„Italien fehlt, doch wir sind am Start!“
Donnerstag, 7. Juni 2018 | Text: Evelyn Maria Denda | Bild: Oliver Köhler
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Das Unvorstellbare ist eingetreten. Das große Italien spielt nicht mit bei der Fußball-WM, die am 14. Juni losgeht.
Grund genug für einen Kondolenzbesuch im italienischen Café Formula Uno am Zugweg vorbeizuschauen und den Inhaber Carmelo, der das Lokal seit 19 Jahren führt, nach seinen Plänen für die WM zu fragen. Zumal, das Formula Uno sich inmitten der italienischen Fußballhochburg im Veedel befindet. Unvergessen die vollen Straßenzüge mit fröhlichen feiernden Italienfans bei den vergangenen Turnieren. Was wird nun? Carmelos Antwort ist klar: „Italien fehlt, doch wir sind am Start! L’Italia manca ma noi ci siamo lo stesso!“
„Eine tolle WM-Zeit machen wir trotzdem“
Zu gerne hätte der 56-jährige Carmelo, der seit 50 Jahren in Köln lebt, dieses Jubiläum, das er im März gefeiert hat, mit ein paar Siegen der Italiener bei der WM gekrönt. „Es ist schade, dass Italien nicht dabei ist, aber wir können jetzt nichts mehr daran ändern“, sagt er. Besonders schade, dass es nun kein Spiel Deutschland gegen Italien gebe, denn: „Jedes von diesen Spielen bringt seit 1970 eine eigene neue Geschichte mit“, und natürlich eine Rivalität, die aber mit einem Augenzwinkern versehen ist. Kein Grund für den sympathischen, temperamentvollen Carmelo sich zu verkriechen. Im Gegenteil – er zeigt in seinem Formula Uno alle WM-Spiele live. Ein Banner und Specials zu einzelnen Spielen gibt es auch. „Lasst Euch überraschen“, sagt Carmelo mit einem schelmischen Grinsen, das schon jetzt neugierig macht. „Mit den Viertelfinals wird es spannend, und dann werden die Specials geplant“, berichtet er.
Die italienische Mannschaft hat Carmelo seit seiner Kindheit ins Herz geschlossen und Fußball ist für ihn ein „schöner Sport“, wobei er sich über die Schattenseiten ärgert, die das Spiel heutzutage mit sich bringe: „Viele Chaoten, Manipulation. Das Wichtigste ist, dass der Sport fair bleibt.“ Und er fügt hinzu: „Wenn die italienische Mannschaft nicht da ist, dann bin ich für die Deutschen, und wenn die Deutschen nicht da sind, dann bin ich für Island. Das ist mal eine unbekanntere Mannschaft, die gewinnen kann.“ Ein Fußballidol hat Carmelo nicht, denn für ihn gibt’s im italienischen Fußball viele davon. „Von 2006: Totti, Cannavaro, Buffon, aber auch viele Idole aus dem 70er und 80er Jahren“ – da kommt er ins Schwärmen.
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Die Übertragungen der Spiele finden drinnen und draußen statt: „Wenn es Nachmittagsspiele sind und die Sonne scheint, kommt der Beamer nach drinnen und die Gäste schauen von draußen zu. Ich habe für alles vorgesorgt“, verspricht Carmelo. Das gemeinsame Schauen von Europa- und Weltmeisterschaften hat bei ihm Tradition und wird gemacht, seit es das Lokal gibt. Es ist vielleicht auch das einzige, das alle Spiele überträgt, berichtet er mir. Ein Treffen auf der Straßenmitte mit dem spanischen Kollegen Pepe aus dem La Guitarra von gegenüber, bei dem sich beide für die Spiele Spanien gegen Italien viel Glück wünschten, wird es bei dieser WM nicht geben. Carmelo ist dieses Mal bei den Spielen abseits von seinen Favoriten Fan von immer derjenigen Mannschaft, „die gut spielt und den Sieg auch verdient hat. Denn unverdiente Siege durch Fehlentscheidungen des Schiedsrichters sind immer traurig.“ Ein Deutschlandtrikot hat Carmelo noch nicht, aber er wird sich eins besorgen, versichert er mir.
„Die Südstadt ist mein Herz“
„Die Südstadt ist mein Herz. Ich wohne heute außerhalb von Köln, da habe ich meine Ruhe. Aber hier ist meine Action, mein Herz“, sagt er mit einem breiten Lächeln. Besonders ins Herz geschlossen hat Carmelo seine Kindheit in der Südstadt, erzählt er: „Meine Generation war die erste, die Anfang der 70er Jahre im Baui war und ihre Hütten gebaut hat.“ Veränderungen gab es in der Südstadt in den letzten 50 Jahren gute und schlechte, stellt er fest. Wirklich ärgerlich seien aber eigentlich nur diejenigen „Spielverderber“, die als nun gut situierte, etablierte Menschen anscheinend ihre eigene „laute“ Jugend vergessen hätten und sich ständig über Lärm beschwerten, der nun einmal zu einem lebendigen Miteinander in einer Kneipe, die bereits über 30 Jahre besteht, gehöre.
„Ich werde das Beste für die Fußballfans machen“
Für die Fußballfans will Carmelo „das Beste machen“, aber er möchte keine Chaoten in seinem bunt gemischten Publikum haben, auf das er sehr stolz ist. Und was wünscht er sich für die WM? „Es soll schön sein, keine Fehlentscheidungen geben, es soll kein Doping geben und vor allen – der Bessere soll gewinnen.“ Einen Tipp kann er erst nach der Vorrunde abgeben. Ob Deutschland den Titel verteidigen kann? Die Statistiken sehen laut Carmelo eher mäßig aus, was Titelverteidigungen bisheriger Weltmeister angeht. Eine schöne Überraschung wäre es auch, wenn Island Weltmeister würde– aber wer weiß das jetzt schon: „Nichts ist unmöglich.“ Der Ball ist rund und alles kann passieren.
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Privatpraxis für Physiotherapie Frauke StöberDer weltbeste Kaffee – nach Italien
Das Urteil darüber, was das Formula Uno neben den legendären Fußballübertragungen noch so besonders macht, überlässt Carmelo übrigens seinen Gästen. Ein Urteil bekomme ich gleich von meinem Sitznachbarn: „Der Kaffee macht das Formula Uno so besonders. Es gibt keinen besseren in der Südstadt, in Köln und in der Welt, vielleicht in Italien.“ Das kann ich bestätigen – also auf zum Rudelgucken in (kaffee)weltmeisterlicher Umgebung! Kölsch gibt es übrigens auch.
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