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Kultur

Auf einen Bergkräutertee mit Linus Volkmann

Mittwoch, 3. Oktober 2012 | Text: Jasmin Klein | Bild: Barbara Siewer

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Linus ist der einzige Mensch, den ich über Facebook kennengelernt habe und der ein realer Freund wurde. Seit mehr als zwei Jahren treffen wir uns nun regelmäßig im Internet und im Alltag. Der 39-Jährige lebt in der Südstadt, ist stellvertretender Chefredakteur des Musik-Magazins ‚Intro’, Mitherausgeber des Fanzines ‚Schinken Omi’, und in diesen Tagen erscheint sein achtes Buch. Grund genug, mich mit ihm bei Nina im Café Walter an der Bottmühle zu treffen und das Diktiergerät mitlaufen zu lassen.

Meine Südstadt: Gerade erschien Dein neues Buch „Kein Schlaf bis Langenselbold“. Worum geht es?
Linus Volkmann: Es geht um Zwillinge in den Neunziger Jahren, die ihr persönliches Provinz-Armageddon erleben. Es ist multiperspektivisch, aber hauptsächlich aus der Sicht des einen Zwillings, der ein motivierter Streber ist, aber das Gefühl hat, immer zu kurz zu kommen. Das manifestiert sich in den Beziehungen, die er führt und in dem Feldhockey-Verein, in dem er Mitglied ist. Seinem faulen, lockeren Bruder fliegt alles zu, er selbst kommt mit seiner ganzen Motivation nirgendwohin.

Seit wann schreibst Du?
Ich habe damals mit der Schülerzeitung angefangen, Texte zu schreiben und während des Germanistik-Studiums immer weiter geschrieben, 1998 habe ich mit Kurzgeschichten das erste Buch gemacht, „Super-Lupo, jeder Freund ist anders“.
Im Endeffekt ist die Grundidee beim Schreiben von Pop-Literatur die des Punk und DIY: eine Selbstermächtigung (Do-It-Yourself, eine Bewegung, die seit den Fünfziger Jahren Amateure dazu ermuntert, Dinge selbst in die Hand zu nehmen, Anm. d. Red.). Es geht nicht darum, dass man seinen Text irgendwohin hinschickt, um mal gucken zu lassen, wie irgendjemand das findet. Sondern es geht darum, dass man eine andere Form von Literatur und Subkultur gestalten möchte, seinen Teil dazu beiträgt und sich selbst erfinden kann. Innerhalb dieser Strukturen, die es damals in den Neunzigern vermehrt gab, funktioniert das direkt, ohne dass man bei einem großen Verlag ist. Man kann es über Fanzines publik machen, hat kleinere Verlage, die das rausbringen, hat Lesebühnen innerhalb von autonomen Zentren, und da gab es und gibt es immer noch eine Gegen-Öffentlichkeit.

Du hast Journalistik nicht studiert, sondern Dir das selbst beigebracht?
Ja, da habe ich sehr viel länger gebraucht, um ein gewisses Niveau zu erreichen. Ich finde das auf der einen Seite gut, weil ich ein anderes Selbstbewusstsein zum Schreiben entwickelt habe, einen eigenen Stil. Ich sage jedem Praktikanten: Probier Dich aus, z.B. in Blogs, schreib einfach, bevor Dir irgendjemand sagt, wie es geht. Aber auf der anderen Seite musst Du Dir trotzdem das Handwerk holen. Nur von Talent und Sprachwitz kann man nicht leben.

In Deinen Büchern sind Deine Protagonisten Anti-Helden, die gerade der Pubertät entwachsen, im Erwachsenenleben aber immer noch nicht sicher angekommen sind. Der Anti-Held bewegt sich von Peinlichkeit zu Peinlichkeit, hat eher Angst vor anderen Menschen, und Sexualität ist etwas, was ihn unsouverän agieren lässt.
Wunderbar, so hätte ich es auch gerne gesagt.

 

Welche Deiner Schwächen würdest Du nie thematisieren?
Eigentlich ist das schon der Ansatz, dass ich genau das suche, was mir selbst unangenehm erscheint, und dann versuche ich, daraus was zu ziehen. Alles, was peinlich sein kann, ist ein sehr starker Impuls, den andere Leute vermutlich nachvollziehen können. In dem letzten Buch ,Endlich natürlich‘ ging es darum, wie unangenehm es mir ist, viel unter Menschen zu sein, trotz dieser vermeintlich sehr kommunikativen Fassade (lacht).

Du führst das Traumleben eines Mittzwanzigers: Du musst aus beruflichen Gründen auf Konzerte gehen, Computerspiele und neue Platten rezensieren, auf Festivals gehen, Bands und Musiker interviewen, Du schreibst Bücher, gibst mit zwei Freunden zusammen das Fanzine ‚Schinken Omi’ raus und singst in Deiner Band ‚Bum Khun Cha Youth’. Wieso schreibst Du Deine Bücher immer aus der Sicht eines Anti-Helden?
Einen Roman außerhalb eines Anti-Helden kann ich mir schwer vorstellen. Wie Falco sagte: ,Richtig sympathisch bist Du den Leuten nur in den Niederlagen.‘ Der Held ist wie Parzival immer der Einfältige, der durch die Widrigkeiten der Umstände zu einer Erkenntnis gelangt. Das Konzept des Anti-Helden ist also nichts Spezielles.

Du bist beim Intro auch für die Plattenkritiken zuständig und hörst daher schon beruflich unglaublich viel Musik. Hörst Du Dir privat überhaupt noch Musik an? Hast Du einen Tipp für eine neue Band, die noch keiner kennt?
Als Musikredakteur wird einem unterstellt, dass sich eine Distanz zu dem Sujet auftut, dass man gar keine Musik mehr mag oder selbst verkrachter Musiker ist. Also, ich höre immer noch sehr gerne Musik. Ich versuche jetzt, über Facebook ein Blog einzurichten, wo ich Bands, die mir auffallen, vorstelle. Da ist das unmittelbarer möglich als beim Intro, wo immer auch die Verwertungskette eine Rolle spielt. Es gibt ganz viele Bands, die ich gut finde, aber es gibt auch diese Bands, die mir persönlich nahe stehen. Das ist ja das Schöne an dem Job: Wenn ich irgendwas toll finde oder irgendwen mag, will ich ihn gleich kennen lernen, und daraus entwickelt sich oft mehr. Da geht es über die Musik hinaus, und mit denen habe ich gerade Vinyl-Singles gemacht: Mit Jens Friebe, Quasi Zombie, Zucker, Abbau West und demnächst noch Amen 81. Das sind Bands, die ich ganz toll finde.

Du arbeitest seit über zwölf Jahren für das Intro, das Musik-Magazin aus Köln, das sich ausschließlich über Werbung finanziert. Meinesüdstadt.de finanziert seine redaktionellen Inhalte auch über Werbung. Hat solch ein Geschäftsmodell online Zukunft?
Die meisten Kiosk-Titel erlösen fast 80% ihrer Einnahmen über Werbung und höchstens 20 % über den Verkaufspreis. Das wirkt nach außen hin anders. Damit haben wir immer zu kämpfen, denn es wirkt allein durch den Vertriebsweg korrumpierbar. Du hast im Internet die Schwierigkeit, den User für Inhalte bezahlen zu lassen. Es gibt aber Portale, die funktionieren. Gerade lokale Sachen haben einen Werbewert, der interessant ist. Da stellt sich die Frage: Wieviel kann man damit wirklich erlösen? Oder geht es nur darum, dass es sich trägt, und die Leute machen das aus Bock, weil sie ihre eigene Szene stärken wollen? Da hat z.B. jemand einen tollen Törtchen-Laden in der Südstadt und die Leute supporten das, oder man will in eine Kneipe gehen und muss dafür nicht in die Innenstadt fahren. Da geht es in erster Linie nicht um „kann man was verdienen?“, sondern darum, dass man seine eigene Umwelt mitgestaltet, wie man es sich sonst so wünschen würde. Wir sind so unglücklich mit der Politik, alles funktioniert nicht, und wenn man durch solche Portale unmittelbar seinen Lebensraum für sich und andere besser gestalten und kennen lernen kann, dann ist das gut.

Du lebst seit über zwei Jahren in der Südstadt. Wo kann man Dich hier treffen?
Als meine Freundin damals die Wohnung in der Südstadt fand, dachte ich, ich will nie hierhin. Meine Idee von der Südstadt war, dass es eine Art Ghetto ist, in dem noch BAP gehört wird. Dann war ich angenehm überrascht, dass ich nie überfallen werde (lacht). In der Hammond Bar war ich kürzlich, Lotta, Em Schnörres, aber Geheimtipps habe ich auf keinen Fall. Und meine alten Sachen bringe ich zu Oxfam.

Ich bedanke mich ganz herzlich für das Gespräch.

 

 

„Kein Schlaf bis Langenselbold“
Linus Volkmann
Ventil Verlag
ISBN-10: 3931555275
12,90 Euro
 

Text: Jasmin Klein

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