Positiv verrückt! Mit Demenz leben – Ausstellung und Auktion bei Sotheby’s
Mittwoch, 4. Oktober 2023 | Text: Jeannette Fentroß | Bild: Jeannette Fentroß
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
In Deutschland sind nach neuesten Erkenntnissen 1,8 Millionen Menschen von Demenz betroffen. Hinzu kommt eine hohe Dunkelziffer. Wer mit Demenzerkrankten zusammenlebt, erlebt hautnah, wie eine geliebte Person nach und nach verschwindet.
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BagatelleMeist übernehmen Angehörige einen großen Teil der Pflege. Sie gehen damit oft bis zur eigenen Überforderung und an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Hinter jedem dementen Menschen stehen Untersuchungen zufolge mindestens drei andere Menschen – und auch genau diese Gruppe von etwa 6 bis 8 Millionen Betroffenen braucht Beistand. Desideria Care e.V. ist ein Verein, der sich aktiv für Demenz-belastete Familien einsetzt. Mit Coachings und Seminaren und kulturellen Angeboten schafft der Münchner Verein Zuversicht und Akzeptanz für die Krankheit und hilft pflegenden Familienmitgliedern oder Nachbarn der Erkrankten.
Mehr Bewusstsein schaffen – Demenz geht uns alle an
In der häuslichen Pflege halten meist die Angehörige alles zusammen. „Keiner soll sich wegen einer Erkrankung schämen“, sagt Desideria Care-Gründerin Désirée von Bohlen und Halbach. Im Verlauf einer ehrenamtlichen Arbeit lernte sie demenzerkrankte Menschen kennen und wurde mit der Situation der Angehörigen konfrontiert. „Die medizinische Forschung konzentriert ja sich auf die Erkrankung, die Angehörigen stehen oft ein wenig im Schatten“, so von Bohlen und Halbach. Aus der eigenen Betroffenheit kommen ihr persönliche Engagement und die Idee, die Krankheit aus der Tabuzone zu holen. Und eben eine emotionale Begleitung und Beratung der Angehörigen anzubieten. Zusammen mit einem fachlichen Beirat aus Psychologen, Therapeuten, Pädagogen, Fachärzten und Gesundheitswissenschaftlern hat sie deshalb 2017 Desideria Care ins Leben gerufen. Vorbild war die Stiftung Silviahemmet, die Désirée von Bohlen und Halbachs Tante, Königin Silvia von Schweden, vor mehr als 30 Jahren gründete. Als nämlich ihre Mutter an Demenz erkrankte. Der Bedarf an Unterstützung im Alltag der von Demenz betroffenen Familien steigt stetig. Demenz ist kein Schreckgespenst, sondern vielfach einfach Teil des Alterns.
Kunst kaufen und Gutes tun bei der Benefiz-Kunstauktion
Um die Arbeit und Angebote des Vereins weiter ausbauen zu können, steigt am 5. Oktober 2023 mit Unterstützung des Rotary Clubs eine der größten internationalen Charity-Auktion bei Sotheby’s Köln, am Rande der Südstadt. Für die Auswahl der Kunstwerke besuchte der Kurator Michael Schmitt-Ott 120 Künstler in Europa in ihren Ateliers. Er war dazu in 46 Städten in 14 Ländern und insgesamt auf 25.000 Kilometern unterwegs. Auch Künstler von anderen Kontinenten sind mit dabei, die konnte er allerdings nicht persönlich treffen. Insgesamt zeigt die Schau 208 Arbeiten aus 53 Nationen – von Australien bis Zimbabwe. Alle Kunstschaffenden stifteten ihre Kunst, um zu zeigen, wie sehr das Thema Demenz bewegt und wie viele Menschen direkt oder indirekt betroffen sind. Der Künstler Martin Tandy aus Wien freut sich, „wenn andere mein Bild ersteigern und ich damit etwas bewirke, um das Leben von Betroffenen und deren Angehörigen zu verbessern“.
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Klemmer-Roth: Bestattungen und Trauerbegleitung in der SüdstadtIn einzelne Teile zerspringen
Die Auswahl kann sich sehen lassen: Einige der Kunstwerke scheinen sich bewusst oder instinktiv mit Demenz auseinanderzusetzen. Das Thema ist sehr präsent und daher mehrfach in Motiven und Gestaltung wiederzufinden. Da sind zum Beispiel das Öl- und Acrylgemälde „In Between“ von János Huszti aus Ungarn, in dem ein Gesicht in seine einzelnen Teile zu zerspringen scheint. Oder das Acrylbild des Amerikaners Bryan Robertsons „Mountain Man“, das anstelle von Kopf und Gesicht einen verwachsenen Berg zeigt.
Andere Arbeiten wiederum wirken gänzlich unbeschwert, wie das Mickey Mouse Porträt in Mischtechnik „LookBack LXII“ des Bielefelders Heiner Meier. Ein Highlight und das Titelbild der Ausstellung ist die Fotocollage von Volker Hermes: der Düsseldorfer bearbeitet historische Gemälde per Photoshop und verändert die Gesichter und den Blick. In „Hidden Rotari“ kombiniert er ein Rokoko-Porträt aus dem 18. Jahrhundert mit einer Maske, die an ein Muster á la Piet Mondrian aus der klassischen Moderne erinnert. „Verhülltsein bedeutet, mal ist etwas da und dann ist es weg“, sagt der Künstler. Mit diesem Wechselspiel der Gefühle will er zum Nachdenken über die Kunst anregen. Er steht der Demenz-Thematik offen gegenüber und ist im persönlichen Umfeld selbst betroffen.
Fazit: Unbedingt sehenswert!
Ausstellung: 28. September bis 4. Oktober 2023 (an Feiertagen geschlossen), Öffnungszeiten: Mo bis FR von 10 bis 17 Uhr, Sa und So von 12 bis 16 Uhr.
Der Eintritt ist kostenfrei.
Die Auktion bei Sotheby’s im Palais Oppenheim am Gustav-Heinemann-Ufer 136–138 startet am 5. Oktober um 17 Uhr (Einlass ab 15:30 Uhr).
Gebote sind Live vor Ort, online, telefonisch oder in einer WhatsApp-Gruppe möglich. Eine Anmeldung ist vorab erforderlich. Der Erlös geht komplett an Desideria Care e.V.
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