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Gesellschaft

„Da kommen immer neue Sachen…

Dienstag, 10. Dezember 2013 | Text: Judith Levold | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

…und immer wieder tun sich unvorhergesehene Probleme auf“, sagt Asle Güleryüz ohne eine Spur von Resignation in der Stimme – sie wundert sich einfach nur. Dank ihres Optimismus und ihrer pragmatischen Art ist ein Anfang gemacht, der die brennendsten Probleme der Familie Sélimovic langsam abmildern soll. Asle Güleryüz ist Familienmensch, und sie weiß, wie es ist, wenn man sich fremd fühlt, wenn man versucht, in einer ganz neuen Gesellschaft Fuß zu fassen und sich zu orientieren. Die dreiundvierzigjährige Kölnerin mit türkischen Wurzeln hat selbst mehrere Jahre im Ausland gelebt, in Göteborg, New York und Istanbul. Und sie konnte damals immerhin Englisch sprechen und vor allem: lesen und schreiben.

 

Die Familie Sélimovic lebt seit Jahren in Köln mit dem Status der „Duldung“ – mit heute sechs Kindern wohnen Janos und Mevla auf 52 Quadratmetern in einer städtischen Unterkunft in der Nähe des Großmarkts. Eine dreizehnjährige Tochter lebt noch bei den Großeltern in Montenegro. Wegen bürokratischer Hürden können die Janos und Mevla sie nicht zu sich holen, obwohl sie das dringend wollen.

„Diese Briefe sind alle gekommen“ sagt Mevla mit leicht ängstlichem Gesichtsausdruck und reicht Asle, die an diesem Sonntagnachmittag zu Besuch kommt, einen Stoß Kuverts. „Das ist ja nicht zu fassen“ schimpft Asle vor sich hin, als sie einen Brief vom Amt für Wohnungswesen öffnet „Die erhöhen die Miete einfach um 30 Prozent!“ Wie, Miete?

Die Stadt Köln erhebt für das Wohnen in den von ihr zur Verfügung gestellten Unterkünften für Flüchtlinge – in diesem Fall für acht Leute eine Art kleines Gartenhäuschen in marodem Zustand und mit Schädlingsbefall – eine so genannte „Nutzungsgebühr“. Sie wird der Familie vor der Auszahlung ihrer Sozialleistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz abgezogen. Bislang für die Unterkunft knapp 800 Euro monatlich, ab dem 1.1.2014 dann knapp 1200,- Euro.

 

Denn: im Oktober dieses Jahres hat der Rat der Stadt Köln eine Satzungsänderung beschlossen – für die Erhebung von Gebühren für die „Inanspruchnahme“ von Wohnflächen durch Flüchtlinge, Obdachlose etc. Das ärgert Asle. „Sorg´ Du mal dafür, dass acht Leute satt werden, und die Kinder brauchen Kleidung und Schulsachen und dergleichen.“ erklärt sie mit vorwurfsvollem Unterton. „Aber ich werde mich jetzt erst mal erkundigen, ob zeitgleich auch die Leistungssätze erhöht wurden, so dass es für die Familie ein Nullsummenspiel wäre.“

 

Janos und Mevla berichten, dass sie bei ihren Gängen zum Sozialamt nach Kalk jedes Mal andere Summen ausgehändigt bekämen, ohne sich das erklären zu können. „Beim nächsten Mal, wann ist denn das?“ fragt Asle Mevla „Am Dienstag“, antwortet diese, und Janos fügt hinzu: „Ich muss erst später hin, an einem anderen Termin“. „Da komme ich mit!“ sagt Asle. Die Mutter zweier Töchter ist Hörfunkautorin und schreibt auch für „Meine Südstadt“.

 

Seit einem guten halben Jahr kümmert sie sich um die Familie und unterstützt sie in vielen alltagspraktischen Belangen. Einer der Söhne von Janos und Mevla – Jo – geht mit einer Tochter von Asle in dieselbe Klasse einer Grundschule in Zollstock. Der Junge erschien Asle isoliert, „Ich hab mich gewundert, dass seine Eltern nie in die Schule kamen: nicht zum Adventsbasteln oder Martinszug und nicht zu Sprechtagen.“ erzählt sie. Da habe sie Kontakt aufgenommen mit dem Ziel, das Kind besser integrieren zu können. „Und dann hab ich erst mal gemerkt, dass die beiden einfach die Briefe aus der Schule gar nicht lesen können. Und die Briefe von den Ämtern und von der KVB und so natürlich auch nicht.“

 

In all diese Belange schaltet sich jetzt Asle ein, verhandelt mit den Behörden, dem Anwalt, weist auf Veranstaltungen in der Schule hin, begleitet Janos, der an einer Augenkrankheit leidet und von Erblindung bedroht ist, zum Arzt. Und spricht der Familie Mut zu, ermuntert zu Aktionen, mit denen sie sich besser eingliedern können, schafft Netzwerke: Alle sechs Kinder dürfen sich etwas wünschen und werden dank der Weihnachtsengel-Aktion von Pfarrer Hans Mörtters Lutherkirche beschenkt werden an Heiligabend.

 

Und hätte diese Familie bei ihrer Ankunft in Deutschland jemand willkommen geheißen, hätten sich wohl ihre Probleme gar nicht erst so aufgetürmt.

 

 

„Da soll einer durchsteigem …“ – Kommentar:

Kaum ist die „Tinte trocken“ für den Artikel über Asle Güleryüz, die sich am letzten Sonntag über eine vermeintliche Erhöhung der Miete bzw. Nutzungsgebühr für die Wohnunterkunft der von ihr betreuten Flüchtlingsfamilie Sélimovic seitens der Stadt ärgerte, stellt sich heraus: Es ist gar keine Erhöhung, sondern sogar eine Minderung der Gebühr!

 

Puh, da hat die Familie sich umsonst gesorgt und Asle sich umsonst geärgert. Doch wie konnte dieses Missverständnis aufkommen? Es gab im Oktober 2013 eine vom Rat beschlossene Satzungsänderung zur Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme von Wohnflächen durch Flüchtlinge, Obdachlose und Asylsuchende, so weit, so gut. Janos Sélimovic erhielt also einen neuen Gebührenbescheid mit Wirkung zum 1.1.2014, zu zahlen habe er ab dann 562,- Euro, inklusive Verbrauchsgebühren für Strom, Wasser, Heizung. Den gleichen Brief bekam aber auch seine Frau Mevla Adzovic und nach Adam Riese machte das dann 1124,-Euro statt wie bisher, in einem einzigen Bescheid mitgeteilt etwa 790,- pro Monat für alle acht Familienmitglieder auf den 52 Quadratmetern städtischer Wohnfläche. Das hätte deutlich weniger Geld zum Leben für die Großfamilie bedeutet.

 

Die Entwarnung kam dann am heutigen Vormittag (Dienstag, 10.12.) folgendermaßen: Asle Güleryüz begleitete Janos und Mevla zum Sozialamt und nahm auch Kontakt mit dem Wohnungsamt auf. Man erklärte ihr, dass die neue Gebühr von nur einem im Haushalt lebenden Erwachsenen zu entrichten sei, das Paar laut Auskunft der Sacharbeiter demnach nur 562,- statt wie früher 790,- oder wie befürchtet ab Januar gar 1124,- Euro zu zahlen habe.#

 

„Das soll einer kapieren!“, sagt Asle Güleryüz zwar erleichtert, aber irgendwie trotzdem sauer. „Wieso schicken die denn dann zwei Bescheide ohne eine Erklärung, das versteht doch niemand, selbst wenn man lesen kann und einigermaßen gebildet ist!“ fügt sie hinzu. Eine Sachbearbeiterin vom Wohnungsamt habe ihr erzählt, dass sich jede Menge Leute beschwerten und die Aufregung groß sei wegen der vermeintlichen „Miet“-Erhöhung.

„Können die sich nicht klar ausdrücken? Vor allem, wenn sie (die städtischen Behörden, Anm. der Redaktion) es mit Flüchtlingen aus aller Herren Länder zu tun haben, der deutschen Sprache kaum mächtig oder sogar nicht alphabetisiert?“ fragt sich Asle Güleryüz. Nein, das können „die“ wohl nicht, in Deutschland, einem top Bürokratie-Standort.
 

Text: Judith Levold

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