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Lükes Liebes Leben

Die Sehnsucht bleibt – Lükes liebes Leben

Mittwoch, 2. November 2016 | Text: Reinhard Lüke

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Ich bin spät dran. „War ma wech gewesen“. (Icke Hässler). Sardinien. War schön gewesen. Wetter hatte auch mitgespielt. Doch kaum daheim, könnt´ ich schon wieder. Die verlockenden Angebote sind da. Immer. Eigentlich. Ich hatte zwar noch nie wirklich die Absicht, an einer Puschalreise teilzunehmen, studiere aber aus unerfindlichen Gründen regelmäßig die entsprechenden Angebote, die einem so ins Haus flattern. Ob Donau-Kreuzfahrten, Sachsen-Trecking oder Westerwald-Rundreisen, ich bin da stets total fasziniert. Könnte man ja mal buchen. Ist ja auch immer „deutschsprachige Reiseleitung“ dabei. In der Wochendbeilage unseres Ortsheimatblattes wurde unlängst eine einwöchige Tour „Das andere Mallorca“ feilgeboten. Unter diesem komplett ausgelutschten Etikett firmiert inzwischen so ziemlich alles, was auf der Insel jenseits von Ballermann und Cala Rattata liegt. Macht aber nix. Der Prospekt verhieß massenweise „Entdeckungen abseits der Touristenpfade“. So sollte es per klimatisiertem Ausflugsbus beispielweise in das „entlegene Bergdorf Valdemossa“ gehen, wo man „die verschwiegene Kartause“ besichtigen könnte. Echter Geheimtipp. Macht ja auch sonst keiner auf Malle. Das ist ungefährt so originell, als würde man alternativen Köln-Touristen eine Dombesichtigung ans Herz legen. In Valdemossa, das den Aufenthalt von Frédéric Chopin und George Sand im Winter 1838/39 in eben jener Kartause mit einem Großangebot an Nippes schon immer geschäftstüchtig zu nutzen verstand, geht’s tagsüber zu wie auf der Schildergasse im Schlussverkauf. Und im „tief im Wald versteckten Kloster Lluc“ sieht´s auch nicht anders aus. Aber egal, die Leutchen werden nach ihrer Heimreise viel zu erzählen haben. Vom total anderen Mallorca.

Urlaub auf der Autobahn
Noch doller finde ich allerdings die Offerte eines Reiseanbieters aus Siegburg für einen Marokko-Trip. 10 Tage soll das Ganze dauern und bis nach Marrakesch führen. Kostenpunkt: schlappe 1700 Euro. Nun ja, Flug, Transfers, Halbpension – das läppert sich so zusammen. Flug? Von wegen! Mit dem (natürlich auch klimatisierten und total bequemen) Reisebus soll´s nach Afrika gehen. Ab Köln. Den diversen Entfernungsrechnern zufolge sind es allein bis Gibraltar knapp 2500 Kilometer und bis Marrakesh kommen nochmal locker 500 dazu. Also durchbrettern, bis der Fahrer das Gaspedal nicht mehr trifft. Mitnichten. Zum Wohle der Reisenden werden da ausgedehnte (Pinkel-)Pausen versprochen und auf zermürbende Nachtfahrten soll ebenfalls verzichtet werden. Oha. Unter diesen erschwerten Bedingungen schafft so ein Bus doch allenfalls 1000 Kilometer am Tag. Maximal. Hieße also, dass man für 1700 Euro 6 von 10 Reisetagen auf Autobahnen verbrächte. Ein Angebot für Masochisten oder Anhänger des weisen Der-Weg-ist-das-Ziel-Konfuzius? Keine Ahnung. Aber ich sage dem kreativen Reiseunternehmen aus Siegburg jetzt mal keine so große Zukunft voraus.

Kaum steig` ich bei der Rückkehr aus dem Urlaub aus dem Flieger, werd´ ich schon beim Warten auf den Koffer von den neuen Ergüssen des neudeutschen Gefühligkeits-Pop beriesel. Der ehemalige Weltenretter Tim Bendzko hat offenbar inzwischen auch jede ironische Distanz ad acta gelegt und textet jetzt er sei „doch keine Maschine“ sondern ein „Mensch aus Fleisch und Blut“. Und dass er leben will „bis zum letzten Atemzug“. Wird ihm, nach allem, was man so weiß, wohl eh nix anders übrig bleiben. Solange die Kreatur Luft schöpft, lebt sie, danach ist Ende. Der Höhepunkt dieser grottigen Schwurbelei ist der Vorsatz: „Ich will mein Leben selbst gestalten“. Kann mir mal irgendwer erklären, wann, wie und warum dieser dummdöselige Sozialpädagogen-Selbsterfahrungs-Sprech aus den 70ern Einzug in den neudeutschen Fortschritts-Pop gehalten hat?

Die Zeit war schwer
Aber es geht ja immer noch schlimmer. Max Giesinger: „Wenn sie tanzt“. Textauszüge: „Ne ganz normale 50 Stunden Woche. Heim kommen und erst mal für die Kleinen kochen, ist für sie ja kein Problem, weil die Kids für sie an erster Stelle stehen. Sie fragt sich, wie es gelaufen wäre ohne Kinder, selber laufen lernen, aber ihr Tag lässt keine Pause zu.“ Schluck. Eine Alleinerziehende im aufopferungsvollen Dauerstress. Und dann kommen die total unerfüllten Träume der Geplagten von Barfuß-Gehen in New York, dem Trampen in Alaska und dem blauen Wasser vor Bali. Im dazugehörigen Video bewegt sich eine junge Dame im gelben Kleid in Slomo an fernen Gestaden. Was ist das? Eine Auftragsarbeit fürs Mütter-Genesungswerk? Nö. Eher ein dreistes Cover einer meiner All-Time-Favorits von den Kastelruther Spatzen. Die volkstümelden Südtiroler in Krachledernen texteten nämlich schon 1989 unter dem Titel „Doch die Sehnsucht bleibt“ dieses zusammen: „Da ist ein Kind, das seinen Vater nicht kennt. Eine Mutter, die manchmal nachts seinen Namen nennt. Sie war verliebt und glaubte dem Liebsten auf’s Wort, doch alles kam ganz anders. In ihrer schwersten Stund‘ da ließ er sie alleine und ging für immer fort! Doch die Sehnsucht bleibt für Mutter und Kind nach einem starken Mann, da sie alleine sind. Sie halten fest zusammen, mag kommen auch was mag. In ihrer starken Liebe meistern sie den Tag! Sie mußte allein ihre ganzen Sorgen tragen, die junge Mütter als Alleinerziehende haben. Die Zeit war schwer, es half ihr niemand dabei. Sie hat auf viel verzichtet, ihr Kind war ihr das wert.“ Okay, die Zenz im Dirndl täumte jetzt nicht unbedingt von der großen weiten Welt und einem Tänzchen an der Copacabana, aber unter dem Strich sind die Unterschiede zur 27-Jahre-später-Version des German-Progressive-Hits doch eher marginal. Auch musikalisch. Meine Güte, da steckt doch allein in dem Refrain „Hochhaus, Hochaus mit wehendem Haar“ (Funny van Dannen) mehr Poesie und Lebensklugheit als in an all diesem unterbelichteten, neudeutschen Selbsterfahrungs-Pop.

Text: Reinhard Lüke

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