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Kultur

„Ich habe zwei Nächte im Müll gewühlt“

Donnerstag, 19. Oktober 2017 | Text: Reinhard Lüke | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Es gibt miserable Filme, passable, gute und herausragende. „The Square“ des schwedischen Regisseurs Ruben Ötslund gehört eindeutig in die letzte Kategorie. Dabei mutet das Setting keineswegs spektakuär an. Christian, smart, intelligent, gutaussehend, geschieden und Kurator eines Museums für Moderne Kunst, bereitet die Inszenierung einer Sozialen Skulptur vor, bei der es um Werte wie Gerechtigkeit, Empathie und Vertrauen geht. Doch neben seiner engagierten Arbeit für die hehre Kunst wird der Kultur-Manager in seinem Alltag immer wieder mit einer realen Parallelwelt konfrontiert, in der ihm sein Handy geklaut wird, die Kinder nerven und er ständig auf Bettler reagieren muss.

 

Der Film ist eine ebenso intelligente wie süffissante Parabel über den Kunstbetrieb, ohne sich über ihn lustig zu machen. Vielmehr führt er seine Hauptfigur ständig in Situationen, bei denen man sich als Zuschauer unwillkürlich  fragt, wie man sich selbst verhalten hätte. Dennoch ist der Film bisweilen zum Brüllen komisch und wartet überdies mit der originellsten Kondom-Sequenzen der Filmgeschichte  auf. Die Hauptrolle in diesem Ausnahme-Film, der Anfang des Jahres in Cannes mit der Goldenen Palme für den Besten Film geehrt wurde, spielt der Däne Claes Bang, der bis dahin vor allem in Filmen und Serien wie dem schwedischen Mehrteiler „Die Brücke“ und auch in diversen deutschen TV-Produktionen mitgewirkt hat. Reinhard Lüke sprach mit Claes Bang am 16.10.2017 anlässlich der Vorab-Premiere des Films im Odeon, wo „The Square“ ab heute zu sehen ist.

Meine Südstadt: Sind Sie in letzer Zeit einem Bettler begegnet?
Claes Bang: Natürlich. Die trifft man ja inzwischen fast überall. Gestern war ich mit meiner Pressebetreuerin im Bahnhof unterwegs, als vor unseren Augen ein Mann, dem Anschein nach ein Obdachloser, zusammenbrach. Wir haben den Notruf angerufen, aber dann kam eine jüngere Frau mit einer Tüte leerer Flaschen dazu und erklärte, sie sei Ärztin und würde sich um den Mann kümmern. Sie sah nicht unbedingt nach einer Ärztin aus. Und dann war da noch eine ältere, grell geschminkte, Frau, die schon die ganze Zeit dabei war und irgendwann sagte, der Zusamengebrochene sei ihr Ehemann, dem gehe es gut und wir sollten ihn in Ruhe lassen. Eine etwas surreale Szene.

Es ist manchmal kompliziert, ein guter Mensch zu sein. Was ja auch Christian im Film erfahren muss…
C.B.: Ja. Wobei er die Dinge aber auch gern ein bisschen komplizierter macht, als sie eigentlich sind. Aber natürlich würde er von sich behaupten, ein guter, hilfsbereiter Mensch zu sein. Was er durchaus auch sein möchte. Es gelingt ihm aber leider nicht so gut.


„Ich warte einnfach mal ab, was passiert.“

 

Bisweilen hat er auch mit bedürftigen Menschen zu tun, die nicht gerade als Sympathieträger taugen. Wie etwa der Junge, der ihn verfolgt und ständig anbrüllt…
C.B.: Stimmt, aber der Darsteller des Jungen ist so ein lieber und zurückhaltender kleiner Kerl. Doch sobald der Regisseur „Action!“ sagte, ist der förmlich explodiert. Als Schauspieler ein echtes Naturtalent. 

Hat der Erfolg in Cannes ihr Leben verändert? Zumindest ihr berufliches?
C.B.: Ein wenig schon. Zumindest bekomme ich jetzt zunehmend auch Angebote aus den Ausland, vor allem aus den USA…

Das riecht nach Hollywood-Karriere…
C.B.: Ich warte einnfach mal ab, was passiert. Im Moment bekomme ich jedenfalls drei, vier Bücher pro Woche zugeschickt. Das war vor Cannes nicht unbedingt so. Aber derzeit spiele ich erstmal Theater in Odense.

„The Square“ ist ihre erste Zusammenarbeit mit Regisseur Ruben Östlund. Wie kam der Kontakt zustande?
C.B.: Ganz normal. Durch ein reguläres Casting. Aber das war schon ziemlich heftig, da es in drei Sessions jeweils über zwei, drei Stunden ging und vor allem Improvisation gefragt war. Es gab also keinen vorgegebenen Text. So ist beipielsweise ist die Rede, die Christian im Museum vor Sponsoren hält, zu weiten Teilen mit meiner Improvisation beim Casting indentisch.

Östlund ist ja dafür bekannt oder berüchtig, dass er von einer Einstellung nicht drei bis vier sondern eher dreißig bis vierzig Takes drehen lässt…
C.B.: Oder auch mal hundert. Bei meiner Rede waren es jedenfalls annährend so viele.

Wie lange hat es für die grandiose Sequenz mit dem Affen-Menschen beim Gala-Dinner gebraucht?
C.B.: Die Szene dauert im Film zwölf Minuten, aber für den Dreh haben wir drei Tage gebraucht.

Dann haben Sie vermutlich auch länger als eine Stunde im Müll gewühlt…
C.B.: Allerdings. Zwei Nächte lang und pitschnass bin ich für die verschiedenen Kameraeinstellungen in dem  Abfall herumgekrochen.

Bedauert man in solchen Momenten die Digitalisierung?
C.B.: Könnte man. Auf eine Filmrolle passten schließlich nur acht Minuten und Zelluloid war vergleichsweise teuer. Hier haben wir fünf Takes a 25 Minuten gemacht. Solch exzessive Drehs über vier Monate hätten Produzenten früher niemals genehmigt.

Wie reagiert man als Schauspieler auf diese ständigen Wiederholungen. Ist man wütend und genervt? Wird man von Selbstzweifeln befallen oder ist man irgendwann einfach nur noch erschöpft?
C.B.: Alles zusammen. Selbstzweifel hatte ich allerdings nur am Anfang,  weil Ruben kein Regisseur ist, der einem nach einem Take ein Feedback gibt. Er sagt dann immer nur: „Okay, machen wir noch eine.“. Andererseits war diese Art zu arbeiten, für mich ungeheuer faszinierend. So viel Zeit und Raum, eine Figur zu entwickeln, hat man schließlich bei anderen Drehs nicht. Das ist für einen Schauspieler der pure Luxus. So gesehen, habe ich hier den Rolls Royce of Acting gefahren.

Trotzdem: Spielt man beim 73. Take eine Figur noch oder ist man sie dann irgendwann?
C.B.: Das ist genau das Ding. Darum geht es. Ruben will mit seiner Methode an irgendetwas Authentisches, Organisches kommen und  seiner Überzeugung nach hören Schauspieler ungefährt nach dem 30. Take auf, den Figuren irgendetwas Gelerntes oder Antrainiertes zu geben und vergessen die Kameras und das ganze Drumherum. Wenn ich mich als Darsteller darauf einlasse, kann das auch eine großartige Selbsterfahrung sein.

Und die Chance bekommt man bei TV-Produktionen nicht?
C.B.: Nein. Wenn ich vornherein weiß, dass da maximal fünf Takes möglich sind, gehe ich ja als Schauspieler lieber auf Nummer sicher, um alles richtig zu machen, so wie ich es gelernt habe. Aber „richtig“ ist kein Kriterium für künstlerische Qualität.  
 

Text: Reinhard Lüke

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