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Kultur

„Sex soll auch wie Sex aussehen“

Montag, 15. Mai 2017 | Text: Reinhard Lüke | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Ein entlassener Studienrat rastet aus, weil er im Supermarkt keine Wurstabschnitte mehr bekommt, eine Anwältin gerät in Rage wegen eines gebuchten Callboys, der die Ejakulation verweigert und ein Hobby-Imker verfällt der Depression, weil seine vegan lebende Gattin ihm unablässig Mundraub am Bienenvolk vorwirft. Und das sind nur ein paar von einem Dutzend an Figuren auf der Suche nach Liebe und Glück, die der Film „Einsamkeit und Sex und Mitleid“ nach dem gleichnamigen Roman von Helmut Krausser auf eine emotionale Achterbahnfahrt schickt.

 

Rabenschwarzer Humor inklusive. Inszeniert hat diesen Reigen der Liebe und ihrer abstrusen Surrogate Lars Montag, der als Regisseur bislang vor allem durch diverse „Tatort“- und „Polizeiruf 110“-Folgen sowie die Verfilmung der „Kluftinger“-Krimis für Aufsehen gesorgt hat. „Einsamkeit und Sex und Mitleid“ ist sein erster Kinofilm. Jan Henrik Stahlberg, der darin einen Polizisten verkörpert, wurde u.a. durch seine Rolle in „Muxmäuschenstill“ bekannt und hat seitdem in einer Vielzahl von Filmen mitgewirkt. Daneben schreibt er auch Drehbücher und führt Regie. Für seinen Film „Short Cut to Hollywood“ entwickelte er 2009 eine Guerilla-Marketing-Kampagne um einen angeblichen Bombenanschlag in der fiktiven US-Stadt Bluewater (nachzulesen bei Wiki unter „Bluewater-Affäre“) und brachte damit nicht nur dpa-Redakteure ins Schwitzen. Mit Regisseur Lars Montag und Schauspieler Jan Henrik Stahlberg sprach Reinhard Lüke im Odeon, wo der Film seit seinem Kinostart

zu sehen ist.

Hat Lilly Wiedemann, eine ihrer Darstellerinnen, den Film schon gesehen? Er wurde von der FSK ab 16 freigegeben und sie ist ja erst 14…
Lars Montag: Ja, hat sie. Und sogar im Beisein ihrer Lehrerinnen. Was in sofern bemerkenswert ist, da Lilly im bayrischen Kaufbeuren eine Klosterschule für Mädchen besucht. Nach der Vorführung gab es eine Diskussion, an der sich die Pädagoginnen rege beteilgt haben. Wir haben also den Segen der Katholischen Kirche.

Wenn man bei Produzenten mit einem Treatment für einen Film vorspricht, der mit rund einem Dutzend Hautfiguren aufwartet, von denen keine durchweg sympathisch ist und in der angedachten Besetzungliste weder Til Schweiger noch Veronika Ferres auftauchen – da bricht doch spontaner Jubel aus…
L.M.: Eher nicht. Aber wir hatten schon eine erste Drehbuchfassung, die Helmut Krausser erstellt hatte, bevor wir uns auf die Suche gemacht haben. Und wir haben auch schnell Interessenten gefunden. Aber dann haben wir lange Jahre damit verbracht, die Finanzierung zu organisieren und Koproduzenten ins Boot zu holen. Im Prinzip war ich seit 2011 mit dem Projekt beschäftigt.

 


Schauspieler Jan Henrik Stahlberg ist seit 2011 mit dem Projekt beschäftigt.

Herr Stahlberg, Sie verkörpern in der Rolle des liebesbedürftigen Polizisten einmal mehr eine Figur, die einem nicht unbedingt sympathisch ist. Machen Fieslinge mehr Spaß?
Jan Henrik Stahlberg: Ehrlich gesagt, sehe ich die Figur gar nicht so negativ. (lacht) Nein, also natürlich hat der Typ seine Schattenseiten, zu denen auch sein starker Rassismus gehört, aber andererseits hat er auch tatsächlich etwas zutiefst Menschliches: Er hat eine Angststörung und ist selber eine arme Sau. Ich denke, dass diese Ambivalenz nahezu allen Figuren in diesem Film eigen ist. Ein komplettes Arschloch zu spielen, wäre für mich genau so uninteressant wie einen Gutmenschen zu verkörpern.
 
Wäre ich ohne jede Vorabinformation ins Kino gegangen, hätte ich irgendwann gedacht, ich sehe einen österreichischen Film. Die Figuren und der schwarze Humor haben viel von Filmen eines Ulrich Seidl („Hundstage“, „Paradies“-Trilogie)…
L.M.: Das nehme ich mal als Kompliment. Natürlich mag ich seine Filme, aber ein konkretes Vorbild war er jetzt nicht. Aber unser Film scheint alle möglichen Assoziationen zu wecken, da er offenbar schwer einzuordneten ist. Was mir sehr wilkommen ist.

Wie war die Zusammenarbeit mit Helmut Krausser?
L.M.: In der Regel gibt es zwischen dem Autoren der Romanvorlage und dem Regisseur ein Spannungsfeld, das sich hier jedoch in Grenzen hielt. Krausser hat mir eine erste Drehbuchfassung geschickt, in der er schonmal die Hälfte der Romanfiguren gestrichen hatte. Anschließend haben wir zwei Jahre getrennt voneinander gearbeitet und uns die Zwischenergebnisse zugeschickt. Erst dann haben wir uns zum ersten Mal getroffen und gemeinsam weitergeschrieben.

Wieso lief der Film lange unter dem Arbeitstitel „Hummeln im Bauch“?
L.M.: Weil uns bei der Vorbereitung des Drehs Motivgeber, Kleindarsteller und Komparsen reihenweise abgesprungen sind, als sie gehört haben, wir wollten da „Einsamkeit und Sex und Mitleid“ drehen. Also haben wir das Ganze wie eine unverfängliche Til Schweiger-Komödie genannt und von da an gab´s keine Probleme mehr.

 


„Beim Kinofilm hat man weniger Geld“, Regisseur Lars Montag.

Macht es noch einen Unterschied, ob man fürs Fernsehen oder fürs Kino dreht?
L.M.: Beim Kinofilm hat man weniger Geld, noch weniger Zeit aber mehr Freiheit und eine motiviertere Truppe. Wegen des knappe Budgets bei dieser Produktion war allen klar, dass es kaum etwas zu verdienen geben würde. Und für sozialistischen Einheitslohn arbeiten nunmal nur Leute, die für ein Projekt brennen. Aber es gibt sicherlich auch Kinoproduktionen, bei denen das anders aussieht, weil sie finanziell besser ausgestattet sind.

Bei aller Komik des Films mag man über die Figuren kaum lachen…
J.H.S.: Mir gefällt, dass sämtliche Figuren hier bisweilen komisch aber nie lustig sind und der Film sich bei aller Überzeichnung auch nirgendwo über sie lustig macht oder sie als Deppen hinstellt. Was eine Grundvoraussetzung ist, um Charaktere bei aller Tragikomik glaubwürdig erscheinen zu lassen.  

Gibt es im deutschen Film aktuell einen Trend zum ungeschönten Sex?
L.M.: Ich weiß nicht, ob es ein Trend ist, aber mir sehr wichtig, Sex auch wie Sex aussehen zu lassen. In vielen Filmen wird bei den entsprechenden Szenen ja nur das romantische Vorspiel oder der Schluss gezeigt, wenn schöne Körper im Gegenlicht ermattet in die Kissen sinken. Wir zeigen das ranzige Filetstück in der Mitte.

Herr Stahlberg, denken Sie bei dem grassierenden Gerede von Fake News gern an „Bluewater“ zurück?
J.H.S.: Zugegeben, ich bin immer noch ein wenig stolz darauf. Aber wir haben uns damals auch große Mühe gegeben. Dabei war eigentlich offensichtlich, dass es sich um ein Fake handelte, weil es auf allen von uns eingerichteten Seiten ganz unten auch stand. Aber bis dahin hat bei dpa und allen Zeitungen, die es abgedruckt haben, einfach keiner gelesen. Schade nur, dass daraufhin der Film „Short Cut to Hollywood“ selbst in der Presse kaum Beachtung gefunden hat, weil alle beleidigt waren.

Viele Dank für das Gespräch.

 

Text: Reinhard Lüke

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