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Südstadt

Ein Dienstag, früher Nachmittag, kurz vor 14 Uhr.

Donnerstag, 21. Februar 2019 | Text: Jeannette Fentroß | Bild: Stefan Rahmann/Marc Loecke

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Die Sonne schob sich durch die Wolken, es versprach ein schöner Nachmittag zu werden. Nach dem Regen der vergangenen Tage lag schon ein wenig Frühling in der Luft, die Karnevalszeit war überstanden und der gewohnte Alltag wieder eingekehrt. Doch in der Kölner Südstadt sollte schon bald alles anders als sein als bisher: Um 13:58 Uhr stürzte Waidmarkt das Historische Stadtarchiv ein. Zwei benachbarte Häuser wurden stark beschädigt und zwei Menschen kamen dabei zu Tode. Eine Tragödie.
Beim Einsturz wurden wertvolle Dokumente der Stadt- und Kulturgeschichte Kölns unter den Trümmern des Gebäudes begraben und von einfließendem Grundwasser sowie kiesig-sandigem Boden bedeckt. Eine Katastrophe.

Erinnerungen nach 10 Jahren

Als ursächlich für das Unglück waren rasch mögliche Fehler beim Bau der Nord-Süd-Bahn ausgemacht. Doch die Verantwortlichen wiegelten ab, ein zähes Ringen um Wahrheitsfindung und Verantwortungsübernahme begann. Jede neue Feststellung zur Ursachenforschung bedeutete für die Familien und Angehörigen der Opfer und andere Betroffene zusätzliche Belastungen. Obwohl mehr als neun Jahre lang viele Gutachten erstellt wurden, kam es erst jetzt, im Februar 2019 – gerade noch rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist – zu einem Urteil. Und das stellte fest, dass ein Loch in einer Stützwand ursächlich für den Einsturz war. Der angeklagte Oberbauleiter wurde zu einem Jahr Haft auf Bewährung wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Zuvor war bereits der Bauüberwacher zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt und drei Angeklagte freigesprochen worden. Ein Zivilprozess um die angesetzte Schadenssumme von mindestens 1,2 Milliarden Euro wird noch folgen.
In der ganzen Zeit der Beweisaufnahme und Aufarbeitung gab es an unterschiedlichen Stellen viele Versäumnisse, die uns noch heute schockieren: Verantwortlichkeiten wurden auf unerfahrene Bauüberwacher geschoben, Pfusch beim Bau der Schlitzwände, fehlende Bewehrungseisen (die wohl stattdessen beim Schrotthändler verkauft wurden) und stetig steigende Wassermengen in der Baugrube, die niemanden alarmierten, sind scheinbar nur die Spitze eines Eisbergs mit später folgenden Vertuschungsversuchen.

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Genaue Erinnerung immer schwieriger

Manchmal fällt es schwer, sich an den Tag des Archiveinsturzes zu erinnern. Nicht nur aus Trauer und Wut über Schlamperei, sondern auch, weil inzwischen viel Zeit vergangen ist. So ging es auch den 79 Zeugen im Hauptprozess vor der Großen Strafkammer: Einige konnten sich nach nunmehr rund 10 Jahren nicht mehr genau erinnern. Aber die Erinnerung bleibt wesentlich. Wie bei anderen großen Ereignissen der Zeitgeschichte erinnern wir uns oftmals noch genau, wo wir gewesen sind, als uns die schlimmen Nachrichten erreichten.

Wo wart ihr am 3. März 2009 um 13:58 Uhr?

An den 3. März 2009 kann ich mich noch gut erinnern. Meine Söhne waren damals noch klein und freuten sich auf das wöchentliche Kinderturnen am Dienstagnachmittag. Das Radio lief in der Küche und ich traute meinen Ohren nicht, als die erschütternde Nachricht vom Einsturz des Stadtarchivs gemeldet wurde. „Das kann doch nicht sein!“, dachte ich und hatte sofort den schiefen Kirchturm von St. Johann Baptist an der Severinstraße im Kopf, der sich beachtlich nach Westen neigte, als 2004 ein Versorgungsschacht für den Bau der Nord-Süd-Stadtbahn unter der Kirche vorgetrieben wurde. „Hoffentlich ist nicht schon wieder der Tunnelbau der Auslöser“, gingen meine Gedanken weiter – die Entfernung vom Archiv zur Kirche betrugen schließlich nur rund 200 Meter. Aus der Vermutung wurde bald beängstigende Gewissheit. Der Radiosender meldete, dass alle Turnhallen im Stadtgebiet bis auf weiteres für eventuelle Evakuierungen freigehalten werden müssen. „Heute fällt das Kinderturnen wohl aus“, sagte ich zu den Jungs. Ein mulmiges Gefühl schlich sich ein, denn tatsächlich wohnten wir gar nicht weit von der im Bau befindlichen Tunnelröhre der Nord-Süd-Bahn entfernt. Im Verlauf der Bohrungen waren Erschütterungen spürbar und viele Häuser hatten auf einmal Risse an den Fassaden und in den Wohnräumen. Was geschieht, wenn noch mehr Gebäude einstürzen?

Kinder gut zu Hause angekommen?

Diese Frage beschäftigte wohl auch eine befreundete Architektin, deren Sohn 2009 gerade das Kaiserin-Augusta-Gymnasium besuchte. Das Schulgrundstück grenzt unmittelbar an die Unglückstelle. Dienstags hatten die Schüler nur bis mittags Unterricht, gegen 13.30 Uhr traten sie den Heimweg an. Manchmal trödelten die Kids und es wurde noch ein Kiosk auf der Severinstraße unweit des Stadtarchivs angesteuert. Sonst warteten nach Schulschluss hunderte Schüler an der Haltestelle Waidmarkt, also unmittelbar am Archivgrundstück, auf ihren Bus. Als die Nachricht vom Einsturz gemeldet wurde, war die Sorge sofort riesengroß und meine Freundin versuchte ihr Kind zu erreichen und auch Zuhause anzurufen. „Ist Martin gut angekommen?“ rief sie beunruhigt ins Telefon. Von dem Unglück hatte ihr Mann noch nichts mitbekommen und wunderte sich daher über die Aufregung, „Ja, alles gut – was ist denn los?“ Als er erfuhr, was passiert war, überkam auch den Vater ein bedrückendes Gefühl. Die Kinder waren aber bereits vor dem Zeitpunkt des Einsturzes in die Busse gestiegen und inzwischen Zuhause angekommen. Neben der KAS blieben auch das FWG und eine Schule des LVR im März 2009 für den Rest des Monats aus Sicherheitsgründen gesperrt. Die Statik der umliegenden Gebäude sowie die Tragfähigkeit des Untergrunds mussten erst durch Gutachten überprüft werden. Auch nach der Entwarnung für die Schulgebäude blieb aber die Turnhalle der KAS, die unmittelbar an die Einsturzstelle grenzte, weiterhin gesperrt.

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Mit einer Forschungsarbeit zur Kölner Kirchengeschichte war 2009 eine meiner früheren Kolleginnen beauftragt. Fast täglich sichtete sie daher historische Unterlagen im Stadtarchiv. Wie durch eine schicksalhafte Bestimmung hielt sich die Historikerin aber genau zum Zeitpunkt des Unglücks nicht im Gebäude auf: Am Morgen des 3. März war sie bereits auf dem Weg in die Severinstraße 222 gewesen, doch ihr Tag irgendwie schon hektisch losgegangen, so dass sie einige ihrer Unterlagen zuhause vergessen hatte und noch mal zurück nach Haue musste. Noch auf dem Rückweg klingelte ihr Handy ständig. Von weiteren Kollegen, die froh waren, sie erreichen zu können, erfuhr sie dann vom Einsturz.
Tragödie ohne Ende - Gedenkfeier Stadtarchiv

Datum bleibt unvergessen

3. März 2009 – dieses Datum bleibt für viele Kölner unvergessen. Eine Woche zuvor feierte die Stadt noch Karneval und tausende Menschen hielten sich am Sonntag sowie am Rosenmontag am Zugweg entlang der Severinstraße auf. Nicht auszudenken, was hätte passieren können, wenn genau während des Kölner Rosenmontagszuges das historische Archiv eingestürzt wäre…
10 Jahre später fällt der 3. März 2019 wieder in die Karnevalszeit. Am Karnevalssonntag ist eine Gedenkveranstaltung an der Einsturzstelle geplant, während parallel der große Schull- un Veedelszoch durch die Südstadt läuft.

Text: Jeannette Fentroß

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