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Gesellschaft Umwelt

Vom Niemandsland zum bundesweiten Sommercamp

Montag, 27. August 2012 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Vom 24.-26.8.2012 fand auf dem ehemaligen Dom-Brauereigelände in Köln-Bayenthal das erste bundesweite Treffen der urbanen Gartenprojekte statt.
Organisiert von NeuLand (Köln), Prinzessinnengärten (Berlin), Allmende-Kontor (Berlin) und der Stiftungsgemeinschaft anstiftung & ertomis (München), konnten sich die 90 Teilnehmer der urbanen und interkulturellen Gemeinschaftsgärten und Projekte der partizipativen, urbanen Landwirtschaft kennenlernen und vernetzen. Jörg-Christian Schillmöller hat das Sommercamp auf der „Brache“ begleitet und ein Tagebuch geschrieben.

 

Freitag, 17.30 Uhr. Kerstin und Caterina aus Berlin sitzen vor einem grünen Zelt. Der Himmel ist bedeckt, es ist warm draußen, und Kerstin dreht sich eine Zigarette aus „American Spirit“-Tabak. Sie beackert in Berlin den ehemaligen Flughafen Tempelhof, „Allmende-Kontor“ heißt der Gemeinschaftsgarten dort. Kerstin gibt mir eine Postkarte: „Allmende macht glücklich – weitersagen“ steht darauf. Hinter dem Metallzaun zur Koblenzer Straße ruft jemand „Ey, wo ist denn hier der Eingang?“ Caterina winkt und deutet mit der Hand: „Da hinten, weiter rechts“. Auf Caterinas Sweatshirt klebt ein Zettel: „Forscherin und Gärtnerin, Berlin“ steht darauf. Zwei Tage lang werden die beiden Frauen mit ihrem grünen Zelt auf der ehemaligen Brache an der Alteburger Straße verbringen – beim ersten bundesweiten Sommercamp der Gemeinschaftsgärtner. „Total spannendes Gelände“, meint Kerstin. „Ich habe mir mehr eine Wiese vorgestellt, nicht so eine Bau-Brache. Jetzt wird der Name NeuLand auch schlüssig“. „Ja, der Name ist toll“, sagt auch Caterina und reißt eine Plastikpackung mit veganen Würstchen auf. Sie nimmt eines heraus, umwickelt es mit einem Blatt Kapuzinerkresse aus dem Garten und beißt hinein. Das Sommercamp kann beginnen.

Freitag, 18.45 Uhr. Es geht los. Doro und Judith von NeuLand begrüßen die Angereisten, ebenso Christa Müller von der Stiftungsgemeinschaft „anstiftung&ertomis“. Fast 100 Teilnehmer haben sich für das Sommercamp angemeldet. Sie kommen aus Nürnberg, München, Halle, Berlin, Hannover, Göttingen, Münster, Mönchengladbach und Prag. Die NeuLänder haben Unterkünfte organisiert und Verpflegung – mit Unterstützung von Alnatura, die großzügig  Milchprodukte, Brot und Aufstriche, Grillgut aus Tofu sowie Getränke spenden. Neben mir steht Daniel, der die Pressearbeit koordiniert. „Was wohl in drei, vier, fünf Jahren sein wird?“, grübelt er. „Ob die Begeisterung für die Gärten bleibt? Was passiert, wenn bei einem Projekt die tragende Säule aufhört? Wer macht dann weiter?“ Ein Blick in die Runde: Im Moment gibt es keinen Mangel an Begeisterung. Alle haben Hunger, darum wird erstmal gegrillt. Später soll der Film „Taste the Waste“ gezeigt werden, Regisseur Valentin Thurn ist anwesend.


 

Samstag, 9.50 Uhr. Die Wolken hängen tief. Auf der Brache stehen Menschen in kleinen Gruppen zusammen und halten Kaffeebecher in den Händen. Ich komme mit Alex ins Gespräch, der jeden mit „Moin“ begrüßt und berichtet, dass die letzten fünf Minuten von „Taste the Waste“ gestern Abend ins Wasser gefallen sind. „Da haben wir uns unter den Pavillons versteckt.“ Er grinst. „Ich hatte Glück, weil ich unter dem Zeltdach mit den Getränken stand.“ Es ist kurz nach zehn, ein paar Regentropfen fallen, nicht der Rede wert. Severin aus Berlin ist vom Frühstück begeistert. „Ich dachte gerade wirklich, ich bin im Hotel: Joghurt, Müsli, Käse, diverse Aufstriche. Und die Fleischplatte, die hätte ich echt nicht erwartet.“ Severin ist ebenfalls vom Berliner Allmende-Kontor, beim Sommercamp gibt er einen Workshop über Landkarten, oder besser: Gartenkarten. „Die Karte kann ein Werkzeug für Gruppenprozesse sein“, sagt er. „Wäre doch schön, wenn es auch eine Kölner Gartenkarte gäbe: Welche Grünflächen gibt es? Wo sind die?“ Sein zweites Stichwort lautet Vernetzen – auch das ein großes Thema beim Sommercamp. Wie kommunizieren die Gärten untereinander? Wie tauscht man sich erfolgreich aus? In den Workshops soll das erörtert werden.
 

Samstag, 10.30 Uhr. Windstöße werfen Pappbecher von Bierbänken. Die Sommercamper bereiten den Tag vor, die Themen der Workshops werden vorgestellt und auf große Planen geschrieben: Wurmkiste bauen, Kompostierung, Solidarische Landwirtschaft. Es gibt Theorie und Praxis, aber die Theorie überwiegt. Die Sonne zögert noch.

Samstag, 15.20 Uhr. Auf der Brache wird gehämmert und gesägt. Das Ziel des Workshops: Für die Pflanzkisten sollen Abdeckungen gebaut werden, das sogenannte „Leipziger Vlies“. Es besteht aus einem Holzrahmen, der mit weißem, filzigen Vlies bespannt wird. Der Zweck: Das Sonnenlicht wird gemildert und streut dadurch besser, so entsteht unter der Abdeckung ein Mikroklima.

Samstag, 18.10 Uhr. Von links knistert frisch angezündete Kohle, die Luft riecht nach Rauch, etwas weiter hinten klirrt Geschirr an der Spülstation. Zeltlagerstimmung, Abendsonne. Die Workshops sind zuende, das nächste Grillen steht bevor. Zeit um innezuhalten. Am 3. Juli 2011 fing das Projekt NeuLand an. Damals war die Brache ein Niemandsland, unwirtlich und vor allem: ganz schön groß. Es schien undenkbar, dass dieses Gelände „bespielt“ werden könnte. Ein Jahr später ziehen sich mehr als 100 Pflanzkästen in mehreren Straßen über den roten, von Hand aufgeschütteten Tennissand. Auf der Brache wachsen Kürbisse, Tomaten, Kohlrabi, Zucchini, Kapuzinerkresse, Kohl und Kräuter. Die Neuländer haben ein stabiles Zelt mit Holzgerüst errichtet („Halle des Volkes“), außerdem eine Feuerstelle mit Grill. Und (fast) jeden Tag ist jetzt jemand hier. Aus dem Niemandsland ist ein Ort geworden. „Ich bin echt dankbar, mitmachen zu dürfen“, meint Janice. „NeuLand fiel mir einfach zu“. Janice ist zur Hälfte Mexikanerin, formvollendet angezogen wie ein Hippie und wohnt an der Alteburger Straße. Später am Abend wird Daan aus Luxemburg, ein Freund von ihr, für die Sommercamper jonglieren.

Samstag, 19.50 Uhr. Die letzten Sonnenstrahlen. Auf der heißen Eisenplatte liegen Würstchen und Kürbisstücke (die gegrillt herrlich schmecken). Birgit, eine der guten Seelen des NeuLands, setzt sich neben mich und meint: „Wäre doch schön, wenn das immer so wäre mit so vielen Leuten hier.“ Birgit hat seit Tagen von morgens bis abends geschuftet, damit aus dem Camp was wird. Kurz danach erzählt mir Dirk aus Wiesbaden vom „Tatengarten“, im Stadtteil Klarenthal. 800 Quadratmeter, theoretisch auszudehnen auf bis zu 60.000 Quadratmeter (ja, 60.000). „Das war und ist noch immer eine Pferdewiese, und wir entfernen die Grasnarbe von Hand, mit dem Spaten.“ Und, was wächst so alles in Wiesbaden? „Kartoffeln, Zucchini, Kürbisse und eine afrikanische Melonensorte. Das ist unsere erste Saison“.

Samstag, 21 Uhr. Über der Brache hängt ein klarer Halbmond, unter dem Hauptzelt trommelt eine Gruppe von jungen Roma, dazu wird getanzt. Die Sommercamper haben Feierabend für heute, und ich frage mich, was wohl die Leute in den Häusern an der Koblenzer Straße gegenüber denken, wenn sie aus dem Fenster schauen. Hinter uns wird das Lagerfeuer angezündet, es gibt Wein, Bier und Saft zum Selbstkostenpreis, und in so einem Moment wird klar, was diese Menschen aus ganz Deutschland zusammenbringt: Es ist der Wunsch nach etwas Anderem, nach einem Gegenpol zu Stress, Lärm und Isolation. Der Garten ist so ein Gegenpol. Mir fallen die Worte von Kerstin aus Berlin ein, gestern vor dem Zelt, kurz bevor das Sommercamp begann: „Ich habe das Gefühl, als würde ich diesen Garten hier schon lange kennen. Als ich hier ankam, hatte ich eigentlich das Gefühl, nach Hause zu kommen.“

Lesen Sie morgen ein Interview über das bundesweite Gemeinschaftsgärtnern mit der Soziologin Christa Müller von „anstiftung&ertomis“, einer Stiftungsgemeinschaft, die das Sommercamp auf der Brache gemeinsam mit NeuLand, den Prinzessinnengärten in Berlin und dem Allmende-Kontor veranstaltet hat.

www.NeuLand-koeln.de

Text: Jörg-Christian Schillmöller

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