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Gesellschaft Umwelt

Auf eine Bio-Apfelschorle mit Christa Müller

Montag, 27. August 2012 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Es ist Vormittag bei NeuLand auf der Brache an der Alteburger Straße. Um uns herum läuft das Sommercamp der Gemeinschaftsgärtner, und Dr. Christa Müller ist eine treibende Kraft: Sie ist geschäftsführende Gesellschafterin bei einem der Veranstalter, der Stiftungsgemeinschaft „anstiftung&ertomis“. Das Ziel: die Erforschung und Förderung nachhaltiger Lebensstile – dazu gehört auch die urbane Landwirtschaft. Wir sitzen auf Bierbänken, das Wetter ist durchwachsen.

Meine Südstadt: Frau Müller, was haben Sie heute gefrühstückt?
Dr. Christa Müller: „Ich habe im schönen Hotel Hopper gefrühstückt, und das war frappierend. Da wird viel Wert auf Design und Ästhetik gelegt, man frühstückt in einer ehemaligen Klosterkapelle, aber zu essen gibt es Käfigeier. Ich habe nachgefragt: ,Nein, keine Bioeier, normale Eier‘, sagten sie. Genau darum mag ich Orte wie NeuLand so gern, weil hier das Saisonale und das Regionale wertgeschätzt wird.“

Sind all diese Orte, diese urbanen Gärten, nicht immer auch ein Politikum?
„Es sind Orte, die viele Dimensionen haben. Und eine davon ist politisch, denn hier stehen Zukunftsthemen auf der Tagesordnung wie die nachhaltige Nahrungsmittelproduktion und die Reduzierung von Food Miles.“

Food Miles?
„Das sind die Transportkilometer für das Essen, und die gilt es zu reduzieren. Wenn etwas gleich hier, an Ort und Stelle, angebaut und konsumiert wird, dann entstehen erst gar keine Food Miles. Das ist dann ein Null-Impact.“

Was halten Sie davon, dass NeuLand eine Zwischennutzung auf der Brache bekommen hat?
„Das Ganze hat eine stadtpolitische Dimension. Das sind völlig neue Orte, die man so noch nie gesehen hat, die kein Planer entworfen hat. Sie entstehen in einem kollektiven Prozess, da arbeiten Leute mit ihren Händen, und sie stellen das sehr bewusst in einen lokalen und einen globalen Zusammenhang. Das ist die Wiederentdeckung der Allmende.“

Was war nochmal Allmende?
„Im Englischen sagt man ,commons‘ dazu. Allmende sind Güter, z.B. ein Stück Land, die gemeinsam bewirtschaftet werden und in der gemeinsamen Verantwortung von vielen stehen.“

Warum dürfen die urbanen Gärten bisher keine Wurzeln schlagen?
„Das müssen Sie die Stadtpolitiker fragen. Der Prinzessinnengarten in Berlin war 2009 der erste, und er hat viele inspiriert. Das waren ganz neue Bilder: Kartoffelanbau direkt neben der U-Bahn Moritzplatz, das war hip, und das haben viele aufgegriffen und in eine eigene Form gebracht, auch die NeuLänder hier in Köln. Sie alle sind zunächst angetreten als Nomaden, haben dann aber festgestellt, dass die Gärten in die Nachbarschaft hineinwirken. So wird daraus dann eine ernsthafte Angelegenheit. In Berlin gibt es z.B. die sibirische Nachbarin aus der Platte nebenan, die Chilis anbaut, die kann nicht einfach mit umziehen. Das Nomadische, die Zwischennutzung: das passt eigentlich nicht zu Gemeinschaftsgärten, auch wenn die Beete mobil sind. Die Städte wollen brachliegende Flächen mit diesen Projekten aufwerten, sie dann aber doch wieder dem Kommerz zuführen. Nachhaltig ist das definitiv nicht.“

Also betreten wir hier gesellschaftliches Neuland.
„Es gibt keinen Ort, wo so viele unterschiedliche Menschen so zwanglos zusammenkommen. Die moderne Gesellschaft ist segregiert in Klassen und Milieus, da gibt es wenig Schnittstellen. In den Gärten aber begegnen sich prekär Arbeitende, Akademiker, Künstler und Hartz-IV-Empfänger, um gemeinsam etwas zu bewirtschaften. Urbane Gärten sind radikal offene Räume.“

Gibt es denn nicht auch in den Behörden einen Bewusstseinswandel?
„Ja, auch in den Behörden sitzen Leute, die sowas toll finden und die das Neoliberale gar nicht mögen. Aber die Menschen dort müssen als Behördenvertreter agieren, in ihren Funktionen. Leider ist die kommerzielle Verwertung ein unschlagbares Argument. Der Kämmerer einer verschuldeten Stadt will und kann nicht die anderen Dimensionen solcher Garten-Projekte sehen.“

Was wäre, wenn ein Spender das Gelände einfach kauft und den Gärten zur Verfügung stellt?
„Wenn jemand ein paar Millionen Euro hinlegt, dann wird der Garten hundertprozentig nach ihm oder ihr benannt, kleiner Scherz. Diese Person würde aber sicher in die Geschichte der postfossilen Epoche eingehen.“

Gibt es da schon Beispiele?
„Nicht viele. In New York hat, glaube ich, Bette Midler solche Community Gardens unterstützt und ein paar Grundstücke rausgekauft für diesen Zweck.“

Wen könnte man denn in Deutschland fragen?
„Die Frage ist eher: Ist das der richtige Weg? Es ist doch eigentlich eine politische Aufgabe, in neue Formen des Sozialen zu investieren. Schließlich gibt es einen sozialen und einen ökologischen Mehrwert. Grünflächen sind auch mikroklimatisch von großer Bedeutung; sie werden schon deshalb gebraucht, um die zukünftige Erwärmung der Städte zu lindern. Stattdessen geht es immer nur um Geld und Schulden.“

Wie gefällt Ihnen das NeuLand-Gelände?
„Als ich hier herkam, dachte ich, sieht aus wie das Grenzgebiet zwischen Usbekistan und Kasachstan, obwohl ich nichtmal weiß, ob die eine gemeinsame Grenze haben. Die rote Erde hier, die Pflanzen, die selbstgebauten Unterstände, da spürt man den Geist der Gemeinschaft. Dieser Ort ist offen. Für die Kommunikation zwischen Pflanzen, Tieren, Menschen und den Dingen. Hier entsteht eine Kreativität, die der Kapitalismus nicht so einfach verwerten kann.“

Sind das ,soft skills‘?
Nein, die werden heute ja auch verwertet. Das hier ist Wissen und Können von allen für alle. Commons. Die haben eine eigene Schönheit.“

Beim Sommercamp an diesem Wochenende dachte ich: Woodstock minus Sex.
„Aber sexy ist das hier doch auch. Da hinten die Schrotthaufen, hier die Pflanzen, diese neue Kommunikation mit dem Raum, das ist schon sehr attraktiv.“

Was wird in fünf Jahren mit NeuLand Köln geschehen?
„Ich habe keine Ahnung. Ich hoffe, es gibt hier dann fünf NeuLands.“

Und dieses Geländer hier ist auch noch da?
„Na klar. Es ist doch ein Ort für viele Menschen. Für Leute, die mehr wissen wollen vom Leben als nur einkaufen gehen. Es kommen auch Kinder, die mit Akkuschrauber und Nägeln was bauen. Sehen Sie, die Leute können doch heute nichts mehr mit ihren Händen anfangen (sie lacht). Ich übrigens auch nicht.“

Mehr Informationen zu Arbeit von Dr.Christa Müller finden Sie hier: www.anstiftung-ertomis.de

 

Über das Sommercamp erfahren Sie im Artikel „Vom Niemandsland zum bundesweiten Sommercamp“.

 

Der September steht bei NeuLand im Zeichen des Arbeitens, Bauens und Lernens.
Los geht’s direkt am kommenden Samstag, 01.09.2012, könnt ihr euch zeigen lassen, wie man Pflanzkisten aus Europaletten und Gewebefolie baut, befüllt und bepflanzt. Der Workshop findet wischen 11:00 und 19:00 Uhr auf NeuLand statt, ist kostenlos für alle, und wer erst mittendrin kommen kann, kommt mittendrin. Anschließend bei gutem Wetter: Grillen.

Kölner NeuLand
Gemeinnütziger e.V.
Koblenzer Str. 15
50968 Köln
www.neuland-koeln.de

Text: Jörg-Christian Schillmöller

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