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Kultur

„Seid froh dieweil“

Donnerstag, 15. Dezember 2011 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Jörg-Christian Schillmöller

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Stille. 500 Menschen, mucksmäuschenstill. Ist das Stück zuende oder nicht? Fragende Blicke. Dann plötzlich erklingt von draußen ein Martinshorn. Alle beginnen zu lachen, es folgt Applaus: Das Stück ist zuende. So kann das gehen mit Neuer Musik – wenn also nicht einfach das Weihnachtsoratorium gespielt wird, sondern zwischen der ersten, zweiten und dritten Kantate jeweils ein zeitgenössisches Orgelwerk aufgeführt wird, aus der Feder des Komponisten Martin Herchenröder, der an diesem Adventstag selbst in der Trinitatiskirche anwesend ist.

Vor dem Konzert spreche ich mit Sophia Herber, sie ist Geschäftsführerin des „Collegium Musicum“, dessen Chor und Orchester gleich spielen. „Das wird ein ungewöhnliches Konzert“, sagt sie, während sie Eintrittskarten kontrolliert und Zuhörer begrüßt. „Eigentlich sollte heute statt der zweiten Kantate eine Uraufführung von Martin Herchenröder erklingen, aber das Stück ist nicht mehr fertig geworden, da verschieben wir das auf kommendes Jahr.“ Stattdessen drei Stücke von Herchenröder, die schon fertig sind – in Kombination mit dem Weihnachtsoratorium von Bach, Kantate 1-3. „Wir wollen den Leuten das Erleben von etwas Neuem ein bisschen angenehmer machen“, sagt Sophia Herber. „Viele haben eine gewisse Scheu, eine Hemmschwelle, wenn es um Musik von heute geht – auch wenn das unberechtigt ist.“

Das „Collegium Musicum“ hat sieben eigene Ensembles, geht als Institution auf das 16. Jahrhundert zurück und war damals laut Wikipedia ein privater Verband von Musikliebhabern. Heute wird das Kölner Collegium mit Landesmitteln und durch den Verein „Universitätskonzerte e.V.“ sowie durch Spenden finanziert. Die Musiker sind – bis auf die Solisten – alles Laien: Studierende, Professoren, Angestellte aus der Verwaltung, Alumni. Auch Externe können mitmachen, müssen aber vorsingen bzw. vorspielen.

Dann wird es feierlich: Das Weihnachtsoratorium beginnt. Und in den Gesichtern der Sängerinnen und Sänger des Chores (das Orchester sieht man leider nicht) steht sie geschrieben, die Freude, dass es endlich los geht. Stark ist der Chor in den Klassikern des Oratoriums: Ach mein herzliebes Jesulein (die Melodie kennt jeder: es ist „Vom Himmel hoch“), Brich an, o schönes Morgenlicht, Wir singen dir in deinem Heer: das sind Gänsehautmomente in der Trinitatiskirche. Seid froh dieweil: Der Titel des Chors aus der dritten Kantate steht für den Abend.

Die Solisten sind unterschiedlich gut: Herausragend in Stimme und Ausstrahlung ist die Altistin Anne-Carolyn Schlüter. Sie ist ständig mit den Augen im Dialog mit dem Publikum, und ihr Gesicht durchlebt alle Emotionen: Strahlende Freude, stille Ruhe, feierliches Pathos. Ihre Stimme scheint über den Zuhörern zu schweben, und an einem einzigen Buchstaben (dem „a“) durchsingt sie alle Möglichkeiten des Gesangs: „Schlafe mein Liebster“: Dieses „a“ in „Schlafe“ beginnt still und klar, gewinnt an Volumen, an Kraft, erhebt sich und geht über in ein kraftvolles Vibrato: Das alles in einem Buchstaben, toll.

Die Sopranistin Cecilia Acs singt ebenfalls klar und stark, kann aber in der Ausstrahlung nicht so überzeugen wie die Altistin. Bleiben Tenor und Bass, Ansgar Eimann und Fabian Hemmelmann: Ersterer hat trotz einer soliden Leistung nicht seinen besten Tag erwischt, letzterer singt sehr ordentlich, vor allem in den tieferen Lagen, vermag aber nicht die Herzen zu berühren – so wie das immer wieder dem Chor gelingt, dessen Singfreude in jedem Ton zu spüren ist: Hier springt der Funke über. Auch das Orchester ist klasse, wenn auch mit einem kleinem Makel: Bei der „Sinfonia“ zu Beginn der zweiten Kantate klingen die Bläser leider etwas schief. Umso überzeugender die Streicher (vor allem Cello und Bass, die ein sicheres, tragfähiges Fundament für die Musik liefern). Kompliment an den Dirigenten Michael Ostrzyga: Er schafft es, sein Laien-Ensemble zu unerwarteten Höhen zu führen – was sich, wie gesagt, vor allem an den strahlenden Gesichtern seiner Sängerinnen und Sänger ablesen lässt.

Zwischen den Kantaten: die drei Orgelstücke von Martin Herchenröder. Das erste: Ein Fanal, ein wuchtiger Akkord in C-Dur, der dann von anderen Klängen durchsetzt wird, der lauter wird, sich auflöst und von sehr, sehr schnellen Läufen abgelöst wird: Der Organist, Thomas Noll aus Berlin, holt alles aus der Orgel heraus. Es ist viel Bewegung in dem Stück „Fantasie“, geradezu aufrüttelnd, fragmentarisch, fragend, dann wieder spielerisch leicht, unbekümmert, bis hin zu einem letzten, einzelnen, freistehenden Ton, und: aus. Das „Trio“, das folgt, beginnt mit einem hellen Ton, der klingt wie ein Test-Signal, wie Funkverkehr, gepaart dann mit einem Pfeifen, mit Anklängen an Drehorgelmusik. Der Klang schillert und spiegelt, und dann ganz plötzlich: nichts mehr (und es folgen die Stille, das Martinshorn, das Lachen, der Applaus). Fazit: Herchenröders Musik lässt niemanden gleichgültig, sie gibt und fordert, und sie ist nicht leicht zu hören für den Bach-Freund.

Fazit: Ein sehr bewegender, schöner, runder Adventsabend war das mit dem Collegium Musicum. Am Ende gab es reichlich Applaus, und wir warten mit Spannung auf das kommende Jahr, wenn Martin Herchenröders Uraufführung dann tatsächlich zur Aufführung kommt.

 

 

Noch mehr Weihnachtsoratorium und Weihnachtskonzerte klassische Musik finden Sie in der Trinitatiskirche und in der Philarmonie am 18., 22. und 25.12.2011

 

Text: Jörg-Christian Schillmöller

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