr berufstätige Pärchen gibt, die nicht ausgehen? Und dass diese wiederum erschöpfte Stubenhocker sind, daran gibt es erhebliche Zweifel – nutzen nicht gerade die Berufstätigen nach Feierabend die Lokale der Südstadt und beleben das Straßenleben?

Über das Durchschnittseinkommen der Südstädter gibt es übrigens keine gesicherten Erkenntnisse: Ist der Durchschnittssüdstädter ein Besserverdiener, oder muss er nur einen höheren Anteil seines Durchschnittseinkommen ins Wohnen stecken?

Noch eine interessante Entwicklung lässt sich aus der städtischen Statistik herausfischen: Die Südstadt ist ein Gebiet großer Bewegung. Im Verhältnis zum Kölner Durchschnitt wird hier viel um- und weggezogen. Die meisten Menschen, die her ziehen, kommen dabei aus völlig anderen Städten und Gemeinden. Beispiel Neustadt Süd: 2010 zogen dort 3.549 Total-„Imis“ hin, während 2.531 aus anderen Stadtteilen kamen. Wenn Südstädter wegziehen, dann ziehen die meisten in Köln um: 3.096 wechselten 2010 in einen anderen Stadtteil, 2.657 verließen mit der Südstadt gleich ganz Köln.

Infos zum Nachlesen und Weiterforschen:

Analysen und Berichte des Amts für Statistik und Stadtentwicklung

Strukturdaten nach Stadtteilen ab 2005

Die statistischen Jahrbücher der Stadt Köln im Web

Weitere Artikel aus der Reihe „Eine Südstadt für alle!“

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Text: Doro Hohengarten

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