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Gesellschaft Kultur

Achtung, die Aliens kommen! Auf eine Apfelschorle mit Roland Schmitz

Mittwoch, 8. Juni 2011 | Text: Doro Hohengarten | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Gestern Abend, 20 Uhr, am Platz mit dem inoffiziellen Namen „Ohmplatz“. Die Überwachungskamera der Cafébar „Tiberius“ und ich haben einen ein Meter neunzig großen Mann im Visier. Dunkle Haare, asymmetrischer Haarschnitt, weißes Hemd überm T-Shirt. Roland Schmitz sitzt am Terrassentisch vor einem Töpfchen mit Kunstgrashalmen. Seine Augen sind erschöpft. Für ein Architekturbüro hat er den ganzen Tag lang an einem Modell gebaut: Düsseldorf, Maßstab 1:1000. Es ist der Job neben seinem eigentlichen Leben, der Bildhauerei. Morgen endet im Kunstraum Ampersand die Ausstellung „Un jour très ordinaire“ – Roland Schmitz stellt dort mit Lukas Glinkowski (Malerei) seine Skulpturen aus. Einige sind verwirrend spektakulär. Wie die drei Staubsauger über dem Flokatiteppich…

 

Meine Südstadt: Also bitte nun raus mit der Sprache: Wie schweben diese Staubsauger?
Roland Schmitz: Es ist alles eine Frage der Enthüllung und der Statik… Mir machen die fliegenden Staubsauger besonders Spaß – mit ihnen ist es mir in nur wenigen Tagen gelungen, ein großes Objekt zu machen, das beeindruckt. Gleichzeitig sind sie ein Schritt zu weiteren Arbeiten: Als nächstes werden Raumschiffe kommen, die in einer ähnlichen Art schweben, die aber ihre Besonderheit darin haben, dass sie aus Küchenmaterialien wie Töpfen hergestellt werden. So funktioniert das bei mir: Manchmal entstehen meine Arbeiten über das Experimentieren mit Materialien, manchmal über die Idee. Und dazwischen brauche ich Ruhephasen in so schönen Etablissements wie diesem hier.

 

Was magst du am „Tiberius“?

Es ist in meiner Straße, und ich habe vor 12 Jahren beschlossen, die Kaffeemaschine abzuschaffen und nur noch draußen Kaffee trinken zu gehen.
 
Warum das denn?
Ich gehe einfach gerne raus. Das ist ein Akt, mit dem ich schon den Tag beginne: Erstmal Schokocroissants holen beim Hüttenbäcker. Dann sitze ich glücklich auf der Terrasse beim Kaffee, es kommen ein paar Leute vorbei, von morgens um neun bis abends um acht hat man Sonne –  das ist herrlich! Die Preise sind angenehm, und es hat ein südländisches Flair, mit den Italienern, die auf der Ecke am Schwaden sind.
 
Hast du dich bewusst fürs Wohnen in der Südstadt entschieden?
Irgendwann nach dem Zivildienst bin ich hier in eine WG eingezogen, als Untermieter im Vollchaos bei einem Althippie. Ich habe es geschafft, mich über die Jahre zum Hauptmieter hochzuarbeiten. Nach und nach hab ich den Hippiekram rausgeschmissen und mit meinen eigenen Sammelobjekten gefüllt.
 
Roland Schmitz, Sperrmüll: Materialsuche für Skulpturen
 
Fördert die Südstadt deine Kreativität?
Auf jeden Fall. Weil man hier Ruhe findet. Ich brauche nicht immer nur Eindrücke – die hol ich mir in Paris oder Barcelona oder sonst wo. Arbeiten kann ich in Ehrenfeld, dort hab ich ein bezahlbares Atelier gefunden. Aber ich brauche meinen Ruhepol, mein Plätzchen, an dem ich mich zuhause fühle wie in einem Dorf. Das ist die Südstadt.
 
Unter deinen Arbeiten sind mir die „Zombies“ aufgefallen – Skelettskulpturen mit farbverschmierten, klaffenden Gebissen, die aussehen, als hätten sie sich gerade ein ganzes Atelier mitsamt Künstler einverleibt. Die Kunstszene, bestehend aus kunstfressenden Untoten ohne Ideen-Eigenleben. Beißt der Künstler Schmitz da etwa die Sammler-Hand, die ihn füttert?
Genau das liebe ich – in der Kunst wie in der Galeriearbeit. Man ist ja nun mal dazu verdammt, mit Galerien ins Verhandeln zu kommen – und manchmal macht das sogar richtig Spaß, wenn man es zum Beispiel schafft, jemandem ein Objekt in die Wohnung zu verkaufen, das genau auf diese Art von Menschen abzielt. Wenn es also gelingt, eine Persiflage auf den Sammler an den Sammler selbst zu verkaufen.

„Kölner Hirsch“, Porzellan in Latex, 2009
 
Sind die Leute, die deine Kunst kaufen, masochistisch? Sind sie zu Selbstironie fähig, oder bemerken sie deine Anspielungen gar nicht?
Es gibt die, die den Witz durchaus verstehen. Aber sicher auch einige, die etwas ganz Anderes in meiner Arbeit sehen…
 
Du bist ja auch gewissermaßen ziemlich gegenständlich und direkt in deinen Arbeiten.
Ich wechsle zwischen völlig gegenständlich und extrem abstrakt hin und her. Man kann die Arbeiten nicht über einen Kamm scheren.
 
Das nicht, aber einen roten Faden sehe ich schon: Deine Skulpturen zeichnet ein bissiger Witz aus. Man steht davor, auf den ersten Blick sind sie etwas anderes als auf den zweiten, dritten, vierten. Sie hinterlassen sofort einem gewissen Eindruck, und dann bewirken sie zumindest bei mir ein bitterböses Schmunzeln, wenn man die zweite Ebene erkennt. Zum Beispiel das „Kreuz Duisburg Nord“- ein Kruzifix aus purem Silber, das ein Autobahnkreuz darstellt.
„Duisburg Nord“, Bronze, 2008.
 
Dass mich Autobahnkreuze faszinieren, muss wohl von meiner Arbeit herrühren – ich bin ja von meinem Werdegang her Architekt. Für ein Hotel habe ich bereits ein Autobahnkreuz als Skulptur gemacht und dann die Idee zum Kruzifix weiterentwickelt. Gerade bei diesem Objekt sehen die Leute erstmal entweder nur das Kruzifix oder das Autobahnkreuz, aber nicht beides sofort. Meist steht das Geistliche-Pompöse durch das hochpolierte Silber im Vordergrund – aber dann offenbart es sich als etwas völlig Banales. Damit spiele ich wirklich gerne: Etwas pompös aussehen zu lassen. Wie die Kunstwelt eben gerne auch aufs Pompöse reinfällt.
 
Ähnlich verhält es sich mit deinen „Latex Club“-Figuren. Unschuldige Porzellanhirsche, -bären, -knaben bekommen von dir maßgeschneiderte Latex-Anzüge verpasst. Das Hinterteil bleibt unverhüllt.
Die Idee dazu entstand bei einer Ausstellung, bei der Künstler aufgerufen waren, eine künstlerischen Blick auf Köln zu werfen. Ich habe damals Porzellanpferden vom Flohmarkt Latexanzüge angepasst – inspiriert durch die Gegebenheiten im Heumarktviertel. Dort gucken Omas aus den Fenstern, die Arme auf Kissen gebettet, schauen sich die Gegend an, und draußen laufen Jungs herum mit arschfreien Lederhosen. Die Omis stört es nicht – sie freuen sich, dass die Jungs so viel Spaß haben. In anderen Gegenden würde man die Gardine zuziehen und wegschauen – aber in Köln ist jeder Jeck anders, und das passt schon. Übrigens auch in der Südstadt: Dort hat ein Dominastudio eröffnet, zur Einweihung wurden alle Nachbarn eingeladen und alle sagten: ist ja toll hier! Und das im Lehrerlieblingsviertel in der Mainzer Straße.
 
Du bist Autodidakt. In den vergangenen Jahren hast du dir etwa das Arbeiten mit Bronze selbst beigebracht. Lässt du dir ungerne was von anderen sagen?
Das ist in gewisser Weise typisch für mich. Ich habe mir schon in der Schule Sprachen und handwerkliche Dinge selbst angeeignet. Wenn man sich selbst etwas beibringt, dann braucht man vielleicht länger, bis man etwas kann, aber man begreift mehr und kommt auf neue Ideen. Es ist eine Spezialität meiner Arbeit, dass ich immer neue Methoden entwickle – z.B. wie man an die Form für den Bronzeguss kommt oder wie man eine Acrylplatte so verformen kann, wie das bisher in der Kunstgeschichte noch nicht möglich war.
 
Woran arbeitest du gerade?
Neben den Raumschiffen und Space-Orbiter-Stationen aus verschiedensten Edelstahl-Utensilien entwickle ich transparente Objekte mit farbigen Innereien, die noch ein offenes Ende haben.
 
Raumschiffe, Space Orbiter – ich hoffe, du glaubst nicht an Aliens!
Ich glaube, es wird bald eine Invasion von Außerirdischen in sämtliche Galerien geben. Sie werden alles mitnehmen.
 
Hoffentlich lassen sie noch die eine oder andere Schmitz-Skulptur für uns Menschen da. Vielen Dank für das Gespräch!
 
 
Roland Schmitz’ Skulpturen sind noch bis Donnerstagabend im Kunstraum ampersand, Venloer Straße 24 (Belgisches Viertel) zu sehen. Die Finissage beginnt dort morgen um 18 Uhr. Als nächstes stellt Roland Schmitz ab 1. Juli im Galerie Kunstraum Essen aus.
 
Und hier geht’s zur Homepage von Roland Schmitz.

 

Text: Doro Hohengarten

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