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Kultur Sport

“Ich hatte einfach keinen Bock mehr”

Mittwoch, 25. März 2015 | Text: Gastbeitrag | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Im Alter von 23 Jahren fuhr er in 18.000 Kilometern einmal um die Welt und bereiste 22 verschiedene Länder – mit dem Rad. Felix Starck tourt jetzt mit seiner selbständig und zu Hause produzierten Doku durch die Kinos in Deutschland. Ein Gespräch über Einsamkeit und die Angst vor dem Aufgeben.

Meine Südstadt: Felix, ein Jahr bist du mit deinem Mountainbike durch die Welt gefahren. Wie lange brauchst du, um einen Fahrradschlauch zu flicken?
Felix Starck: Gute Frage… Am Anfang meiner Reise im Juni 2013 habe ich da ziemlich lange für gebraucht. Aber jetzt, 15 ausgetauschte Schläuche später, schaffe ich das locker in zehn Minuten (lacht). Ein Haufen Arbeit war auch immer das An- und Abschnallen der Gepäcktaschen.

Du kommt aus Herxheim, einem 10.000 Seelen-Örtchen in Rheinland-Pfalz. Warum wolltest du in die große weite Welt? Dorfkoller?
Nein überhaupt nicht. Herxheim gefällt mir gut, die Pfalz noch besser. Ich war schonmal in Amerika, es war einfach die Reiselust, mal was zu sehen. Da ging’s nicht um Dorf oder Stadt. Ich wohne zwar auch in Frankfurt, aber auf’m Dorf gefällt’s mir schon viel viel besser.

Woher kommt denn diese Reiselust?
Es war auf einmal da, einen Schlüsselmoment oder Auslöser gab es nicht. Ich musste es einfach tun.

 

55 Kilogramm Gepäck, inklusive deinem Rad, hast du mitgenommen. Was war da alles dabei? Was war dir besonders wichtig?
Das Wichtigste war natürlich die Kamera, sonst hätte ich keine Doku produzieren können. Sonst hatte ich Klamotten, ein Zelt, ‘nen Schlafsack und ein Kochgerät dabei. Also alles was man so braucht. Und ich würde behaupten, nichts wirklich Unnötiges mitgenommen zu haben. Aber andere, die sich für Experten halten, sagen, die Hälfte war unnötig. Das muss jeder für sich selbst wissen.

Das muss ziemlich teuer gewesen sein…
Ich habe einfach alles verkauft, was man irgendwie zu Geld machen konnte. Zuerst das Auto und die Wohnung aufgelöst, was aber nicht gereicht hat. Irgendwann habe ich angefangen, einzelne T-Shirts für ein paar Euro auf Ebay zu verkaufen. Am Ende hatte ich 9.500 Euro, mit denen bin ich ganz gut klargekommen.

 

Wohin würdest du nochmal zurückfahren, wo hat es dir nicht so gut gefallen?
Nie würde ich ein Land pauschal ausschließen, von daher alle gerne wieder. Am liebsten natürlich nach Neuseeland. Das war mit Abstand das schönste Land – die Natur, die Menschen, die Berge, die Gletscher, die Strände. Alles hat da gepasst. Dann aber mit einem Camper-Van. Nochmal mit dem Rad, das muss nicht sein.

Du betonst immer wieder, dass du nicht besonders sportlich warst zu Beginn. Und trotzdem bist du 18.000 Kilometer mit dem Rad gefahren.
Das war Mittel zum Zweck, die wirtschaftlichste Art für mich zu reisen. Ich kam günstig von A nach B, und das auch noch schneller als zu Fuß. Hätte ich mehr Budget gehabt, wäre ich mit einem Wohnmobil aufgebrochen.

Im Film schwärmst du von der Gastfreundschaft der Menschen in den anderen Ländern. Warum hat dich das so überrascht? Ist das in Deutschland nicht so?
Doch doch, in Deutschland ging das schon los. Ich wurde am ersten, zweiten und dritten Tag hier aufgenommen. Besonders ist das, weil ich nicht gewusst habe, dass Menschen einfach einen Fremden aufnehmen. Und es war super schön von denen so etwas zu bekommen. Sogar Dankbarkeit habe ich gespürt, obwohl ich ja eigentlich nichts für sie getan habe, nur meine Geschichte erzählt. Nie hätte ich gedacht, dass die Menschen da so offen sind.

Wie erklärst du dir diese Offenheit?
Ich glaube, ich habe auch sehr hilfsbedürftig ausgesehen (lacht). Vielleicht deshalb. Aber man kann denen da draußen vertrauen, die sind nett, wollen nichts Schlechtes, nur Gutes.

Irgendwann mal ans Aufhören gedacht?
Klar, mein Opa ist während meiner Reise gestorben, ich hatte eine heftige Lungenentzündung. Bestimmt drei- viermal war ich kurz vor’m Buchen. Bin aber letztendlich froh, es durchgezogen zu haben.

Dann hattest du sicherlich auch Zweifel.
Ich hatte einfach keinen Bock mehr. Wenn es dir mal richtig schlecht geht, willst du nach Hause. Wenn dann noch dein wichtigster Mensch stirbt, siehst du den Sinn dahinter nicht mehr und musst erstmal ein paar Tage klar denken. Dann geht’s auch wieder.

Was geht einem durch den Kopf, wenn man 180 Kilometer durch das absolut stille Norwegen fährt?
Auf dem Rad hat man ganz viel Zeit über alles nachzudenken. In Serbien habe ich mich gefragt, warum die ihre Söhne Zlatko nennen. Aber auch, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich eine Frau sein würde. Ganz verrückte Sachen.

Von wo hast du am meisten mitgenommen?
Aus Asien. Die längste Zeit der Reise, ganze fünf Monate, war ich in Asien. Und die Menschen dort haben nichts. Gar nichts. Laos dort ist eins der ärmsten Länder der Welt, aber die Menschen sind trotzdem glücklich mit dem, was sie haben. Bei uns in Deutschland jammern wir auf sehr sehr hohem Niveau. Wir schauen beim Nachbar über den Zaun und werden neidisch, weil er noch ein größeres Auto besitzt, sein Haus schöner ist und seine Frau einen größeren Busen hat. Das geht mir hier einfach auf die Nerven. Dort in Asien ist das nicht so, was mir sehr imponiert hat. Davon zehre ich heute noch.

Du hast viel über dich gelernt und deine Stärken und Schwächen entdeckt.
Ich dachte, dass ich viel härter bin, als ich es war. Die Einsamkeit ging mir sehr nahe. Über’s Aufgeben habe ich auch nachgedacht, war nicht so ehrgeizig, wie ich dachte. Mein Durchhaltevermögen war aber ziemlich krass.

Wie war das an Silvester, deinem Geburtstag, an Weihnachten ganz ohne die Familie?
Ab und zu haben wir über Skype telefoniert, mein Handy hatte ich da schon nach Hause geschickt. Ich habe aber noch nie Wert auf Feiertage gelegt, von daher war das nicht so schlimm. Wenn du zu Hause vermisst, vermisst du es. Dazu muss kein Feiertag sein.

Und trotzdem könntest du sofort wieder losfahren.
Ich möchte wieder reisen, ausbrechen und noch mehr Länder entdecken. Jetzt habe ich schon so viel gesehen, den Rest, Südamerika, Afrika, China, will ich auch noch kennenlernen.

Was gibst du zukünftigen Weltenbummlern für Tipps?
Guter Punkt, denn ich gebe keine Tipps. Das habe ich noch nie gemacht, werde ich auch nie tun. Denn ich finde das ganz schrecklich, jemand anderem einen Tipp zu geben, weil das immer ganz individuell ist. Ein Tipp ist nur für dich persönlich sinnvoll. Jeder soll sein Ding so machen, wie er denkt, nur so wird es gut. So hab ich das gemacht und es war die beste Entscheidung meines Lebens. Die ganzen Radreise-Idioten, die denken, sie müssen dir irgendwas vorschreiben, dürfen dich nicht beeinflussen. Lass dir von keinem reinreden!

 

Eigentlich war das ein sehr persönliches Projekt, du wolltest den Sinn deines Lebens finden. Jetzt tourst du durch die Kinos in Deutschland. Wie kommst du mit dieser Öffentlichkeit klar?

Das ist schön, weil ich die Menschen unglaublich motiviere, so etwas zu machen. Tausende E-Mails kriege ich von Leuten, die sich jetzt auch auf die Reise machen. Und die reisen mit einem Rucksack oder im Wohnmobil, nicht nur immer mit dem Rad. Das erwähne ich auch immer: Scheiß auf das Rad, fahr einfach raus und mach’s. Es ist cool, ich war in jeder TV-Show, bei jedem Radiosender, in jeder Zeitung, das muss ich aber auch nicht mein ganzes Leben lang haben.

Gibt es denn nur positives Feedback?
Es gab glaube ich fünf sechs negative Mails während der Vermarktung, die habe ich aber aus Prinzip nicht wirklich durchgelesen. Da geht’s dann eher um die Kilometer, die zu wenig sind, das musst du dann einfach ignorieren. Denn das sind genau die Leute, die ich hasse.

Und du kommst gut klar mit dieser Kritik…
Ja total, das juckt mich überhaupt nicht. Ich freue mich dann auch immer, von irgendwelchen Doktoren Feedback zu bekommen, die denken, sie wissen alles besser. Die haben aber bei mir keine Angriffsfläche, weil ich mich ja auch selbst verarsche. Dass 18.000 Kilometer nicht super viel sind, weiß ich selber. Sowas wird direkt gelöscht, ab in den Spam. Auf Facebook werden die Leute blockiert und die Kommentare entfernt. Du darfst denen keine Plattform bieten, um sich auszudrücken.

Du zensiert die Beiträge der Nutzer.
Doch, ja. Ich bin bei meiner Reise der Chef, wenn mir da jemand reinreden will, kann ich den entlassen. Heißt: Wenn du meine Reise scheiße findest, kannst du das gerne so sehen, musst das aber nicht öffentlich auf meiner Plattform ausdrücken. Weil es gibt ja keinen Grund, meine Reise scheiße zu finden. Ich weiß nicht, warum die Menschen immer jeden beurteilen, lasst doch die Leute so machen, wie sie denken. Nie würde ich mir rausnehmen, irgendwen zu kritisieren. Jeder soll sein Ding machen, und das sollte man respektieren.

Dass du der Chef deiner Reise bist, hat sich auch im Verhältnis zu deinen Sponsoren geäußert.
Genau, ich habe nie irgendeinen Vertrag unterschrieben. Damit hätte ich mir selbst den Mund verboten, hätte nicht mehr jede Firma kritisieren dürfen. Das war denen aber auch egal, die haben so viel Aufmerksamkeit durch mich bekommen.

Wie geht’s jetzt weiter für dich?
Für mich gibt es jetzt zwei Optionen: Seriöses Leben oder neue Doku, wozu ich stark tendiere. Ich kann mich nicht mehr an den Schreibtisch setzen, will mein eigener Herr sein. Bei Daimler habe ich teilweise 60 oder 70 Stunden gearbeitet und habe das gleiche Geld bekommen wie für dieses Projekt. Aber um’s Geld geht es nicht. Mit diesem Projekt wollte ich zeigen, dass etwas, wenn man sich wirklich reinhängt, auch funktioniert.

Wäre es für dich eine Möglichkeit auszuwandern?
Nein. In der Pfalz gefällt es mir so gut, da möchte ich alt werden. Vielleicht in die Schweiz oder nach Österreich, aber weiter geht’s nicht weg von zu Hause.

Welchen Satz gibst du den Weltenbummlern von morgen mit auf den Weg?
Der Weg ist das Ziel.

Felix, vielen Dank für das Gespräch!
Nichts zu danken. Danke dir!

 

 

Das Interview führte Noah Gottschalk, Schüler auf einem Südstadt Gymnasium, der unter anderem auch für das Handelsblatt schreibt.
 

Der Film läuft noch am Sonntag den 29.03 um 11:30 und am Mittwoch 01.04.2015 um 19:00 im ODEON kino in der Kölner Südstadt.

Text: Gastbeitrag

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