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Kultur

Aktenordner unterm Popo

Mittwoch, 22. April 2015 | Text: Alida Pisu | Bild: Meyer Originals

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Was machen drei unterschiedliche Erwachsene, die sich jeden Tag auf dem Spielplatz treffen? Sie kümmern sich hingebungsvoll um ihren (unsichtbar bleibenden) Nachwuchs. Sie – das sind Carolin (Heike Huhmann), alleinerziehende Mutter der kleinen Lilith. Baggi (Markus Hennes), der sein Studium der Meteorologie abgebrochen hat, um sich ganz dem kleinen Cassio widmen zu können. Und das Muttertier Amelie (Aurélie Thépaut), eine ehemalige Managerin, die nun ihre Familie managt, als wäre sie eine Firma und über Zwillingen gluckt, auf die sie fünf Jahre gewartet hat.

Die drei vom Spielplatz sind zwar sehr verschieden, haben aber doch so manche Gemeinsamkeit. Es fängt damit an, dass sie sich morgens an der Kaffeebude mit Kaffee versorgen, der übrigens in einem der vielen witzigen, aber auch nachdenklich stimmenden Lieder hingebungsvoll besungen wird. Geht weiter über Gespräche, die um Themen wie gesunde Ernährung und die Verdauung der lieben Kleinen kreisen: „Ein Aktenordner unterm Popo hilft beim Pupsen.“

 

Und was die Prolls, die es ja leider überall gibt („Chrysantheme und ihre Mutter tyrannisieren den ganzen Spielplatz“) in ihren Einkaufswagen vor sich her schieben, ist wirklich unter aller Kanone. Kurzum, das Trio lästert, was das Zeug hält, kommentiert das Geschehen auf dem Spielplatz, ermuntert oder ermahnt die Sprösslinge und greift ein, wenn sie über die Stränge schlagen: „Lilith, hör auf zu zanken.“ Sogar ehrliche Erkenntnisse kommen zur Sprache: „Manchmal ist mir mein eigenes Kind unsympathisch.“

 

Nur das Beste für ihre Brut. / Foto: Meyer Originals

Dennoch: sie wollen natürlich nur das Beste für ihre Brut. Deshalb debattieren sie über Kita-Plätze, die 600 Euro im Monat kosten plus Verpflegung und Bastelgeld. Und deshalb geben sie auch ihr Bestes. Carolin etwa sieht ihre Aufgabe als Mutter darin, Liliths Karriere im Blick zu haben und will sie bei der Kindercasting-Show anmelden. Dafür üben allerdings muss sie alleine, denn das Kind hat keine Lust dazu. So steht die zierliche und zurückhaltend wirkende Frau ziemlich verloren in ihrer Traumwelt fürs Töchterchen. Ihr Traum ist schon geplatzt, bevor sie ihm Leben einhauchen konnte.

 

Wie sang- und klanglos Träume zerbrechen können, musste auch Baggi erfahren. Seine Frau ist beim Fernsehen, wenn sie abends nach Hause kommt, erzählt sie ihm von der Arbeit und fragt, ob er wieder Kaffee trinken war. Baggi: „Es gibt so Abende, da fühle ich mich wie eine alte Hausfrau.“ Die alten Rollenmodelle sind auf dem Müll gelandet, in die neuen sind wir noch nicht wirklich hinein gewachsen.

Einzig Amelie ist von ihrem Dasein als Mutter erfüllt. So erfüllt, dass sie sogar nachts mit Laubsauger auf dem Spielplatz auftaucht, um Ordnung zu schaffen, aufzuräumen, zu wienern und zu polieren. Man nimmt es ihr ab, backt sie doch ihre Reiswaffeln selbst, hat einen Blog und einen 36-Stunden-Tag, an dem sie nichts als Mutter ist.

„Treibsandkasten“ ist ein höchst vergnügliches Stück mit irrsinnig komischen Szenen, wie etwa der, in der Amelie Carolin fragt: „Wie sagt ihr zu Penis?“ Da wird dann aufgezählt, was man so kennt und je unverblümter die Aufzählung wird (Eichelkönig, Lustdolch), desto mehr knistert es vor Erotik und nimmt geradezu orgiastische Züge an. Oder das Lied: „Chrysantheme, du kleines Scheißkind“, in dem das Trio Infernale kräftig vom Leder zieht.

Es tut dem Stück aber auch gut, dass die Figuren ihre Brüche haben und der Zuschauer hinter die Fassaden blicken kann. Als Baggi bei Carolin baggert, will er plötzlich nicht mehr. Es stellt sich heraus, dass er seit 721 Tagen keinen Sex mehr hatte, weil er nicht mehr „kann“. Und Carolins zwei Kinder haben seit 1423 Tagen ihren Vater nicht gesehen, nachdem er die Nachbarin gevögelt hatte. Das ist schon mehr als Tiefgang, da schimmert eine Tragik durch, die den selbst ernannten Don Juan des Spielplatzes eher als Don Quijote, den Ritter von der traurigen Gestalt, aussehen lässt. Und Carolin ist die Enttäuschung und die Desillusionierung in ihrem ausdrucksstarken Gesicht abzulesen.

Inken Kautter hat die Spielplatz-Komödie geschrieben, Andrea Bleikamp hat sie gekonnt und begeisternd in Szene gesetzt und Julia Klomfaß hat nicht nur die Kaffeebuden-Besitzerin gespielt, sondern auch die Musik gemacht und die Lieder auf der Gitarre begleitet. Die drei Darsteller überzeugen, unterhalten exzellent und sind die Garantie für einen schönen Theater-Abend. Keineswegs nur für Eltern sehenswert, jeder kann an den vielen witzigen und auch an den ehrlichen Momenten seine Freude haben.

 

 

„Treibsandkasten“
Von Inken Kautter u. Julia Klomfaß

Mit Markus Hennes, Heike Huhmann, Julia Klomfaß, Aurélie Thépaut
Inszenierung Andrea Bleikamp
Musik Julia Klomfaß

Die nächsten Termine:
28. April, 2., 3., 27., und 28. Mai 2015
Freies Werkstatt-Theater, Zugweg 10, 50677 Köln
 

Text: Alida Pisu

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