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Kultur Politik

„Wir wissen überhaupt nichts“ – René Böll

Montag, 5. Juli 2010 | Text: Stephan Martin Meyer | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

„Die Informationspolitik der Stadt Köln ist eine Katastrophe. Wir wissen überhaupt nichts. Von keinem einzigen Blatt“. René Böll über den Einsturz des Stadtarchivs und den Nachlass seines Vaters. René Böll ist bildender Künstler. Er ist Jahrgang 1948, gebürtiger Kölner, und lebt und arbeitet im Rheinauhafen. René Böll ist einer der Söhne von Heinrich Böll. Er verwaltet dessen Nachlass, der Anfang 2009 mitsamt dem Stadtarchiv in einem tiefen Krater auf der Severinstraße verschwand. MeineSüdstadt.de-Redakteur Stephan Martin Meyer hat René Böll gemeinsam mit dem Fotografen Dirk Gebhardt in seinem Atelier besucht und sich mit ihm über die Südstadt, den Einsturz des historischen Archivs der Stadt Köln und über seine Kunst unterhalten.

Welche Verbindungen haben Sie zur Südstadt?
Mich verbindet mit der Südstadt sehr viel. Schon mein Großvater lebte in der Vondelstraße und hatte dort auch seine Werkstatt. Er war Schreiner und Holzbildhauer und hat viel im neogotischen Bereich für die Kirche gemacht. Mein Vater ist deshalb in der Südstadt geboren und hat lange auch hier gewohnt. Ich selbst bin in Bayenthal geboren. Wir sind jedoch bald nach Müngersdorf gezogen, und erst vor vier Jahren hat es mich in die Südstadt gezogen. Wir wohnen jetzt im sogenannten „Siebengebirge“ und mein Atelier ist hier im Rhenania. Mein Bruder Raimund hat lange an der Bonner Straße gelebt, und ich habe in der ehemaligen Werkkunstschule am Ubierring studiert.

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Durch den Einsturz des Stadtarchivs ist einiges in Bewegung gekommen. Woraus bestand der Nachlass Ihres Vaters, der sich im Kölner Stadtarchiv befand?
Etwa 99% des gesamten Nachlasses befanden sich Anfang 2009 im historischen Stadtarchiv auf der Severinstraße. Mein Vater hat bereits ab 1979 begonnen, Materialien an die Stadt Köln zu übergeben. Manuskripte, Briefe, Zeitungsausschnitte – insgesamt ca. 130 Regalmeter. Wenige Wochen vor dem Einsturz haben wir noch sehr viele Materialien an das Archiv abgegeben und nur ganz wenige Stücke für uns privat behalten. Darunter waren ca. 8000 Fotos, 2000 Briefe, mehrere hundert handgeschriebene Manuskripte aus der Vorkriegszeit und andere Materialien. Zum Glück waren viele der Manuskripte zum Zeitpunkt des Einsturzes gerade nicht im historischen Archiv. Das Heinrich-Böll-Archiv besteht nämlich aus zwei Teilen. Der eine ist in der Zentralbibliothek am Neumarkt, der andere war im ehemaligen historischen Archiv auf der Severinstraße untergebracht. Und ein Teil der Manuskripte war in der Zentralbibliothek, wo an der „Kölner Ausgabe“ der Werke meines Vaters gearbeitet wurde. Insgesamt nahm der Nachlass meines Vaters, der dann im Besitz der Stadt Köln war, ca. 200 Regalmeter ein.

In welcher Etage war der Nachlass untergebracht?
Der war leider in der ersten Etage, die wohl zum großen Teil ganz unten im Schacht gelandet und vermutlich bis heute noch nicht geborgen ist.

Ist vom Nachlass Ihres Vaters überhaupt etwas gefunden worden?
Es ist wohl einiges gefunden worden, aber wir haben darüber keinerlei Informationen. Wir wissen überhaupt nichts. Von keinem einzigen Blatt. Gar nichts.

Wo befinden sich die geborgenen Archivalien jetzt?
Nach der Bergung hat man sie grob von Schmutz gereinigt und die feuchten Unterlagen tiefgefroren. Danach hat man alles auf bundesweit 20 Archive verteilt.

Das bedeutet, Sie wissen nicht einmal, ob überhaupt etwas geborgen wurde?
Es sind Teile geborgen worden. Aber niemand weiß, welche Teile das sind und wo sie sich jetzt befinden. Man hat uns gesagt, es würde drei bis vier Jahre dauern, bis es einen Überblick über die gefundenen Stücke gibt. Die Restaurierung wird dann etwa 30 bis 40 Jahre dauern. Die Zahlen gehen dazu aber weit auseinander.

Wie ist die Informationspolitik der Stadt Köln?
Die ist eine Katastrophe. Wir werden überhaupt nicht informiert. Ich nehme an, die wissen selber nicht, wo was ist. Es gab in den letzten Monaten allerdings zwei Treffen mit Beteiligten. Denn im Stadtarchiv lagerten ja etwa 820 Nachlässe. Der Nachlass meines Vaters war ja nur einer davon.

Wie ist die Größenordnung einzusortieren? Ist der Nachlass Ihres Vaters einer der größten gewesen?
Das weiß ich nicht genau, aber ich denke schon. Zu dem Nachlass gehören ja auch etwa 40.000 Briefe, die mein Vater bekommen hat. Das war also unendlich viel Material. Die Archivare haben zwar gesagt, für sie wären alle Nachlässe gleichbedeutend. Aber das glaube ich nicht so recht.

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Wer übernimmt nun die Verantwortung für den Einsturz?
Bisher niemand. Weder die Stadt noch der Bauträger. Die KVB schiebt es auf die Baufirma, die Baufirma schiebt es auf die KVB. Die staatsanwaltlichen Ermittlungen laufen wohl noch. Bevor die abgeschlossen sind, will sich niemand äußern.

Wer übernimmt die Kosten der Restaurierung?
Auch das ist noch völlig ungeklärt. Die Stadt hat für die Restaurierung zunächst eine Stiftung gegründet. Selber hat sie, so habe ich gehört, fünf Millionen Euro eingezahlt. Benötigt werden jedoch vermutlich 400 bis 500 Millionen Euro. Das ist eine vorläufige grobe Schätzung, die ich für realistisch halte. Genau kann das natürlich noch niemand beziffern.
Und niemand weiß, wer für die Folgen aufkommen wird. Von dem Einsturz sind ja nicht nur die verschütteten Gegenstände betroffen, sondern auch unsere Urheberrechte. Die Unterlagen können derzeit nicht ausgewertet werden. Dabei haben wir einen Vertrag mit der Stadt, der uns jederzeit auf die Archivalien zur Bearbeitung zugreifen lässt.

Was bedeutet das für die Heinrich-Böll-Forschung?
Das ist natürlich eine Katastrophe. Fast alle Originale sind weg.

Ist in den vergangenen Jahren etwas abfotografiert oder kopiert worden?
Wenn, dann nur ein sehr geringer Teil. Das war vom Umfang her nicht zu leisten.

Wie stehen Sie zu der Initiative des digitalen historischen Archivs von der Universität zu Köln?
Das ist urheberrechtlich ein problematisches Thema. Viele Nutzer des Internets haben keine Ahnung, was das bedeutet. Und dann kommt da diese Piratenpartei, die das Urheberrecht einfach aushebeln will. Aber es handelt sich nun mal um geltendes Recht. Natürlich ist das etwas anderes, wenn Sie ein Dokument aus dem Mittelalter haben. Aber bei den lebenden oder vor Kurzem verstorbenen Personen gilt weiterhin das Urheberrecht. Damit sind wir dauernd beschäftigt und gebend das im Falle des Falles direkt an einen Anwalt weiter.

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Handelt es sich dabei um Zufallsfunde?
Nein, wir suchen schon gezielt nach Rechtsbrüchen. Ich habe z.B. bei Google ein Alert eingestellt, das zwar nicht alles findet, aber doch das meiste. Bisher liefen die daraus resultierenden Prozesse immer auf einen Vergleich hinaus.

Lesen Sie auch Teil 2 des Interviews.

Text: Stephan Martin Meyer

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