Autonome übernehmen die Moderation und sprengen Bürgerbeteiligung
Samstag, 1. Dezember 2018 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Stefan Rahmann
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Der Dezernent war bedient. Und zwar restlos. Da hatte Markus Greitemann die Autonomen vor ein paar Tagen noch für ihre segensreiche Arbeit gelobt und ihnen für das Autonome Zentrum (AZ) eine vorläufige Bestandsgarantie ausgesprochen – und jetzt das. Sprengten ihm die vom AZ einfach so die Bürgerinformationsveranstaltung zum Eifelwall. Dem ersten Baustein des zukünftig erweiterten Grüngürtels. Undank ist der Welten Lohn: Greitemann hatte die Veranstaltung im COPT.ZENTRUM der Uni kaum eröffnet, da stahlen ihm die Autonomen schon die Schau. Sie enterten die Fläche vor dem Publikum und übernahmen die Moderation sozusagen im Handstreich. Alle Bürger sollten auf Augenhöhe mit einander in Dialog treten, erklärte eine Vertreterin. Dazu werde eine Rednerliste erstellt. Wenn der „Bürger Greitemann“ etwas zu sagen habe, könne er sich gerne auf die Liste setzen lassen. Er werde dann nach Listenplatz zu Wort kommen.
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TorburgDie erste Frage, die die neuen Moderatoren an die Verwaltung richteten, war: „Sie präsentieren uns immer nur die gleichen Pläne. In eineinhalb Jahren hat sich nichts geändert. Die Kritik der Bürger wurde an nicht einem Punkt in die Planungen einbezogen.“ Zur Erinnerung: Vor eineinhalb Jahren hatten die Autonomen eine erste Bürgerinformationsveranstaltung zum Grüngürtel am Eifelwall schon einmal zum Abbruch gebracht. Die Verwaltung hat im Nachgang mitgeteilt, dass man sich zunächst um die Zukunft des AZ kümmern wolle. Die entsprechende Mitteilung aus dem Rathaus findet Ihr hier. Die Verwaltung ist in einer Zwickmühle. Denn die Bürger müssen in irgendeiner Weise beteiligt werden. Diese Beteiligung wäre Voraussetzung für die abschließende Entscheidung, wie der Grüngürtel am Eifelwall aussehen soll. Das Büro Förder Landschaftsarchitekten aus Essen hat im Juni 2017 einen Wettbewerb mit fünf Büros gewonnen. Entschieden wurde das hinter den Verwaltungskulissen ohne Beteiligung der Bürger. Die Pläne des Büros Förder haben keinen Platz für das AZ im Grüngürtel Eifelwall. Den Kommentar der Stadt zu dem Wettbewerb findet man hier.
Als von den Autonomen der Hinweis kam, dass man die Argumente der jüngeren Generation endlich Ernst nehmen solle, verließen etliche der älteren Generation den Raum, einige laut schimpfend. „Was wir hier brauchen, ist Diversivität. Was Sie hier anbieten, ist platt Machen“, wandte sich eine Autonome an den „Bürger Greitemann“, der, die Lippen zusammengepresst und sichtlich verärgert, dem bunten Treiben zuschaute. Währenddessen beamten die Autonomen den Text einer Resolution mit eigenem Beamer an die Wand. Die war bei der Veranstaltung vor eineinhalb Jahren beschlossen worden und forderte unter anderem den Erhalt des AZ im zukünftigen Grüngürtel.
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COMEDIA Theater – ein Haus für AlleAuch ein eigenes Mikrofon mit Verstärker hatten die Autonomen dabei, das sie reihum gehen ließen. Schließlich hatte Greitemann genügend Tumult gesehen und erklärte nach 20 Minuten die Veranstaltung kurzerhand für beendet. Das sahen die Autonomen ganz anders und wollten die Diskussion fortsetzen. Nun schritt ein Vertreter des Gebäudemanagements ein und forderte alle auf, den Raum zu verlassen. Die Drohung mit Räumung durch die Polizei machte nicht wirklich Eindruck. Also wollte er es mit einem dialogischen Prozess versuchen. Er erntete auf die Frage „Wer ist denn eigentlich Ihr Anführer“ allerdings nur kollektives Gelächter.
Als sich das Gerücht verbreitete, Greitemann habe sich im Nebenraum mit einigen Bürgern verschanzt, um die Beteiligung mit ihm wohlgesinnten Bürgern durchzuführen, verdüsterte sich die Stimmung unter den Autonomen augenblicklich. Das Ganze war aber wirklich nur ein Gerücht. Am Ende standen Vertreter von Förder Landschaftsarchitekten draußen vor der Tür und erläuterten Bürgern wie Autonomen die Pläne für den Eifelwall. Das hätte man irgendwie angenehmer haben können. Fortsetzung folgt.
Das Projekt: Die Parkstadt Süd, so der vorläufige Arbeitstitel, ist eines der größten Wohnungsbauprojekte der Stadt. Das rund 115 Hektar große Areal für mindestens 3500 Wohnungen und 4500 Arbeitsplätze erstreckt sich südlich des innerstädtischen Eisenbahnringes vom Rhein bis zur Luxemburger Straße. Es wird im Süden begrenzt durch den Straßenzug Schönhauser Straße, Martkstraße, Kierberger Straße und einem einem Versprung im Vorgebirgspark nach Norden bis zur Vorgebirgstraße weiter über Am Vorgebirgstor, Hönninger Weg und Carl-Nipperdey-Straße.
Das Gebiet umfasst die Flächen der früheren Dom-Brauerei, des ehemaligen Küppers-Biergartens, des einstigen Güterbahnhofs Bonntor und des Kölner Großmarktes, der noch bis zum Jahr 2023 seinen angestammten Platz behalten wird. Aber auch Flächen am Südstadion, am Eifelwall und am Gleisdreieck Süd/Hönninger Weg gehören zur Parkstadt Süd. Historisch wird der geplante Lückenschluss des Inneren Grüngürtels zwischen Luxemburger Straße und Südbrücke. Der Grüngürtel soll mit einer durchschnittlichen Breite von 150 Metern entlang des Bahndamms verlängert werden.
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Kommentare
Sehr geehrter Herr Rahman,
zu den Grundlagen des guten Journalismus gehört meines Wissens die Angabe des „WANN“. Die fehlt leider im obigen Text. Ihre Darstellung des WAS finde ich jedoch als Nichtbeteiligter erfrischend neutral.
An anderer Stelle sollte meiner Meinung nach öffentlich die Frage gestellt werden, warum die Stadtverwaltung einen Haufen linksradikaler Nichtsnutze hofiert, die sich als „Autonome“ bezeichnen und sich allein damit schon ausserhalb der kommunalen Bürgerschaft positionieren (was deren Gebaren als „Bürgervertreter“ besonders karikiert). Liegt es vielleicht daran, dass sie wissen, wo die Autos und die Häuser von Herrn Greitemann und Frau Reker wohnen?
Mir hat sich bislang nicht erschlossen, warum ich diese unerträgliche Ansammlung aus pubertierend-negierenden Nötigern mit meinen Steuergeldern mitten in der Stadt, noch dazu in bester Lage, unterstützen soll. Vielleicht kann mir das mal jemand nachvollziehbar erklären?
Sehr geehrter Herr Dietz, Ihre Kritik ist völlig berechtigt. Also: Der Versuch einer Bürgerbeteiligung begann am Samstag, 1. Dezember, um 10.30 Uhr und endete am gleichen Tag um 10.50 Uhr. Es grüßt Sie freundlich, Stefan Rahmann
Die Stadt hat gestern die Chance genutzt, die Veranstaltung abzubrechen. Es wäre kein Problem gewesen, den Dialog anders als geplant zu führen und dadurch auch dem AZ Raum einzugestehen. In der Agenda war das AZ als bedrohtes Projekt ja ausgeschlossen worden. Dass das zu einem Eklat führt war vorprogrammiert…
Das AZ soll integriert werden, was soll der Unsinn das AZ wieder zum Umzug zwingen zu wollen.
Natürlich lachen Autonome, wenn man sie nach ihrem Anführer fragt, denn Autonome sind eine spezielle Bewegung innerhalb des Anarchismus, und Anarchisten haben keine Anführer oder Chefs, das ist ja überhaupt das ganze Konzept, daß niemand mehr oder weniger zu sagen hat als andere.
Was bringt es Ihnen junge Kölner*Innen und ihre berechtigte Forderungen zu kristisieren? Gehören Beleidigungen und Erniedrigungen zum ‚guten‘ Journalismus?
Die Regierungen werden bald gegen Inkompetenz, Desinformation und Hass im Netz vorgehen müssen!
Hallo Herr Dietz,
das Autonome Zentrum erhält keine Fördergelder von der Stadt Köln.
Das ist nachzulesen im Ratsinformationsystem.
…ich wurde nun auch informiert, darüber, dass das Autonome Zentrum durchaus seine Miete, Nebenkosten sowie Stromrechnung selbst bezahlt…
was mich zu dem ironischen Schuss kommen lässt, das es ja genau umgekehrt ist. Über die abgeführte Mehrwertsteuer unterstützt das Autonome Zentrum alle Bürger*innen also auch Sie, Herr Dietz.
Wird Zeit, dass der Schandfleck des AZ weg kommt für ne schöne Wiese mit Bäumen. Das Verhalten der Autonomen, ist nicht wirklich dienlich für ihre Sache. Am Ende werden sie die Gelackmeierten sein, dann aber auch keine Opferkarte mehr spielen können.