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Kultur

Für einen Abend bist du in Frankreich

Mittwoch, 9. Mai 2018 | Text: Alida Pisu

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Die Frankophonen im Veedel und darüber hinaus haben in Kürze einen Pflichttermin: Am 18. Mai findet die Neuauflage des im letzten Jahr erfolgreich gestarteten Petit Festival „francofolie“ in der Lutherkirche statt. Teilnehmende Bands sind „Toi et Moi“, „Chanson Trottoir“ sowie „Marion & Sobo Band“. Eigentlich waren Marion, Sobo und ich zu einem Gespräch über das Festival verabredet. Doch die beiden aus Bonn Angereisten hatten eine Autopanne. Während Sobo auf den Abschleppdienst wartete, hetzte Marion ohne Sobo, dafür aber mit Gitarre, zu unserer Verabredung. Und wusste viel zu erzählen.

Was kann man sich unter „francofolie“ vorstellen?
Wir wollen ein Festival-Feeling, es soll ein richtiges Ereignis sein. Deshalb haben wir drei Bands uns schon mit Jan Krauthäuser getroffen, der das Festival gestaltet. Dabei haben wir uns überlegt, dass wir jetzt mit „francofolie“ ein Format machen, das wir auch in anderen Städten machen können, wenn es in Köln gut ankommt.

Vielleicht haben wir dann ja bald einen neuen Kölner Exportschlager?
Ja, vielleicht. In Köln ist viel los und die Leute in NRW haben auch viele Angebote. Französische Musik kann man schon hier und da hören, aber bei uns ist es eine Mischung. Es ist ein Konzert, es ist eine Party und es ist ein Lebensgefühl mit Quiche. Das ist die Idee, das man sagen kann: Für einen Abend bist du in Frankreich! Aber es geht eigentlich nicht nur um Frankreich, es geht um die französischsprachige Musik von allen möglichen Kontinenten. Diese Vielfalt wollen wir feiern. Auch mit Klängen aus Afrika oder Brasilien.

Du spielst mit der „Marion & Sobo Band“ auch Gypsy Jazz. Welche musikalischen Einflüsse kommen da zusammen?
Gypsy Jazz ist Swing-Musik aus Europa. Bei Swing denkt man an die Big Band – Orchester wie Benny Goodman mit Schlagzeug, Bläser und allem. Das Pendant in Europa ist von Django Reinhardt entwickelt worden. Gypsy Jazz ist eine Mischung aus Swing aus den USA und Sinti-Musik. Gypsy Jazz bringt West- und Osteuropa zusammen. Was ihn ausmacht: es gibt kein Schlagzeug. Das ist der große Unterschied zwischen amerikanischem und europäischem Swing. Den rhythmischen Sound machen wir nur mit speziellen Gypsy Jazz–Gitarren. Es ist sehr spannend, perkussive Rhythmen zu kreieren, ohne dass man vom Schlagzeug abhängig ist.

In Eurer Band „prallen“ sehr unterschiedliche Kulturen aufeinander. Wie erlebt Ihr das? Eher als Hindernis oder als Bereicherung?
Ich bin Franko-Amerikanerin, Sobo ist Pole, und wir haben uns in Deutschland kennengelernt. Aber wir treffen uns als Musiker. Unterschiedliche Staatsangehörigkeiten haben auch unterschiedliche musikalische Genres, doch Musik kann eines sehr gut machen: Menschen und Kulturen zusammen bringen. Sowohl auf der Bühne als auch im Publikum. Es ist auch schön bei dem „francofolie“-Festival, dass man mit Bands, die etwas anderes machen, die Bühne teilen kann. Trotzdem haben wir ja einen roten Faden, der uns verbindet. Und mit meiner Band merke ich auch die Spielfreude, die wir haben. Wir wollen den Kontakt zum Publikum haben und für das Publikum spielen.

Das Publikum spürt ja auch, wenn der Funke überspringt.
Ich habe sehr viel Glück, dass Musik mein Leben sein kann. Und dass man Menschen durch Musik auch „heilen“ kann. Die Leute kommen zum Beispiel angespannt, weil sie eine schwere Woche hatten. Dann sitzen sie da und merken, dass sie erst mal für ein paar Stunden da sind und erfahren Momente, in denen man sagen kann: „Hier ist es sicher. Hier kann man sich entfalten und entspannen.“ Das wir Musiker diese Momente im Leben von Menschen kreieren können, ist einfach unglaublich schön. Das ist es, was wir geben können. Ein paar Stunden, in denen man im Moment sein kann. Dann kann man alles andere vergessen und ein bisschen Frieden finden.

Das hat schon eine spirituelle Qualität.
Ja. Und die Funken gehen sowohl von der Band zum Publikum als auch vom Publikum zur Band. Das ist für uns auch schön und wichtig. Diese Energie und das, was man vom Publikum zurück bekommt. Das ist nicht greifbar, es liegt einfach in der Luft.

Du singst nicht nur in insgesamt sieben Sprachen…
Ich sehe Sprachen wie Musik. Für mich ist Musik eine Sprache und Sprache ist für mich Musik. Ich will meine Stimme als Instrument nutzen, damit meine Stimme vielseitige Klänge kriegt. Aber auch die Vielseitigkeit der Klänge durch die Melodie der Sprache möchte ich haben. Ein Lied auf Brasilianisch klingt anders als das gleiche Lied auf Englisch gesungen.

Viele der Stücke, die du singst, schreibst du selbst. Hast du bestimmte Themen?
Meine Themen sind sehr unterschiedlich. Auf unserem Album „Migrateurs“ haben wir zum Beispiel Geschichten wie die von der Nachbarin, die mit dem Besen klopft, weil die Musiker zu laut sind. Ein bisschen Humor und Ironie dürfen ja dabei sein. Oder ein Lied über das Haus meiner Eltern, in dem die Schränke voller Kram sind und man dann denkt, dass man mal aufräumen müsste. Oder das Haus tauschen und neu starten. Dann auch noch ein Lied über einen Mann, der im Lotto gewinnt und sich entscheidet, Seemann zu werden, obwohl er keinen Fisch mag. Ich habe das Lied aus der Perspektive seiner sehr skeptischen Frau geschrieben, die keine Lust hat, ans Meer zu gehen.

Dann schon mal vielen Dank für das Gespräch!

„francofolie“ – Festival und Party am 18. Mai 2018
Lutherkirche, Martin-Luther-Platz 2, 50677 Köln
Tickets unter: https://www.suedstadt-leben-koeln.de/[…]
Teilnehmende Bands: Marion & Sobo Band, Chanson Trottoir & toi et moi

Text: Alida Pisu

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