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Kolumne

Das Finale – „Meine Südstadt“ tickert mit. USA gegen Japan

Sonntag, 17. Juli 2011 | Text: Gastbeitrag

Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten

Wahnsinn, Wahnsinn. 50.000 Zuschauer im ausverkauften Frankfurter Waldstadion. Darunter Beate Fechtig, die mit ansehen will, wie sich die Amerikanerinnen aus der Affaire ziehen. Außerdem im Stadion ist Ralph Ley, Steuerberater aus Bayenthal. Wir berichten live vom Spiel – Beate wird schreiben, bzw. per Mobiltelefon mitteilen, was in Frankfurt läuft, und ich werde das Geschehen in Worte fassen, während ich vor dem heimischen TV-Gerät sitze.

Wahnsinn, Wahnsinn. 50.000 Zuschauer im ausverkauften Frankfurter Waldstadion. Darunter Beate Fechtig, die mit ansehen will, wie sich die Amerikanerinnen aus der Affaire ziehen. Außerdem im Stadion ist Ralph Ley, Steuerberater aus Bayenthal. Wir berichten live vom Spiel – Beate wird schreiben, bzw. per Mobiltelefon mitteilen, was in Frankfurt läuft, und ich werde das Geschehen in Worte fassen, während ich vor dem heimischen TV-Gerät sitze.

 

20:45 Uhr – Endlich, das Spiel beginnt.

 

1. Minute: So, das Finale läuft gerade 20 Sekunden, da verhindert die kleine japanische Torfrau Kaihori das 1:0 durch Lauren Chiney – wow! Danach Unruhe im japanischen Strafraum nach Eckball.

2. Minute: Pia Sundhage, Trainerin der USA, kaut nervös ihren Chewing Gum. Günther Netzer herzt derweil Altkanzler Kohl.

3. Minute: Beate Fechtig und alle wichtigen Menschen sind da, also auch Angie Merkel, die heute ihren 57. Geburtstag feiert, und Christian Wulff. Alle lieben Frauenfußball. Plötzlich. Endlich.

4. Minute: Megan Rapinoe, der Blondschopf, darf von Anfang an spielen. Da hat die US-Trainerin vermutlich die Lobeshymnen von „Meine Südstadt“ gelesen.

6. Minute: Das Stadion in US-Hand, Englisch ist hier in Frankfurt die Amtssprache. Yes, my dear.

7. Minute: Beate Fechtig traf vor dem Stadion zwei Jungs mit nacktem Oberkörper und „Megan“ (Rapinoe) und Alex (Morgan) Aufschriften auf dem Bauch. Ich will ein Kind von dir!

9. Minute: Super-Chance USA: Rapinoe kommt über links und Lauren Cheney säbelt drei Meter vor dem Tor vorbei. UIIUUIUIUUIUIUUI.

10. Minute: And there she is again: Abby Wambach. Distanzschuss knapp drüber. Da wäre die kleine japanische Torfrau kaum drangekommen. Very good!

12. Minute: Schon die dritte hochkarätige Torchance für die Amerikanerinnen.

13. Minute: Oh, Jesus (sprich: Tschises): Carli Loy hämmert drüber. Und Rapinoe säbelt vorbei. Das 1:0 ist überfällig.

14. Minute: Endlich funktioniert auch die Bildverbindung zwischen Fechtig & Moll. Ja, ich bin unrasiert – und Du, Beate?

15. Minute: Oh weh, Japan, das sieht nach einer amerikanischen Rasur aus!

17. Minute: Theo „20er“ sitzt neben dem Geburtstagskind. Geht da was?

18. Minute: Pfostenschuss durch die blonde Rapinoe. Beate hört den Knall bis in den Oberrang. Japans Trainer Sasaki sieht, sagen wir mal, besorgt aus. Klar.

23. Minute: Der Hauch einer japanischen Chance – das Stadion schreit „Nippon!“

24. Minute: Beate & Nachbar Max (sieht nett aus, schreibt Beate) sind enttäuscht, dass die deutsche Hymne nicht gespielt wurde, wo doch Bibana Steinhaus das Endspiel pfeift. Sie ist ja hier quasi die wichtigste Frau, ne?

26. Minute: Erste Ermüdungserscheinungen der Amerikanerinnen: Wambach schießt nur noch mit 100 km/h.

28. Minute: Beates Analyse: Die Japanerinnen stehen tief oder werden auch hinten reingedrückt. Diese Taktik hat gegen Deutschland gut geklappt: Wenn die anderen nicht mehr rennen können, schießen sie ihr Tor.

29. Minute: Abby packt den Hammer aus – das Tor steht noch, aber die Latte hat ne Delle. Hammer-Chance, echt.

31. Minute: Auf leisen Sohlen schleichen sich die Japanerinnen vors amerikanische Tor. Kozue Ando taucht gefährlich vor dem US-Tor auf – und hier steigt die Stimmung.

35. Minute: Und schon wieder die in weiß gekleideten Ameikanerinnen mit einer Kopfballchance aufs Netz. Lauren Cheney köpft aufs statt ins Tor. Die hätte alleine schon vier Tore schießen müsen, sagt mein anderer Nachbar. Wir verstehen uns hier gut.

38. Minute: Und wieder wirbelt die japanische Frankfurterin Ando vor dem Tor rum, Ecke Nummer 1 für Japan. Leider ohne Folgen.

39. Minute: US-Torfrau-Legende Hope Solo greift ins Spiel ein, yeah!

41. Minute: Die Amerikanerinnen werden jetzt kiebig, hauen ein bisschen auf die Knochen. Please, don´t.

42. Minute: Wir vertrauen dem deutschen Schiedrichterteam.

44. Minute: Beate & ich sind uns sicher, dass wir in der ersten Halbzeit kein Tor sehen werden.

45. Minute: Oh, boy: Ando liegt im Strafraum quer und verpasst um Haaresbreite eine Flanke. Sajonara, gute Chance!

 

Halbzeit im Endspiel um die Fußball Weltmeisetrschaft der Frauen. 0:0 im Spiel USA gegen Japan. Das Spiel macht Laune, vor allem, wenn man den Daumen für das Team der Amerikanerinnen drückt. Fünf Großchancen hätten das Spiel bereits vor dem Pausenpfiff entscheiden müssen. Wir, Beate Fechtig & Andreas Moll, sind uns sicher, dass die Amis das Match letztlich verlieren werden, da nun die Kräfte schwinden. Die Japanerinnen werden die Chance ergreifen, den Gegner nierderrennen und mit dem gefürchteten Kurzpassspiel zum Wahnsinn treiben.

ARD-Mann Claus Lufen und die hübsche Expertin Nia Künzer fassen die erste Halbzeit zusammen. Es kommt mir so vor, als würden sie unseren Live-Ticker lesen.

21.45 Uhr: Die 2. Halbzeit beginnt. Alex Morgan (mit rosa Haarband) darf nun für die USA stürmen.

46. Minute: Mal sehen, ob wir heute die 2,6 Tore sehen, die durchschnittlich in den WM-Spielen gefallen sind.

49. Minute: Die nächste 100%ige für Amerika. Die eingewechselte Morgan vergibt aus kürzester Distanz. Mensch Alex! Zum wiederholten Mal rettet das Aluminium. 

52. Minute: Die Japanerinnen können immerhin schon mit einigen Ballstafetten glänzen, während die kraftvolleren Amis durch absoluten Tordrang auffallen. Außennetz.

54. Minute: Da geht was – die Japanerinnen kommen. Langsam. Nächste Ecke. Uuuuuuund. Nichts – der herrenlose (sorry, das ist politisch nicht korrekt) Ball segelt durch den US-Strafraum.

58. Minute: Beate kriegt eine SMS von Freund Axel aus der Südstadt: „Japan cool cool, go go!“

59. Minute: Ich sag’s Euch – die Amerikanerinnen geben den Löffel ab. Sie sind zwar optisch noch stärker, aber die Genauigkeit fehlt. Ich sehe schwarz, black, bzw. kuro, wie die Japaner sagen, für den hohen Favoriten.

64. Minute: Hauchdünn. Hauchdünn. Abseitsentscheidung. Einzige Fehleintscheidung der deutschen Schiedsrichterin – das wäre eine 100%ige für Japan gewesen. 

65. Minute: Kopfball durch die Ungeheuerin Wambach aus 10 Metern – super gehalten.

66. Minute: Zwei neue Spielerinnen für Japan. Frischer Wind. Neue Luft. Angriff?

69. Minute: Tor für die USA. 1:0 durch die eingewechselte Alex Morgan nach einem Konter. Wer hätte das geglaubt?

Beate Fechtig ruft in dieser Phase an – sie hat keine Internetverbindung mehr in der 2. Halbzeit und kann daher auch nicht skypen. „Ich würde gerne jetzt live kommentieren!“ Dann höre ich nur noch die Schreie im Stadion – doch keine Frau Fechtig mehr.

74. Minute: Japan, wo bleibst Du?

77. Minute: ARD-Mann Schmelzer ist bestens informiert und informiert uns, dass die US-Girls nach einer 1:0-Führung noch nie verloren haben.

78. Minute: Beate ist wieder online – ich bin froh! Zuschauerzahl: 48817 und damit ausverkauft.

79. Minute: Was nun, Herr Sasaki? Mana Iwabuchi muss aufs Feld, weil sie Japans Zukunftshoffnung ist. Gefählich nach vorne, also rein!

81. Minute: Ausgleich in Frankfurt. Sensation: Japan macht das Ding! 1:1 und das Stadion tobt total. Aya Miyama versenkt den Ball nach Abwehrfehler von Alex Krieger.

82.Min: Japan im Sturmlauf, Nagasato zwei Mal  knapp vor der Führung. Jetzt ist es ein Klassespiel!

84. Minute: Die US-Girls wütend, Carli Lloyd setzt zum Alleingang an, wird aber aufgehalten. Dynamisch, praktisch, gut.

85. Minute: Axel aus der Südstadt schreibt Beate nette SMSen: „Jaaaaaaaaaaaa“ sagt er zu Japans Treffer.

88. Minute: Gleich ist Schluss – das haben die Amerikanerinnen verschenkt, oder? Sie sind besser, treffen aber die Hütte nicht.

89. Minute: Beate geht der Saft aus – ich denke, den US-Girls geht es ebenso.

90. Minute: Noch einmal eine halbe Chance für Japan – Sakaguchi schießt knapp daneben, Japan am Drücker.

90. Minute + 1: 2 Minuten Nachspielzeit werden angezeigt. Amerikanisches Powerplay und Schreie des Entsetzens um Beate herum. Oh und Ah.

90.+2. Minute: Heather O´Reilly koffert drauf, die Amis sind sauer, yes they are.

 

Verlängerung. Freuen wir uns auf 2 x 15 Minuten.

22.34 Uhr: Locker machen. Kleine Massagen. Mineralwasser. Schmerzverzerrte Gesichter. Die Japanerinnen machen einen Kreis und sprechen sich Mut zu. Auch die Amerikanerinnen stecken ihre Köpfe zusammen. Jetzt gehts weiter.

Beate per SMS: „Diese Japnerinnen sind wirklich sensationell – mit diesem Ausgleich hat keiner gerechnet. Jetzt machen sie das auch, oder Andreas?“

 

22:38 Uhr: Auf geht’s!

91. Minute: Mein Sohn wacht auf und setzt sich zu mir. Sein Tipp: 6:4 für Japan im Elfmeterschießen.

93. Minute: Oh, Luxus: Beate Fechtig sitzt auf einem Kollegenplatz – mit Monitor und allem auf einem Edelplatz. Mit „Meine Südstadt“ gehts stetig bergauf! Der Platz gehört dem KStA, der seine Leute lediglich für die 90 Minuten bezahlt. 😉

94. Minute: In Frankfurt ist durchschnaufen angesagt nach der hektischen Schlussphase.

96. Minute: Fantastic: Alex Morgan stolziert durch Japans Strafraum und zieht ab – very good.

97. Minute: Gelbe Karte für Aya Miyama. Passt ja gut zur Hautfarbe.

98. Minute: Ganz großer Sport ist das hier im Moment nicht – alle sind müde. Kein Wunder, um Viertel vor elf. Ortszeit Tokio: Montag, 5:45 Uhr.

99. Minute: Die Amerikanerinnen sind irgendwie demoralisiert, so scheint es. Obwohl sie klar beser sind. Japan hat die besseren Sprinterinnen. Und das Publikum im Rücken.

101. Minute: Kinga schießt, aber es sind nur Schüsschen.

104. Minute: Ein typisches Wambach-Goal. Oh, no! God loves America: Wambach köpft das 2:1, weil vier Japanerinnen die Flanke verpassen.

 

Verlängerung, 2. Halbzeit.

15 Minuten bleiben den Japanerinnen noch, um den Ausgleich zu erzielen.

108. Minute: Sie geben nicht auf, diese erstaunlichen Japanerinnen…

109. Minute: „USA“-Sprechchöre in Frankfurt, aber unser Herz schlägt für Japan.

110. Minute: Verzweifelt werfen sich die Japanerinnen vor die Bälle der Amerikanerinnen – geschieht hier noch ein Wunder?

112. Minute: Unfassbar! Riesenchance für Japan. Hope Solo unterläuft eine Japan-Flanke, und in Frankfurt stoßen alle spitze Schreie aus. Yes, you can.

114. Minute: Rapinoe geht und wird bejubelt, Tobin Heath im Spiel. Who´s that girl?

115. Minute: Noch heiße fünf Minuten: Japan hat Chancen, weil sie nie, nie, nie aufgeben. Ist das nicht eine konfuzianische Lebensweisheit? Kinga jetzt mit der Chance, aber US-Torfrau Solo klärt. Und verletzt sich.

117. Minute: Das ist der Ausgleich. 2:2. Ecke Japan und da ist das Wunder!!! Das Wunder!!! Ausgleich durch Sawa, ja klar, dieser Super-Frau.

God loves Japan too.

118. Minute: Attacke USA, zum zweiten Mal lassen sie sich hier vom Weg abbringen. Not very American, ladies.

119. Min: Iwabuchi kommt rein, das Toptalent aus Japan. Und Wambach wirft sich in eine Flanke und trifft – fast.

120. Minute: Knapp verpasst Wambach aus 5 Metern.

120. Min: Rote Karte für Iwashimizu. Freistoß aus 16 Metern für Amerika.

120+2: Top-gefährlich, Super-Chance! Aber sie blocken den Schuss ab, diese Japanerinnen! Und werfen sich todesmutig in den Nachschuss. Mensch, das ist ein WM-Finale, wie wir es wollen.

 

Ende der Verlängerung – jetzt wird die Weltmeisterschaft im Elfmeterschießen entschieden.

Frauenfußball ist phantastisch und dieses Finale hier auch. Elfmeterschießen. Besser geht´s nicht. Wir gratulieren schon jetzt den Japanerinnen zu ihrer sagenhaften Energieleistung!

 

Die US-Girls gewinnen die Wahl und schießen den ersten Elfer.

Es geht los: Shannon Box schießt den ersten Elfer – und Kaihori hält!!! Mit dem rechten Fuß klärt die japanische Torfrau.

Japan: Miyama macht ihn rein, 3:2 Japan.

Unfassbar: Carli Lloy schießt in die Wolken. Japan führt!

Solo hält ihren ersten Elfer. Nagasato, schade, schießt ganz schwach! Immer noch 3:2 Japan.

USA verschießt den dritten Elfer.

Aber Wambach trifft. Jetzt kommts drauf an.

Eine Riesen-Sensation –  Kumagai schießt den entscheidenden Elfer rein!

Weltmeister!!! Japan ist Weltmeister!! JAPAN ist WELTMEISTERIN.

Herzlichen Glückwunsch, Japan! „Meine Südstadt“ gratuliert und freut sich mit dem ganzen Land.

 

Die armen Amerikanerinnen, verschenken so ein Spiel! Sie hatten den Titel schon greifbar nah und lassen sich den Schneid abkaufen. Too bad! Die Japanerinnen erhalten aus der Hand von Steffi Jones den „Fair-Play-Pokal“. Als beste Schiedsrichterin der WM wird die Deutsche Bibana Steinhaus und ihr Team ausgezeichnet. Abby Wambach (Applaus) und Marta (Buh-Rufe) werden ausgezeichnet als beste Stürmerinnen der WM – mit unterschiedlichen Reaktionen im Stadion. Zur besten Spielerin wird Homare Sawa gekürt. Und die beste Torhüterin der WM wird natürlich Hope Solo. Das ist okay, aber sie schaut sehr traurig aus.

Die Amerikanerinnen werden von Steffi Jones geherzt und erhalten vom Blatter Sepp, unserem Bundespräsidenten und drei weiteren Offiziellen ihre Silbermedaillen. Verdiente Siegerinnen jedoch sind die Frauen aus Japan, die die Goldmedaille bekommen. Steffi Jones übergibt die Weltmeister-Trophäe an die japanische Kapitänin Homare Sawa. Der obligatorische Goldregen darf natürlich nicht fehlen. Der ganze Rasen ist bedeckt. Und selbst oben auf der Pressetribüne kommt ein Goldschnipsel an – Beate bringt diesen mit in die Südstadt!

Frankfurt, Germany und „Meine Südstadt“ sagen Bye-bye to the World! Es war kein deutsches, aber doch ein schönes WM-Sommermärchen mit einem wirklich wunderschönen Ausgang.

 

Und wieder tragen die Japenerin ihr Transparent herum: „To our friends around the world: thank you for your support„. Japan dankt der Welt, wir danken dem Weltmeister Japan. Wir sehen uns in Kanada bei der nächsten WM der Frauen 2015. Oder wir sehen uns in der Südstadt, SAJONARA! Und lasst Euch morgen zur Feier des Tages mal Sushi schmecken!

Text: Gastbeitrag

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