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Südstadt

Werbung? Her damit! – Lükes liebes Leben

Sonntag, 21. April 2013 | Text: Reinhard Lüke | Bild: Meinesuedstadt

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Ich freu´ mich immer so. Jeden Samstag. Wenn es gegen Mittag an der Haustüre klingelt, weiß ich, dass ich gleich wieder für ein halbes Stündchen in die Zauberwelt der Warenästhetik abtauchen kann. Netterweise bringt mir mein Postbote immer so eine durchsichtiges Plastiktütchen mit Prospekten, mit denen mich der Kölner Einzelhandel auf seine umfangreiche Produktpalette hinweist. Ich kenne Leute, die diese Gratisinformationen sofort in den Müll werfen. Wobei die Lieferung natürlich eine sorgsame Trennung erfordert. Tüte gelb, Papier blau. Großer Schwachsinn, sagen sie. Auch ökologisch. Mag sein. Aber wenn es um den frevelhaften Raubbau am Baumbestand geht, gehören für mich 90 Prozent aller Druckerzeugnisse auf die Anklagebank. Mindestens. Also, ich liebe Reklame. (Wann und warum ist dieses schöne Wort eigentlich nahezu ausgestorben oder kommt nur noch als „Reklamation“ daher?) So ein Zettel mit „Keine Werbung!“ kommt mir jedenfalls nicht an den Briefkasten. Letztens habe ich in einem Prospekt diese Aufkleber übrigens als Sonderangebot entdeckt. Werbung für Anti-Werbung-Zettel. Auch schön. Hat doch schon was von „Kommt ein Einarmiger in `nen Second Hand Shop…“.

Kein Topf  in der Tüte

Besonders lieb sind mir Vierfarb-Broschüren mit Frischfleisch-Angeboten, wo man nackte Koteletts und Rollbraten gern mit einem Sträußchen Petersilie abgebildet sieht. Wobei daneben klein gedruckt „Serviervorschlag“ zu lesen steht. Aha, die Petersilie ist also im Preis nicht inbegriffen. Schade eigentlich. Aber wer in aller Welt kredenzt seinen Gästen ein rohes Kotelett mit Grünzeug? Auch auf Tütensuppen ist dieser Hinweis stets zu finden. Logisch. Sonst könnten die Kunden schließlich enttäuscht sein, dass der Kupferkessel, in dem die Brühe auf dem Foto köchelt, nicht zum Lieferumfang gehört und schon gar nicht in der Tüte steckt. Muss einem ja gesagt werden. Gern studiere ich auch immer die Offerten eines Discounters, der Allerlei rund ums Haustier im Angebot hat. Für (zweibeinige) Outdoor-Freaks gibt´s da beispielsweise den „Ruff Wear Hundefaltnapf Go Between“ für schlappe 9, 99 Euro. (Was ist eigentlich aus meiner einstigen australischen Lieblingsband, den „Go Betweens“, geworden?) Ein überaus praktisches Behältnis, das Herrchen Platz sparend im Rucksack mitführen kann. Damit Hundi beim Picknick nicht dumm aus der Wäschi schauen muss, bekommt er darin sein Fressi für unterwegs serviert. Auch nicht schlecht: Die „Hunderampe Easy Steps“, für die man allerdings schon 199 Euro berappen muss. Wenn ich das richtig verstanden habe, handelt es sich bei dem Qualitätsprodukt um eine Alu-Rampe, die man am Heck seines Autos anlegen soll, damit das Tier darüber schonend auf den Boden gelangen kann. Braucht man sowas? Ich kenne mich mit Hunden nicht aus, glaube aber, mal irgendwo gehört zu haben, dass Stufen nicht gut für deren Gelenke sind. Also ist so eine Rampe vermutlich eine prima Sache. Zumal, wenn Herrchen oder Frauchen so einen überdimensionierten Geländewagen fahren. Da könnte ein Sprung aus luftiger Höhe für einen Dackel ja womöglich böse enden.

Grillen in Belfast

Für meine Hauskatze halten sich die entsprechenden Angebote eher in Grenzen. Als ich ihr im Prospekt das Schlafsofa „Aspen“ (69, 99 Euro) gezeigt habe, wirkte sie auch nicht sonderlich interessiert. Kann natürlich sein, dass sie sich unter „Aspen“ nichts vorstellen konnte. Aber wenn ich ihr Wintersport-Ressort, Colorado, USA zugeflüstert hätte, wäre ihre Begeisterung wohl auch nicht größer ausgefallen. Ehrlich gesagt, ich verstehe ja auch nicht, was sich die Werbestrategen bei solchen Namensgebungen denken. Erwarten sie ernsthaft, dass zögerliche Tierliebhaber eher zu solch einer Lümmelcouch greifen, wenn sie „Aspen“ statt „Bebra“ oder „Paderborn“ heißt? An was soll man dabei denken? Mondänes Aprés Ski, kosmololitischen Jet Set? Für mein Tier nur das Beste? Oder wie geht die Logik? Okay, wenn ein Baumarkt Sonnenschirme anpreist, die „Ibiza“, „Capri“ oder „Lugano“ heißen, leuchtet mir das spontan ein. Aber bei dem Modell „Harlem“ komme ich schon wieder ins Grübeln und das „Gartengewächshaus-Set Venus 6200“ macht mich schier ratlos.

Derweil preist ein Konkurrenzunternehmen Grills für die Sommersaison an. Und natürlich muss auch so ein Freiluftofen irgendwie heißen. Auf einer Seite stehen folgende Modelle zur Auswahl: „La Puente“, La Mirada“ und „STG 2100“. Vielleicht bin ich in Geographie keine Leuchte, aber bei den ersten beiden Namen muss ich erstmal Google fragen. Zwei Städte in Kalifornien. Aha. Was bringt das, mit Namen zu werben, die hierzulande kaum eine Sau kennt? Gibt´s da irgendeinen sachlichen Bezug? Sind das die Grill-Hochburgen der USA oder stammen nur die Eltern des Produktentwicklers von da? Und wo liegt überhaupt „STG“? Nirgendwo. Steht einfach für „Standgrill“. Sowas Unpoetisches kauft doch keiner! Dann  doch lieber den fahrbaren „Kugelgrill Belfast“. Was ist wem dabei nur an durch die Rübe gerauscht? Nordirland ist schließlich keine Gegend, die man spontan mit lauschiger Sommerfrische assoziieren würde. Was dann? Katholiken grillen Protestanten? Kugelhagel? Hatte der zuständige Namensgeber womöglich zunächst mit dem Modell „Stalingrad“ geliebäugelt, die Idee dann aber doch wieder verworfen? Möchte gar nicht wissen, was solchen Leuten einfallen könnte, wenn sie Gas-Grills verkaufen sollen. Schon klar, dass es wichtigere Fragen gibt, als die, wie Werbefuzzis ticken.

Klobürste „Hildegard“

Aber mich fasziniert einfach die Vorstellung, dass irgendwo Menschen sitzen, sie sich gegen Geld sowas ausdenken. Sind das einsame Entscheidungen oder gibt es da Kreativ-Konferenzen, in denen das Für und Wider solcher Einfälle ausgiebig diskutiert werden? Bis so ein Produktname auf der Verpackung und in der Werbung auftaucht, müssen da doch mehrer Leute mal draufgeguckt haben. Meldet da keiner mal unterwegs Bedenken an? Offenbar nicht. Was treibt Leute, eine „Gartenschaufel, modisch“ auf den Markt zu bringen, die ich letztens in einem Ramschladen entdeckt habe? Womit man ein Schüppchen betitelt hatte, dessen Blech weiß lackiert und mit Blumenmotiven verziert war. Ganz allerliebst. Demnächst vielleicht der „Schraubenzieher Horst“ oder die „Klobürste Hildegard“ im Sonderangebot? Gibt´s wahrscheinlich längst. Richtig drollig, wird´s natürlich, wenn Werber sich ganze Halbsätze, „Slogans“ genannt, ausdenken. Unvergessen das polyglotte Kauderwelsch der Bahn: „Wir treffen uns am Meeting-Point“. Aber mein ewiges Highlight in dieser Hinsicht stammt aus der Kölner Südstadt. Mag zwanzig Jahre her sein, da befand sich auf der Severinstraße, wo heute „Netto“ residiert, ein Laden namens „Fachmarkt Runkel“, in dem es von Fassadenfarbe über Auslegware für die Nasszelle, Mausefallen und Schrauben so ziemlich alles gab, was man so im Alltag braucht. Hin und wieder schaltete Runkel ganzseitige Anzeigen in der örtlichen Tagespresse. Und einmal, es muss während der Karnevalszeit gewesen sein, prangte oben auf der Seite wahrhaftig der Slogan: „Ri-Ra-Runkel – die Preise kommen ins Schunkeln!“ Wie kommt solch ein Kleinod des deutschen Reimwesens zustande, auf das ein Robert Gernhardt mächtig stolz gewesen wäre? Ich hab´ mir das immer so vorgestellt: Vermutlich hatten die Runkels kein Geld, um eine professionelle Agentur zu beauftragen oder fanden solche Ausgaben einfach überflüssig. Und so haben sie einfach einen Lehrling mit der Maßgabe in ein Kabuff gesperrt, er käme da nicht eher wieder raus, bis er einen pfiffigen Werbe-Spruch zu Papier gebracht hätte. Und nachdem ihm flugs das geniale „Ri-Ra-Runkel“ in den Sinn gekommen war, hat der arme Junge dann über Stunden Blut und Wasser geschwitzt, weil ihm partout nicht einfallen wollte, wo er das verflixte „n“ lassen könnte. Aber am Ende waren es die Eigner offenbar auch so zufrieden und das „Runkel-Schunkeln“-Werk ging in den Druck. Werbung mit Drama-Potential und Happy End. So hab ich´s gern.
 

Text: Reinhard Lüke

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