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Kultur

„Die Furcht vor dem Tod ist ein Denkfehler“

Dienstag, 14. Mai 2013 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Meyer Originals

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

sagt Dr. Schneider auf der Bühne in dem Stück „Staying Alive“, das gerade im Freien Werkstatt Theater im Rahmen des diesjährigen Sommerblut Festivals aufgeführt wird.

Ein Mann und eine Frau betreten die Bühne. Schweigend ziehen sie ihre Schuhe aus. Dann zieht der Mann die Schuhe der Frau an und die Frau zieht die Schuhe des Mannes an. Ein Symbol für Organtransplantation. Darum geht es in dem Stück „Staying Alive“.

Wovor fliehen wir?
Wir fliehen vor Dingen, die wir fürchten. Schlagwörter könnten Identität, Inklusion, Behinderung, Intersexualität, Homosexualität, wirtschaftlichen Missständen, Krieg, Politik, Folter oder Tod sein. Mit diesen Themen setzt sich das diesjährige Sommerblut Festival auseinander und thematisiert sie unter dem Oberbegriff „Flucht“.

Organtransplantation
Rund 12.000 Menschen warten in Deutschland auf die Transplantation eines erkrankten Organs. 8.000 von ihnen warten auf eine Niere. Die Durchschnittswartezeit beträgt in Deutschland 5 Jahre. Das erfährt der Zuschauer bei „Staying Alive“. In anderen europäischen Ländern ist diese Wartezeit deutlich geringer. Dort gelten andere Regeln als in Deutschland. In Österreich ist jeder Bürger ein potentieller Organspender – es sei denn, er deklariert das Gegenteil. In Deutschland ist jeder Bürger kein Organspender – es sei denn, er füllt einen Organspendeausweis aus.

 

Foto: Meyer Originals

Durchschnittswartezeit 5 Jahre
Außer dem Mann und der Frau, die beide Dr. Schneider sind und von professionellen Schauspielern dargestellt werden, stehen drei betroffene Menschen auf der Bühne. Gerhard Häck ist 54 Jahre alt und hat sich auf einen Aufruf in einer Zeitung gemeldet, um an diesem Stück mitzuwirken. Bevor er stark erkrankte, hat er in der Veranstaltungsbranche gearbeitet. „Als ich vor sechseinhalb Jahren das erste Mal auf eine Organtransplantation hin untersucht wurde, bescheinigte mir der Arzt, dass die Voraussetzungen für den Erfolg der Operation optimal seien: Ich war körperlich in guter Form, mein Herz war gut und meine Gefäße auch.“ sagt er nach der Aufführung. Doch gut sechs Jahre, unzählige Dialysen, einen Herzinfarkt und tägliche Medikamenteneinnahme später, sieht es nicht mehr so gut aus. Es gab keinen kompatiblen Spender. Seine Ehefrau bot eine Lebendspende einer ihrer Nieren an. Doch das konnte Gerhard Häck nicht annehmen. Ein Teufelskreis in der Warteschlange. Die Zeit drängt. Der Eintrag „high urgency“ könnte ihn die Warteliste auf der Überholspur passieren lassen. Oder sollte man jüngeren Patienten den Vorzug lassen?

Luci, 16 Jahre ist ebenfalls Dialysepatientin. In drei Jahren wurde sie 33 Mal operiert. Eines Nachts erhält sie einen Anruf von der  Organtransplantations-Organisation. Ein passendes Organ war für Luci gefunden worden. Auf der Bühne erzählt sie ihre Geschichte. Doch auch sie leidet unter den zahlreichen Nebenwirkungen der Medikamente, die sie einnehmen muss. Unter anderem nehmen die Patienten Immunsuppressiva ein. Sie sollen dafür sorgen, dass ihr Körper das neu implantierte Organ nicht als Fremdkörper abstoßen soll. Aber dadurch wird ihre Immunabwehr geschwächt und sie werden anfälliger für Infektionskrankheiten, bekommen sogar Krebs. Wie Luci und Petra Schmid.

In der Zwickmühle
Petra Schmid hat seit ihrem 17. Lebensjahr Hepatitis C. Zweimal erhielt sie das immunstimulierende Protein Interferon – erfolglos. Ihr Immunsystem ist geschwächt und anfällig für weitere Krankheiten – bis hin zum Leberkrebs. Vor eineinhalb Jahren erhielt sie eine neue Leber. In ihrem Beruf als Krankenschwester kann sie längst nicht mehr arbeiten. Nach Ablauf der Lohnfortzahlungen ihres Arbeitgebers hat sie Krankengeld bekommen. Doch die Krankenkasse betrachtet all ihre unterschiedlichen Krankheiten als eine Krankheit. Daher wird ihr das Krankengeld nur 72 Wochen lang gewährt. Die 58-jährige Petra Schmid wünscht sich mehr Unterstützung von ihrem Arzt, um die Krankenkasse zu einer Fortsetzung der Zahlungen zu bewegen. Oder ihren Job zurück zu bekommen. Gerne würde sie arbeiten – soweit ihr gesundheitlicher Zustand dies erlaubt.
Die verschieden Patienten treten mit ihren verschiedenen Anliegen an den fiktiven Dr. Schneider heran. Er ist nicht zu beneiden. Er scheint die Macht über Leben und Tod zu haben. Er ist sichtlich überfordert.

Viele Fragen werden durch das Stück aufgeworfen: Wie prägt die Medizin heutzutage die Kultur des Todes? Wird der Mensch zum Austauschlager durch die Medizin? Die modernen Techniken ermöglichen es, unser Leben zu verlängern, aber die Folgeerkrankungen sind genau so schlimm. Kaum jemand stirbt mehr zu Hause, man stirbt im Krankenhaus hinter verschlossenen Türen, an Schläuche gebunden – der Tod ist nicht natürlich, er ist ein technisches Problem. Die Aufklärung über den Ablauf einer Nierentransplantation erfragt Gerhard Häck. Dr. Schneider legt einen beeindruckenden Nierentransplantations-Rap auf die Bühne: Fachtermini werden aneinander gereiht und in Rapper-Manier unverständlich und schnell gesprochen. Kein Mensch versteht etwas. Als Gerhard Häck ausruft: „Genau so habe ich mir das vorgestellt!“ kommen Lacher aus dem Publikum – tatsächlich ein witziger Moment im Stück.

Weitere Vorstellungen:
15., 16., 17., 18., 19. & 20. Mai
jeweils um 20 Uhr
 

 

STAYING ALIVE
sommerblut Kulturfestival und das Freie Werkstatt Theater

Ein Theaterprojekt über Organtransplantation
Schirmherrschaft: Dr. Frank-Walter Steinmeier MdB
Mit: Philipp Engelhardt, Gerhard Häck, Luci Löffler, Petra Schmidt, Sindy Tscherrig. Musik/Perkussion: Simon Camatta
Barbara Wachendorff (Inszenierung), Rolf Emmerich (Produktionsleitung), Birgit Angele (Bühne und Kostüme), Joachim Henn (Dramaturgie), Felix Dornseifer (Projektassistenz)

Text: Aslı Güleryüz

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