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Kultur

SO einer!

Dienstag, 23. Februar 2016 | Text: Alida Pisu | Bild: Meyer Originals

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Es scheint so eindeutig zu sein: ein Mann, der sich gerne parfümiert, der Mozart hört und auf die Fragen: „Bist du eigentlich verheiratet?“, „Bist du verlobt?“, „Dann bist du also Single?“, nur eine Antwort kennt, nämlich ein: „Nein.“, der kann nur schwul sein. Igitt, das geht ja gar nicht!

Um Identität, Vorurteile und Toleranz dreht sich das witzige Kinderstück „Ein Känguru wie Du“, das in der Comedia seine Premiere feierte. Das Stück spielt in der Zirkuswelt, sein Personal besteht aus dem vermeintlich schwulen Tiertrainer, der mit seinem schwarzen Panther Lucky und dem weißen Tiger Pascha am großen Zirkuswettbewerb der Prinzessin teilnehmen und den goldenen Pokal gewinnen will. Der ein wenig dümmliche Pascha ergänzt sich prima mit dem cleveren Lucky. Beide wollen unbedingt ans Meer, sehnen sich nach einer richtigen Familie und ernähren sich ausschließlich von Pizza, Lucky ist sogar Vegetarier. Diese Raubkatzen sind wahre Weicheier und erst durch die Begegnung mit einem boxenden Känguru lernen sie, ihre Krallen zu zeigen und erwachsen zu werden.

Aber zunächst einmal nehmen sie Reißaus, als sie ihren Trainer verdächtigen, schwul zu sein. Was das überhaupt ist, schwul, will Pascha wissen. „Es gibt auch Männchen, die sich für Männchen interessieren!“ „Ich bin doch erst 16 Monate!“ Schnell einigen sie sich auf: „Soll die blöde Schwuchtel doch selber durch einen Reifen springen!“ Denn mit SO einem wollen sie nichts zu tun haben. Und auf das Training haben sie auch keine Lust mehr, immer dasselbe: Sitz, Platz, Männchen machen. Eine Nummer, wie man sie schon x-fach gesehen hat und mit der sie alles können, nur nicht gewinnen. Aber das wissen Tierkinder natürlich nicht…

Nachdem ihr Ausflug ans Meer ziemlich in die Hose gegangen ist, begegnen sie einem absolut coolen Typen: dem boxenden Känguru Django. Sie sind begeistert von ihm, er ist begeistert von ihnen, als sie ihm ihre Raubtiernummer zeigen und macht gleich mit. Und dann outet er sich als schwul. Was nun? Wieder nur eine Schwuchtel in ihm sehen? Nein, das geht nicht mehr. Weil sie ihn mögen und weil sie Freundschaft mit ihm schließen wollen. Echte Fründe ston zesamme, diese Devise gilt nicht nur für Köln, sie gilt auch in der Tierwelt. Dann doch lieber zwei Schwule miteinander verkuppeln, obwohl: „Schwule können nie heiraten und Kinder kriegen!“ „Doch, das ist noch verhältnismäßig neu. Ich könnte ein kleines Känguru adoptieren, das seiner Mutter aus dem Beutel gefallen ist.“

Django hat Entertainer-Qualitäten und mit ihm können sie alle den Pokal gewinnen und Karriere machen. Das erkennt der Trainer sofort. Aber was: Django ist schwul? Und er selbst soll auch schwul sein? Nein, er ist es mitnichten und er hasst Schwule: „So was wie du gehört ins Gefängnis.“ Schneller als gedacht, ist Django wieder raus befördert, sein Traum, nicht mehr allein sein zu müssen, ist zerplatzt. Und auch der Traum von Lucky und Pascha, eine Familie zu haben, ist den Bach runter. Aber, keine Bange, das ist noch nicht das Ende vom Lied. Denn dieser homophobe Kerl, ein Irgendwas zwischen bemitleidenswerter Heulsuse und schlimmstem Stammtischparolen Schreier, patzt beim Auftritt vor der Prinzessin. Und wäre nicht das Känguru, das den Auftritt rettet, er könnte nicht zum guten Schluss den goldenen Pokal in der Hand halten.

Ein witziges und intelligentes Stück in einer schwungvollen Inszenierung, die an herrlichen Musikeinlagen nicht sparte, die Tempo und viele gute Einfälle bot. Wunderschön etwa die Szene, in der Lucky und Pascha ihrem Trainer einen Brief schreiben, was heißt schreiben, sie malen Symbole auf eine Tafel und oh Wunder, der Trainer kann sie lesen! Oder ihr Outfit: sie stecken alle unterschiedslos in Trainingskleidung, soll heißen: es gibt keine Unterschiede zwischen Menschen, pardon Tieren, egal, ob schwul oder nicht.  

Und all die Klischees und Vorurteile, die uns durch die Köpfe spuken, sie werden humorvoll auf den Kopf gestellt: der schwule Django kommt weitaus männlicher daher als die beiden „Miezekatzen“, die Prinzessin ist nicht jung und schön, sondern eine alte Frau, im Kopf und im Herzen aber jung geblieben. Und sie ist überhaupt nicht irritiert über das schwule Känguru. Selbst in Adelskreisen hat der Zeitgeist also Einzug gehalten. Und das ist auch gut so.

Das junge Publikum folgte der Aufführung mit Begeisterung und dankte dem spielfreudigen Ensemble mit donnerndem Applaus, Bravo-Rufen und nicht enden wollendem Trampeln mit den Füßen. SO sind sie, die Kids.

 

„Ein Känguru wie Du“ von Ulrich Hub für Kinder ab 6 Jahren.
Mit: Peter S. Herff (Pascha), Manuel Moser (Django), Klaus Prangenberg (Trainer), Alexander Stirnberg (Lucky)
Regie: Rüdiger Pape, Bühne: Flavia Schwedler, Kostüme: Eva Horstmann, Musik: Raimund Groß, Dramaturgie: Maren van Severen

Weitere Termine: 28., 29., Februar, 1., 2., März, 17., 19., 20. April 2016
Comedia Theater, Vondelstraße 4-8, 50677 Köln
 

Text: Alida Pisu

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