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Gesellschaft Kultur

Tagebuch eines Brasilianers im Süden – Teil 7

Freitag, 23. Juli 2010 | Text: Gastbeitrag | Bild: Ernesto Solis

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Eine der größten Touristenattraktionen in Botafogo, wo ich in Rio de Janeiro wohne, ist es, vor den mörderischen Omnibussen zu entfliehen. Sich in diesen Fahrzeugen zu bewegen, ist schon ein Extremsport. Man muss sich ständig im Gleichgewicht halten wie ein Ambos, wenn man von seinem Sitzplatz zur Tür möchte. Zeitgleich versucht der Fahrer, so viele Menschen wie möglich auf der Straße zu überfahren. Das ist ein wahrich ein echter Thrill.

Als Kompensation dazu geschieht in Köln das Gegenteil. Du kannst ohne Bedenken in diesen Bussen und Straßenbahnen fahren, sie sind sogar beinahe schön anzuschauen, diese roten Züge mit ihren großen Fenstern und den ruhigen Menschen. Meine Freundin, die Tänzerin, die mich beinahe mit einem Schlag ins Gesicht niedergestreckt hätte, sagte mir, dass sie es liebt, sich in eine Straßenbahn zu setzen, um Gedichte zu schreiben, während sie von einer zur anderen Seite der Stadt gebracht wird. Ich mache eigentlich nichts anderes, nähere mich ungesehen den Fräuleins in der Straßenbahn, auf der Straße, überall. Liebe, die nur wenige Minuten dauert und mich am Boden zerstört, da sie aufhört, bevor sie richtig angefangen hat. Wie viele wunderbare unerfüllte Liebschaften! Das ist zu traurig!

 

 

In Rio nähere ich mich ebenso den Fräuleins in den Omnibussen, aber dort muss man sich konzentrieren, um am Leben zu bleiben. Vor ungefähr zwei Jahren war ich gerade in eine junge Frau in einem Omnibus verliebt, als ein Räuber, mit einem Revolver bewaffnet, in den Bus einstieg und eine allgemeine Panik auslöste. Ich verstehe ja, dass alle irgendwie Geld verdienen müssen, aber in diesem Fall gelangte einige Wochen vorher ein Überfall zu zweifelhaften Ruhm, als eine junge Frau erschossen wurde. Wir alle in Rio hatten noch die sensationslüsternen Bilder der TV-Übertragungen in unseren Köpfen, als dieser Typ in den Omnibus stieg. Wahrscheinlich wollte er genau das ausnutzen. Am Ende haute er mit ein wenig Wechselgeld ab und ließ uns terrorisiert zurück.

Eine andere absolut fantastische Sache ist, dass du nicht bezahlen musst, um in die Straßenbahn ein- oder auszusteigen. Mich verwirrt das immer noch. Selbstverständlich muss man bezahlen, aber niemand zwingt dich dazu! Es kann sein, dass sie kommen, um dich zu kontrollieren, aber der Staat vertraut erstmal auf deine Ehrlichkeit. Ehrlich, Gott bewahre! Ich halte das immer noch für „Science Fiction“. In Brasilien muss man eine Drehtür aus Metall durchqueren, in der sich ein Typ befindet, der taxiert, ob dir die Ehre gebührt, mitzureisen. Und wenn er seine „Autorität“ gebrauchen könnte, um dir eins auszuwischen, hätte er große Freude daran. Andere wiederum sind sehr freundlich – es ist eine Form des brasilianischen Glücksspiels, wie alles im Leben.

Ich habe eine andere Bekannte in Köln, die mir erzählt hat, dass sie noch nie bezahlt hat. Sollte sie mal erwischt werden, wäre das immer noch weniger als ständig zu bezahlen. Ich habe mich noch nicht dazu durchringen können, ob ich nun bezahle oder nicht, aber bis ich mich entschieden habe, zahle ich, mehr aus Angst als aus irgendeinem anderen Grund. Ich will einfach nicht die Erfahrung machen, in Deutschland in ein Gefängnis zu kommen und abgeschoben zu werden, oder noch besser eine Gefängnisstrafe in einem deutschen Gefängnis absitzen, ohne die Sprache zu sprechen. Ich wüsste ja nicht einmal, wie ich nach der Toilette fragen sollte, und das ist fürchterlich in einem Gefängnis.

Aber auch in Rio sind nicht alle Omnibusgeschichten tragisch. Eine von diesen war zumindest ziemlich witzig. Ich fuhr gerade zum Busbahnhof, als der Bus durch eine kleine Favela (Slum) fuhr, stoppte, der Busfahrer ausstieg, sich wegen einer XXX- verlor und uns alle warten ließ. Manchmal halten die Busfahrer an einer Bar um eine Cola zu trinken, es ist ja so schrecklich heiß, aber dieses Mal ist er wegen einer XXX verschwunden. Im Bus breitete sich der unverkennbare Geruch von Dope aus. Ein Typ beugte sich aus dem Fenster und sah zwei andere auf der Straße, genau hinter dem Bus einen Joint rauchen. Er kannte da gar nichts und bat die beiden um einen Zug. Ein anderer Typ im Bus wollte auch mal ziehen, und dann noch einer, und noch einer. Die beiden draußen reklamierten, aber keine Chance, der Joint kam erst zurück,  als er am Ende war. Nach einer langen Weile kam der Busfahrer  zurück, sagte kein Wort der Entschuldigung, startete den Motor, und es ging weiter….

 

Ernesto Solis

 

 

Lesen Sie auch die andere Folgen von „Ein Brasilianer im Süden“

 

Teil 1/ Teil 2 / Teil 3/ Teil 4/ Teil 5/ Teil 6/ Teil 8

 

Interview mit Ernesto Solis lesen Sie hier.

Text: Gastbeitrag

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