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Politik

Ich bin durch und durch Multikulti

Donnerstag, 22. Mai 2014 | Text: Antje Kosubek | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Rund ein Drittel aller Kölner haben einen so genannten Migrationshintergrund. Während in Finkenberg 77 Prozent der Bewohner Migranten sind, kommt die Südstadt nur auf etwas über 30 Prozent. Der Integrationsrat (früher: Ausländerbeirat) ist ein 33-köpfiges Gremium. Davon werden 22 Mitglieder direkt von den Wahlberechtigten gewählt und weitere elf vom Stadtrat entsandt. So saß auch Jörg Uckermann von „Pro Köln“ in der letzten Legislaturperiode im Integrationsrat. Eine logische Folge aus dem Wahlergebnis der letzten Kommunalwahl 2009, erklärt Ossi Helling, sozialpolitischer Sprecher der Grünen und Mitglied im Integrationsrat: „,Pro Köln‘ hat Fraktionsstärke und damit einklagbare Ansprüche auf Sitze in den Ausschüssen und somit auch im Integrationsrat.“  

?Der Integrationsrat kann eigenständig Anfragen und Anträge an die Verwaltung stellen und auch über die Vergabe der Zuschüsse für interkulturelle Zentren entscheiden. Die „Interkulturellen Zentren“ sind für Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Wurzeln Orte der Begegnung. Antonella Giurano (Foto oben) kommt gebürtig aus Sardinien und kandidiert bereits zum dritten Mal für den Integrationsrat. Sie ist Vorsitzende des Interkulturellen Zentrums „Offene Welt Mondoaperto“ in der Südstadt und engagierte sich schon als Jugendliche in der Politik: „Ich wurde kürzlich gefragt, ob es überhaupt noch nötig sei, einen Integrationsrat zu haben. Ich bin erstaunt über die Frage. Bis Köln keinen Integrationsrat mehr braucht, dauert es noch viele Jahre. Integration ist ein Querschnittsthema, das betrifft ja auch Senioren, Jugendliche und Kinder. Die mangelnde Wertschätzung des Integrationsrates ist ein großes Problem. Zudem muss sich die Verwaltung interkulturell öffnen. Wir hatten immer wieder angesprochen, wie schwierig es für Jugendliche mit Migrationshintergrund ist, in die Verwaltung zu kommen. Daran haben wir Jahre gearbeitet und einen echten Erfolg erreicht.“

?Der Integrationsrat setzt sich auch für einen gleichberechtigten Zugang zur Bildung ein. Der Anteil der berufstätigen Migranten in der Kölner Verwaltung lag vor Jahren noch bei 2,5 Prozent und stieg nun an auf 33 Prozent. Das sieht auch Ossi Helling: „Ohne den Integrationsrat wäre die Ausbildungsquote bei der Stadt Köln für jugendliche Migranten nicht auf über 20% gestiegen.“?Die türkischen Migranten bilden die größte Gruppe in Köln, nach den deutsch-russischen Migranten kommen die Italiener. Antonella Giurano bemerkt derzeit sogar einen stärkeren Zuwachs an Italienern, die nach Deutschland kommen. Im Zentrum „Offene Welt Mondoaperto“ werden nicht nur Sprach-, Senioren-, Tanz- oder Geschichtskurse angeboten, sondern auch soziale oder juristische Beratungen.??„Natürlich ist unser Publikum vorrangig italienisch. Offiziell gelten die Italiener als gut integriert in Köln, aber das sind wir gar nicht. Wenn sie die Schulabschlüsse und beruflichen Erfolge ansehen, liegen wir weit hinten.“?Während 2004 die Wahlbeteiligung für die Integrationswahl noch bei 16 Prozent lag, sank diese 2010 auf knappe acht Prozent. Durch die Zusammenlegung mit der Europa- und Kommunalwahl erhofft sich der Integrationsrat nun mehr Wähler unter den Migranten. Tayfun Keltek von der SPD-nahen „Liste der deutsch-türkischen Demokraten in Köln“ (LDK) ist Vorsitzender des Integrationsrats. Er bringt viel Erfahrung mit. Seit 1984 ist er gewähltes Mitglied des Integrationsrates in Köln und seit 1996 Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Migrantenvertretungen (LAGA) in NRW.

?Im Juni 2009 hat der Landtag in Nordrhein-Westfalen die Gemeindeordnung geändert und aus dem Ausländerbeirat wurde der Integrationsrat. Dadurch ergaben sich einige Änderungen. Zum Beispiel ist die Wahl als reine Briefwahl nicht mehr zulässig; die Wahlordnung musste sich an der Kommunalwahlordnung orientieren. Antonella Giurano bedauert das: „Die Briefwahl gab vielen Menschen die Möglichkeit,  zu Hause zu wählen. Die Kinder hatten geholfen, den Zettel auszufüllen. Ich habe hier viele Senioren, die fragen mich, was sie machen sollen. Sie haben die Wahlbenachrichtigung nicht mehr, hatten vergessen, dass gewählt wird und den Brief weggeworfen. Die Leute haben Angst zu wählen – auch wegen der sprachlichen Barrieren.  Für sie bedeutet es Stress, irgendwo zu stehen und vielleicht nicht zu wissen, wie sie es machen sollen. Da alle Bezirksrathäuser vor der Wahl bis 18 Uhr offen sind, haben wir hier im Zentrum organisiert, dass wir sie dorthin begleiten können.“
?Sie kandidiert dieses Mal für eine rein italienische Liste „Italiener für Köln“. Sie selbst bezeichnet sich jedoch als ‚durch und durch multikulti‘: “Schade ist, dass die älteren Menschen Angst haben und die Jüngeren sich nicht für die Politik interessieren. Das müssen wir ändern! Wenn wir die Wahlbeteiligung erhöhen wollen, dann müssen wir direkt zu unseren Landsleuten gehen.“

?Auf der Schildergasse treffe ich an einem sonnigen Samstagmittag Barbara Brunelli (Foto unten) am Wahlkampfstand. Sie ist seit 2010 für die GOL („Grün-Offene Liste Migration“) als stellvertretende Vorsitzende im Integrationsrat und als „sachkundige Einwohnerin“ im Gesundheitsausschuss tätig. Über die Arbeitskreise „Integration und Migration“ kam sie zum Integrationsrat: „Die Themen sind sehr wichtig. Immerhin haben 50% der Kölner Jugendlichen zwischen 10 – 20 Jahren einen Migrationshintergrund. Diese Kinder schneiden in Bildungsthemen schlechter ab und haben es viel schwieriger auf dem Arbeitsmarkt.“  Die 35-jährige lebt seit neun Jahren in Deutschland und kommt ursprünglich aus Italien. Besonders stolz ist sie auf den Beschluss der letzten Sitzung des Integrationsrates: „Wir haben einen Antrag für ein Politprojekt auf anonyme Bewerbungen in der Kölner Verwaltung gestellt. Bewerbungen können dann ohne Namen und Geschlecht abgeschickt werden. Damit soll eine Diskriminierung nach Herkunft oder Geschlecht ausgeschlossen werden. Denn Menschen mit ausländisch klingenden Namen oder Frauen im gebärfähigen Alter werden oft zu Bewerbungsgesprächen gar nicht erst eingeladen. In der nächsten Legislaturperiode möchten wir, soweit das Pilotprojekt gute Ergebnisse gezeigt hat, Maßnahmen ergreifen, um auch Unternehmen in Köln davon zu überzeugen. Bis Sommer muss die Verwaltung nun ihren Standpunkt dazu erklären und vielleicht kann es schon ab 2015 umgesetzt werden.“

?Der Integrationsrat kann bei integrationspolitisch relevanten Themen rechtzeitig mitberaten und -entscheiden. So auch bei der Sprachförderung in Kindertagesstätten und Schulen.  So hatte der Rat 2004 auf Anregung des ehemaligen Ausländerbeirates der Bezirksregierung Köln empfohlen, nach einer erfolgreicher Vorbereitungsphase eine deutsch-türkische Klasse an der Grundschule Gereonswall einzurichten. Brunelli: „Wir wollen uns auch für bilinguale Kindertagesstätten einsetzen. Und zwar nicht nur für deutsch-englisch, sondern auch italienisch, türkisch, spanisch oder russisch – immer in Abhängigkeit von den Kindern. Hier ist die Gesellschaft längst weiter als die Politik. Freie Träger und private KITA’s bieten das längst an, nur die Stadt Köln hinkt da noch hinterher.“
?Der Integrationsrat beschäftigt sich mit vielen Themen. So setzte er sich für einen Gebetsraum am Köln-Bonner Flughafen ein. Nun haben unter anderem Christen, Muslime, Juden, Buddhisten oder Hinduisten seit 2013 die Möglichkeit dort einen Gebetsraum aufzusuchen. An vielen internationalen Flughäfen in Deutschland war das bereits schon möglich.

?Ein großes Thema für die Kölner Politik und Gesellschaft wird in Zukunft die Unterbringung der Flüchtlinge sein. Dieses Thema ist dem Integrationsrat nicht neu. Ossi Helling: „Die humane Flüchtlingsunterbringung ist eine Herausforderung für Köln. Wir gehen davon aus, dass unsere Millionenstadt diese Herausforderung bewältigen kann.“

?Auf der Schildergasse ist der frisch aufgebrühte Tee mit Zimt aus Eritrea der Renner. Barbara Brunelli muss zurück zum Stand und gibt mir noch eine letzte Botschaft auf den Weg: „Was wir allerdings noch benötigen, ist die gesellschaftliche Gleichstellung der Migranten. Solange Menschen mit einem ‚ausländisch-klingenden‘ Namen drei Mal so viele Bewerbungen für einen Arbeitsplatz verschicken müssen wie Menschen mit deutschen Namen, sind Integrationsräte notwendig, um diese Gleichstellung durchzusetzen. Alle Menschen sollen die gleichen Chancen haben, unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht, sozialem Status und Hautfarbe. Für mich ist Integrationspolitik eigentlich Gleichstellungspolitik.“

 

 

 

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Text: Antje Kosubek

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