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Südstadt

Leben ermöglichen, Sinn finden.

Samstag, 29. Oktober 2011 | Text: Sonja Alexa Schmitz | Bild: Privat

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Es geht um einen kranken Jungen, es geht um eine engagierte 19-Jährige, es geht darum, eine Veranstaltung aufzuziehen, Menschen zum Spenden und Mitmachen zu animieren, es geht um das Kennenlernen chaotischer Verhältnisse in afrikanischen Krankenhäusern, es geht um eine Party, aber es geht vor allem um „Sinn“.  „Was ist der Sinn des Lebens?“ hört und fragt man immer wieder. Jeder hat wohl eine andere, seine eigene Antwort darauf, oder sucht sich eine zusammen. Bei Aristoteles lese ich: „Der ideale Mensch fühlt Freude, wenn er anderen einen Dienst erweisen kann.“ Martha Hoffmann denkt sicher nicht daran, ein „idealer“ Mensch zu werden, sie hat aber für sich verstanden, was im Leben wichtig ist.  

 

Sie ist für ein Jahr mit dem weltwärts Freiwilligen Dienst nach Südafrika gegangen und hat dort, unter anderem, eine mobile Klinik begleitet. Die Erfahrungen sind tausendfältig: Andere Menschen, andere Kultur, Unterkunft, Essen, Näherkommen mit Menschen, die Weißen gegenüber skeptisch sind, langsames Tasten in fremder Sprache, Wundern über Werte, Ärgern über Unmöglichkeiten.

 

Eine dieser Unmöglichkeit wurde ihr immer bewusster beim Kennenlernen der Familie Baihuti. Eine allein erziehende Mutter dreier Kinder, mit ihrem kleinen, kranken Sohn Tshepiso. Er leidet unter einem sogenannten „Wasserkopf“, seine Entwicklung ist gestört, das Sprachzentrum lahm, er hat Schmerzen, seine Überlebenschancen reichen nicht weit. Er muss operiert werden, aber die Krankenhäuser Südafrikas sind überfordert. Die öffentlichen Krankenhäuser sind ein organisatorisches Chaos, „man läuft gegen Wände“, und technisch sind sie nicht in der Lage, so eine schwierige Operation durchzuführen. Laienhaft gesagt, müssen zwei Leitungen gelegt werden, um dem Wasser im Kopf Tshepisos einen Abfluss zu ermöglichen. Diese Operation könnte in einer Privatklinik durchgeführt werden, was 7000 Euro kosten würde. 

 

Martha nimmt diesen „Fall“ mit nach Hause. Ohne Plan, ohne großes Vorhaben „etwas Gutes tun zu wollen“. Es passiert einfach. Aus Frust und Empören über soviel „es kann doch nicht sein, dass…!?!“ „In diesem Land läuft einfach so vieles schlecht. Man könnte überall helfen, aber hier ist es halt besonders wichtig, denn ich sehe, dass Tshepiso sterben wird, wenn er nicht operiert werden kann. Ich habe kein besonders inniges Verhältnis zu dem Kind aufgebaut, was mich dazu gebracht hat, helfen zu wollen, sondern einfach die Verzweiflung über soviel Unfähigkeit, und dass man doch wohl was tun müsste.“ 

Martha ist im August zurück gekommen, und hat sofort angefangen, gemeinsam mit ihren Freunden, vor allem mit ihrem „kleinen Bruder“ Jonathan Sippl, der übrigens nächstes Jahr auch mit weltwärts nach Südafrika gehen möchte, ein Spendennetzwerk zu knüpfen.

 

Jonathan und Martha voller Zuversicht, etwas Gutes getan zu haben.

 

Sie erinnerte sich an ihre 18. Geburtstags-Party, die sie im Baui gefeiert hat, und dann war die Idee geboren, eine Benefiz-Party für den kranken Jungen zu organisieren. Viele Kontakte, viel Erzählen, viel Begeistern, viel Empören, worauf viele Zusagen folgen: Der Baui spendet den Raum, die Ubierschänke spendet Böll Bier, die Stunksitzung gibt sechs Freikarten für die Generalprobe zur Verlosung frei, befreundete DJs machen Musik, der „Weltwärts-Dienst“ kommt mit einem Infostand und zehn anderen Freiwilligen, die über ihre „Weltwärts-Zeit“ berichten, eine andere „Weltwärts-Gereiste“ stellt Afrika-Photos in wiederum gespendeten Bilderrahmen aus. 30 Freunde haben sich bereits als Partyhelfer aufstellen lassen, und sie sind voller Begeisterung etwas Sinnvolles machen zu können. 

 

„Viele der „Weltwärts-Leute kommen wieder, und fallen erstmal in ein Loch. Das ist mir nicht so gegangen,“ erzählt Martha, „weil ich ja gleich hier weiter Sinnvolles machen konnte. Aber wenn mich heute Freunde fragen, worauf hast du heute Lust? Gehen wir in ein Café, shoppen, Fitnessstudio, dann komme ich mir dabei irgendwie blöd vor. Ich mach das zwar noch gerne, aber es reicht mir nicht mehr.“ 

Martha hat auf der Europaschule in Zollstock Abitur gemacht, und ist jetzt ganz sicher, dass sie irgendwas studieren möchte, was zum „Sinnvollen“ befähigt. 

„Ich mach das alles nicht für mich. Helfen ist zwar egoistisch, weil man dabei so ein gutes Gefühl bekommt, aber es soll nicht so aussehen, als ob es dabei um mich geht. Im Gegenteil, ich möchte alle meine Freunde mit einbeziehen, damit die auch dieses tolle Gefühl von sinnvollem Helfen bekommen. Ich möchte Ihnen die Gelegenheit bieten WAS zu TUN.“ Und das betont sie so stark, dass ihre Überzeugung vom Sinn einem fast Schmetterlinge im Bauch macht.

 

„Wirst du denn „auf die Bühne steigen“ und eine kleine Rede halten an dem Abend?“ frage ich sie. „Nein, möchte ich eigentlich nicht. Höchstens vielleicht um allen zu danken, aber dann sollten am besten alle mit auf die Bühne.“

 

Die Benefiz-Veranstaltung für Tshepiso findet am Freitag, 4.11.2011 ab 18:00 Uhr im Bauspielplatz Friedenspark, Hans-Abraham-Ochs-Weg 1
Eintritt (Spende): 5 Euro

Text: Sonja Alexa Schmitz

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