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Kultur

„René Böll, zwischen Tusch- und Landschaftsmalerei“

Mittwoch, 14. Juli 2010 | Text: Stephan Martin Meyer | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

René Böll ist bildender Künstler. Er ist Jahrgang 1948, gebürtiger Kölner, und lebt und arbeitet im Rheinauhafen. René Böll ist einer der Söhne von Heinrich Böll. Er verwaltet dessen Nachlass, der Anfang 2009 mitsamt dem Stadtarchiv in einem tiefen Krater auf der Severinstraße verschwand. MeineSüdstadt.de-Redakteur Stephan Martin Meyer hat René Böll gemeinsam mit dem Fotografen Dirk Gebhardt in seinem Atelier besucht und sich mit ihm über die Südstadt, den Einsturz des historischen Archivs der Stadt Köln und über seine Kunst unterhalten.

Ihre aktuellen Bilder wirken auf mich düster, melancholisch. Ist das auch Ihre Wahrnehmung?
Das stimmt zum Teil, trifft aber nicht auf alle meine Arbeiten zu, denn ich habe zwei ganz unterschiedliche Arbeitsbereiche. Auf der einen Seite stehen die Tuschmalerei und die Radierungen, auf der anderen die Landschaftsmalerei. Viele denken deshalb, dahinter stünden zwei Künstler.

Die Tuschmalerei ist stark chinesisch beeinflusst…
Durch die Technik und auch die dahinter stehende Philosophie ist sie chinesisch beeinflusst. Ich bin einer der wenigen Künstler in Europa, die in dieser modernen Art mit Tusche arbeiten. Schon seit über 40 Jahren beschäftige ich mich damit und habe mir die Technik der modernen Kalligraphie angeeignet. Die klassische Technik natürlich nicht, denn die ist für mich nicht so interessant. Die kann man heute nicht mehr umsetzen, denn man malt ja heute auch nicht mehr wie Rembrandt, obwohl die Kenntnisse dieser alten Techniken für einen Künstler weiterhin sehr wichtig sind.

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Was genau interessiert Sie an der chinesischen Tuschmalerei?
Ohne die moderne Kalligrafie in China wäre ein Künstler wie Klee nicht denkbar. Wenn man einen Klee betrachtet, dann erkennt man schnell die Verbindung zur modernen Kalligrafie. Klee ist also stark von dieser Kunst beeinflusst. Ebenso wie Jackson Pollock und viele andere moderne Maler.

Was drückt die Beschäftigung mit der chinesischen Kalligrafie für Sie aus? Ist das die Nähe zu einer eher fremden Kultur?
Die chinesische Kultur ist uns eigentlich gar nicht so fremd. Man denkt das zwar oft, aber ich sehe das anders. Ich habe mir die Radierungen, Pinselzeichnungen und Ölbilder von Goya im Detail angesehen. Wenn man die Untermalungen genau betrachtet, dann erkennt man die Nähe zur chinesischen Tuschmalerei, z.B. zu den berühmten Meistern aus dem 16. und 17. Jahrhundert, Bada Shanren und Shi Dao. Das drückt sich vor allem in der Spontaneität, dem Können und der Sicherheit aus. Daher ist uns die chinesische Malerei und Kalligrafie gar nicht so fremd. Das gleiche Phänomen findet man im Übrigen auch bei Rembrandt. Das Problem ist, dass die meisten Europäer meinen die chinesischen Bilder der Tuschmalerei seien alle sehr ähnlich. Aber das stimmt nicht. Die Unterschiede zur europäischen Kunst sind geringer, als man gemeinhin glaubt. Interessant ist die Schnelligkeit, die 100%ige Konzentration und auch die Körperbeherrschung bis hin zur Atemtechnik, die man für die Arbeit braucht. Man darf keinen Fehler machen. Sobald man zögert, ist das Bild kaputt, da es in einem Zug gemalt wird. Da spielen viele Komponenten wie Wasser, Geschwindigkeit, der Pinseldruck und vieles mehr eine Rolle. Das chinesische Papier reagiert ungeheuer sensibel darauf. Für mich ist es daher sehr wichtig, Tai Chi zu praktizieren. Dadurch gewinne ich die nötige Körperbeherrschung und das hilft mir sehr bei der Arbeit.

Wie viele Bilder machen Sie denn „kaputt“, bevor eines gut wird?
Weit über die Hälfte. Und das ist auch so üblich. Denn das Material ist unglaublich komplex. Erst wenn man sich damit beschäftigt, weiß man, wie kompliziert das ist. Ich benutze mehr als 30 unterschiedliche Tuschen  – dabei kommen sowohl moderne Tusche, als auch über hundert Jahre alte Tuschen zum Einsatz.

Was macht den Unterschied zwischen alter und moderner Tusche?
Das ist der Ton der Farbe.

Den man heute so nicht mehr findet?
Die alte Tusche gibt einen feineren, helleren Ton. Sie ist nicht besser als die moderne, sie ist einfach anders. Für tiefschwarze Effekte ist die moderne Tusche besser.

Woher bekommen Sie die Tuschen für Ihre Arbeit?
Es gibt in Peking eine Straße, mit etwa 30 bis 40 Läden, in denen nur Pinsel, Tusche, Papier, Stempelsteine und anders Zubehör verkauft werden. In der Straße muss man sich dann allerdings gut auskennen. Ich frage deshalb meist Freunde, die mich begleiten und beraten.

Wie sind Sie darauf gekommen, mit Tusche zu malen?
Ich habe mich mit chinesischer Landschaftsmalerei aus dem 12. Jahrhundert beschäftigt. Seitdem ich diese ungeheuer abstrakten Bilder aus dem 10. – 13. Jahrhundert Anfang der 70er Jahre gesehen habe, hat mich diese Technik fasziniert und ich wollte sie lernen.

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Sie beschäftigen sich in Ihrem Schaffen mit den Werken Hölderlins. Wo ziehen Sie die Grenze zwischen Text und Bild?
Die Zitate und Texte von Hölderlin sind eine Anregung für mich, gefühlsmäßig und philosophisch. Ich illustriere die Texte ja nicht, ich lasse mich anregen. Ich habe auch mit dem chinesischen Kalligraphen Gu Gan an gemeinsamen Hölderlin-Projekten gearbeitet.

Wie arbeiten Sie mit den Texten?
Ich nehme mir ein Zitat, meist nur zwei, drei Zeilen, mehr nicht. Gerade habe ich ein Buch mit farbigen Arbeiten zu Hölderlins „Tod des Empedokles“ fertiggestellt. Dazu habe ich mir kurze Textstellen herausgesucht und mich von ihnen inspirieren lassen. Ein irischer Drucker hat meine Aquarelle dann in Siebdruck umgesetzt.

Werden junge Künstler heute genügend gefördert?
Es gibt heute mehr Förderung als früher. Wir hätten damals nie daran gedacht, Förderungen zu beantragen. Die hat es sicherlich gegeben, aber doch in geringerem Umfang als heute. Allerdings finde ich, dass nicht nur junge Leute gefördert werden sollten. Ich bin ein Mann, über 60, aus dem Westen – da habe ich fast keine Chance auf eine Förderung. So habe ich es fast aufgegeben, Förderungen zu beantragen. Was ich jedoch als größeres Problem ansehe, ist der in zwei Bereiche zerfallende Kunstmarkt. Es gibt die ganz teure und die ganz billige Kunst. Dazwischen gibt es fast nichts mehr.

Wie kommt das?
Das hängt mit diesem Spekulationsschwachsinn zusammen. Den ich auch bewusst so nenne. Jeff Koons zum Beispiel ist für mich ein Kitschkünstler. Wer für seine Arbeiten drei Millionen Euro ausgibt, der muss verrückt sein.

Dahinter steht die Hoffnung, dass der Wert sich noch steigert…
Das wird nicht passieren. Darauf gehe ich jede Wette ein. Mit der Kunst wird spekuliert. Und das macht den Kunstmarkt kaputt. Es ist nicht unsere Aufgabe, dass jemand Geld mit einem Bild verdient. Wenn meine Kollegen oder ich ein Bild für 3000 oder 4000 Euro verkaufen, dann rechnet niemand damit, dass es später einmal viel mehr wert sein wird. Aber es geht heute leider nicht mehr um die Qualität eines Werkes, sondern um Wert. Van Gogh hat einmal gesagt: „Die Leute kennen den Preis eines Bildes, aber nicht den Wert.“

Hat Ihnen der Name Böll in der Kunst Türen geöffnet?
Mein Name ist für mich als Künstler immer hinderlich gewesen. Das war auch schon zu Lebzeiten meines Vaters so.

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Was ist für Sie das besondere am neuen Rheinauhafen?
Ich bin erst seit 2005 hier. Das Rhenania ist das einzige noch einigermaßen alternative Gebiet. Zumindest sind die Mieten nicht so exorbitant hoch. Und ich finde es natürlich sehr schön, im Siebengebirge zu wohnen. Es ist toll, wenn man den Blick auf den Rhein hat. Das ist ein Traum. Aber auch hier am Jachthafen ist es sehr schön.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Hafengebiets in den letzten Jahren?
Es ist schon sehr schick geworden. Architektonisch überzeugt mich aber nicht alles. Da finde ich den Medienhafen in Düsseldorf gelungener. Für uns hier im Rhenania hat das jedoch wenig Bedeutung. Es hieß zu Anfang noch, mit dem Umbau kämen auch neue Kunden. Aber davon habe ich bisher nichts gemerkt. Es gibt aber im Grunde auch keine Verbindung zu den anderen Gebäuden, zu den Büros und Firmen. Ich glaube, ganz wenige im Rhenania haben einen Bezug zu den Mietern in den Neubauten.

Nehmen Sie die Rheinuferstraße als Grenze zur Südstadt wahr?
Ja, leider. Ich finde den Zugang zum Hafengebiet sehr schlecht. Hier im Norden des Hafens geht es noch, aber hinten am „Siebengebirge“ und am Ubierring gibt es jeweils nur einen kleinen Durchgang, den man kaum findet und bis zum „Kap am Südkai“ gibt es dann gar nichts mehr.

Lesen Sie auch Teil 1 des Interviews.

Text: Stephan Martin Meyer

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