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Sport

„Man bekommt nichts geschenkt“

Donnerstag, 13. November 2014 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Francesca Magistro

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Um es gleich vorwegzunehmen: Meine Erwartungen wurden nicht erfüllt. Und zwar ganz und gar nicht. Internationale Deutsche Jugendmeisterschaft in der Sporthalle Süd an der Vorgebirgstraße. Im Boxen. Was soll das schon sein? Wer geht da schon hin? Zweitklassige Luden mit Goldketten und zu weit geöffneten Hemden mit zu großen Kragen. Blondinenwitze stöckeln auf allerhöchsten Hacken und zeigen Rocklängen zwischen sehr kurz und noch kürzer. Und  selbstverständlich herrscht da eine Stimmung wie in Schwantes Boxbude auf der Osterkirmes: Laut, schrill, überhitzt und aggressiv. Es riecht nach Stress und Streit. Soweit die Theorie. Die Praxis traf mich wie ein rechter Haken auf den Solarplexus. Hier trifft sich die absolute Elite im deutschen Juniorenbereich.

 

Von den Boxern, die hier antreten, werden einige in den nächsten Jahren bei olympischen Spielen zu sehen sein. Oder als Profis bei Kämpfen um große Titel samstagsabends im Fernsehen“, schickt Pressesprecher Michael Didycz mit seinem ersten Satz meine gesammelten Vorurteile in den Ringstaub. Didycz spricht für den SC Colonia 06, dem Kölner Boxclub, der die Meisterschaften ausrichtet. Und wirklich. Beim Blick auf die Tribüne fällt eines sofort auf: Hohe Hacken sucht man dort vergeblich. Flaches Schuhwerk mit drei Streifen ist hier angesagt. Und die Trainingshosen sind auch nicht aus bunter Fallschirmseide. Sie sind mausgrau und wirken wie treue Begleiter bei Hantel-, Sandsack- und Ausdauertraining.

 

Auf den Rängen sitzen Boxerkollegen und –freunde, die ihre Kumpels so frenetisch wie fachkundig anfeuern. Im Ring sieht man ausschließlich komplett austrainierte Athleten, die hoch konzentriert ihr Ziel verfolgen. Deutscher Ü-18-Meister wollen sie werden. Kirmesboxer hätten es noch nicht mal in die allererste Vorauswahl geschafft. Alle, die sich für diese Meisterschaft in Köln qualifiziert haben, sind die Besten der Besten der jeweiligen Landesverbände.

 

Zu denen zählt auch Jonathan Zumbe, der für den SC Colonia 06 am Start ist und an diesem Abend das Halbfinale im Weltergewicht (bis 69 Kilogramm Gewicht) bestreitet. Er ist vor dem Kampf nicht zu sprechen, weil er sich in der Umkleidekabine auf den Kampf gegen Daniel Meyer aus dem Landesverband Hamburg vorbereitet. Aber sein Trainer spricht: „Die Jungs arbeiten sehr hart. Die meisten trainieren fünf, sechs Tage die Woche“, sagt Gregory Tolkovets, gebürtiger Kasache. Unter diesen Umständen ist man erstaunt darüber, dass die Elitekämpfer des deutschen Boxsports neben den Siegen überraschend viele Niederlagen in ihren Karrieren verzeichnen. „Es ist nicht immer ganz einfach“, erklärt der Trainer. „Manchmal sind sie im Kopf nicht in der Verfassung, zu trainieren. Manchmal halten sie ihre Diät nicht ein. Und manchmal haben sie plötzlich eine Freundin, die Boxen nicht mag“, berichtet Tolkovets von den Unwägbarkeiten einer Boxerkarriere in Zeiten der Pubertät. Sein aktueller Vorzeigekämpfer ist allerdings topfit. Eiskalt und selbstbewusst schaut Jonathan Zumbe Daniel Meyer bei der Begrüßung im Ring in die Augen. Zu Recht, wie sich schon in der ersten Minute des Kampfes erweist. Zumbe ist der überlegene Mann. Tolkovets hat in der Ringecke wenig Arbeit mit seinem Schützling.  Nur die Führhand, „die musst Du öfter bringen“, lautet die Anweisung des Trainer in der Pause.

 

Keine Verletzungen, die behandelt werden müssen.„Sofort drauf“ ruft  Tolkovet während des Kampfes ständig in den Ring, wenn Jonathan nach dem Kommando des Ringrichters, das die zwei klammernden Boxer trennt, nicht umgehend zur nächsten Attacke ansetzt. „Der Jonathan spart Kraft“, vermutet Pressesprecher Michael Didycz. Schließlich will Zumbe am nächsten Tag eine Meisterschaft gewinnen. Der überlegen geführte Kampf findet den verdienten Sieger. Mit 3 zu 0 Punktrichterstimmen wird Jonathan Zumbe zum Sieger erklärt. Finale! Dass unter den Gegnern im Ring außerhalb der Seile ein respektvoller Umgang gepflegt wird, sieht man nach den obligatorischen Hand-Shakes bei der Urteilsverkündung beim gemeinsamen Auslaufen.

 

Meyer und Zumbe analysieren im Gespräch beinahe freundschaftlich ihren Kampf. Dann bin ich an der Reihe. Und um ein weiteres Vorurteil ärmer. Mein Gesprächspartner ist ein gedanklich klar strukturierter junger Mann, der sehr genau weiß, was er will, aber nicht gern ausführlich darüber spricht. Abitur wird er machen. „Ja klar. Ich gehe auf das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium. 2016 werde ich dort den Abschluss machen“, antwortet der 17-Jährige auf die Frage nach der Schule. Die verkürzte Gymnasialzeit kommt ihm als Leistungssportler zwar nicht entgegen, aber in der Schule läuft es für ihn trotzdem gut. Auch wenn er sechs Tage die Woche zwei Stunden täglich trainiert. „Man bekommt nichts geschenkt“, hat er in den vergangenen Jahren erfahren.

 

 

Am FWG wissen viele nicht, das Jonathan boxt. Die, die es wissen, finden es gut. Auch von den Lehrern gibt es fast ausnahmslos positive Rückmeldungen. Jonathan boxt seit 2009. Vorher betrieb er Leichtathletik, vor allem Mittelstrecke. Das kommt ihm jetzt konditionell zugute. Sieht er sich auf mittlere oder längere Sicht als Profi? „Es gibt keine lange Sicht“, kommt die schnellt Antwort. „Es gibt nur die kurze Sicht auf das Finale morgen.“ Und da lief es für ihn nicht wie Samt und Seide. Nach hartem, ausgeglichenem Kampf bestimmten alle drei Punktrichter seinen Gegner Silvio Schierle zum Sieger. Warum, wusste der enttäuschte Verlierer sofort nach dem Kampf: „Ich habe ihm einfach zuviel Raum gelassen.“ Schade.
 

Text: Stefan Rahmann

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