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Umwelt

„Wir brauchen ein Tornado-Warnsystem“

Montag, 27. Mai 2013 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Dirk Gebahrdt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Vor zwei Tagen hat uns der Meteorologe Karsten Schwanke („Das Wetter im Ersten“) über den düsteren Mai und den hoffentlich besseren Juni aufgeklärt. Bei dem Gespräch ging es aber auch um etwas, das die Redaktion von „Meine Südstadt“ nicht auf dem Zettel hatte: Es ging um Tornados in Deutschland. Denn, berichtet Karsten Schwanke: Es gab auch hier schon einen „F-5“. Genau genommen schon zwei Mal.

Meine Südstadt: Herr Schwanke, wie misst man die Windgeschwindigkeit eines Tornados?
Karsten Schwanke: Der Rüssel unter der Wolke hat nur eine kurze Lebensdauer, also 30 bis 60 Minuten. Tornados treten zudem sehr lokal auf und nie dort, wo eine Wetterstation steht. Wenn Sie jetzt mit Leben und Tod spielen wollen, dann stellen Sie sich eine mobile Wetterstation vor…

…so wie im Film „Twister“…
…und Sie schaffen es womöglich, diese Station einem Tornado vor die Nase zu setzen. Nur: Der Sturm zerlegt Ihnen die in 1.000 Teile. Die klassischen Messgeräte können das eben nicht.

Sondern?
Es gibt Doppler-Radare. Die messen die Geschwindigkeiten von Luftströmen. Vor 13 Jahren gab es in Moore in den USA (Anm. d. Red.: dort, wo gerade jetzt ein Tornado gewütet hat, mit mehr als 20 Toten) schon einmal einen Tornado. Den haben die mit einem mobilen Doppler-Radar gescannt.

Und?
Es war die höchste, jemals gemessene Windgeschwindigkeit: 520 Kilometer pro Stunde. Die Zahl ist nicht ganz unumstritten. Andere Quellen sagen, es waren mindestens 480 km/h.

Wie zeigt man das an?
Mit der Fujita-Skala. Der Tornado jetzt gerade in Moore, das war ein F-5. Wenn wir das mit deutschen Verhältnissen vergleichen: ein F-1-Tornado geht los ab 117 Kilometer pro Stunde. Das ist Windstärke 12, und wir reden in Deutschland von Orkan. Bislang dachte man: F-5, das ist das Maximum. Das sind 419 bis 512 km/h. Heute weiß man, dass es wahrscheinlich auch F-6-Tornados gibt. Die gehen bis 612 km/h.

?Wo endet die Skala?
Sie geht theoretisch bis F-12, aber das ist dann Mach-1, also Schallgeschwindigkeit. Das ist in der Natur nicht mehr möglich. Das geht nur noch mit einem Düsenjet.

Gab es in Deutschland schon Tornados?
Es gab in Deutschland schon zwei F-5-Tornados. Das lässt sich rekonstruieren durch Kirchenbücher und Chroniken. Die Tornados haben sich 1764 und 1800 ereignet.

Wie rekonstruiert man, dass die so heftig waren?
Im Grunde so wie heute noch: Man schaut sich die Schäden an und schätzt. Ein F-5-Tornado kann asphaltierte Straßen hochreißen. Damals in Deutschland gab es ein gerodetes Waldstück. Da sind die Baumstümpfe mit Wurzel aus dem Boden herausgerissen worden. Das schafft kein normaler Sturm.

Was passiert, wenn heute ein Tornado in Köln aufträte?
Die meisten Toten gäbe es wohl durch umkippende Straßenbahnen oder einen ICE, der hochgehoben wird. Auch im Auto zu sitzen ist sehr gefährlich. So ein Tornado braucht nur über eine Autobahn zu ziehen.

Wie werden wir davor gewarnt?
Wir haben keinerlei Warnsystem.

Wie bitte? Was ist mit einem Sirenen-Ton?
Nein, es gibt auch keine Sirenen-Warnung. In den USA wird übrigens auch erstmal nur eine Wahrscheinlichkeit vorhergesagt. Convective outlook heißt das. Die eigentliche Warnung gibt es erst, wenn ein Tornado gesichtet wurde.

Wer warnt dann?
Es gibt Skywarn, da machen in den USA Zehntausende mit. Da wird dann der Tornado postleitzahlengenau gemeldet, und das geht dann über Radio und Fernsehen mit Laufbändern.

Wie lange hat man Zeit von der Warnung bis zum Tornado?
In Moore vor kurzem waren es 16 Minuten. Das ist absolut okay. Das reicht, um in einen Schutzraum zu gehen. Skywarn gibt es übrigens auch in Deutschland, aber da machen nur ein paar hundert Leute mit. Das Problem besteht auch darin, dass es in den USA zum Beispiel im Frühjahr 1.000 bis 2.000 Tornados gibt. In Deutschland gibt es aber nur 30 bis 60 im Jahr. Allerdings steigt die Zahl.

Klimawandel?
Nein, es gibt einfach immer mehr Beobachter, die einen Tornado mitteilen.

Welche Forderung an die deutsche Politik und die Behörden haben Sie?
Wir müssen uns unbedingt verständigen und auf solch eine Situation vorbereiten, auch wenn die vielleicht erst in 80 Jahren auftritt. Einen F-2 oder einen F-3, das gibt es alle paar Jahre. Aber wenn es jetzt kommende Woche einen Tornado mit 50 Toten gäbe, dann gäbe das einen Riesen-Aufschrei.

Was kann man tun?
Wir haben ja die Sirenen. Wir haben die Medien. Nur wäre es falsch, gleich ein ganzes Bundesland zu warnen. In den USA warnen die auch nur die nächsten drei Postleitzahlen. Wenn es zuviele Fehlwarnungen gibt, ist das unglaubwürdig.

Wer sind die Akteure, die mitmachen sollten?
Auf jeden Fall Skywarn, die sind absolut seriös. Dann natürlich der Deutsche Wetterdienst, das Technische Hilfswerk, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz und die Innenministerien. Es gibt für bestimmte Katastrophenfälle schon solche Warnketten.

Aber noch keinen Sirenen-Ton für Tornados.
Nein, nichts. Vielleicht ginge es über das digitale Fernsehen, dass man eben ortsbezogen ein Laufband reinzieht. Und Radiosender sind eine gute Möglichkeit. Am besten wäre es wohl, solche Informationen auf alle Handys zu schicken. Ein kurzes plingpling auf dem Handy, das wäre das Sinnvollste. Aber das gibt natürlich Probleme mit dem Datenschutz.

Wie verhält man sich bei einem Tornado?
Ein Keller ist super. Ansonsten fensterlose Räume, zum Beispiel die Besenkammer. Und zentrale Räume in unteren Geschossen. Abstand von den Scheiben nehmen. Nicht Auto fahren. Und wenn man im Auto in die Nähe gerät, dann hilft es tatsächlich, rechts abzubiegen und, sagen wir, 2.000 Meter weit zu fahren. Das dürfte reichen, denn die eigentliche Schneise mit dem Rüssel, die ist ja sehr schmal. Da ist das Straßennetz in den USA super, da kann man quasi immer irgendwo im 90-Grad-Winkel abbiegen. Wenn Du den Tornado sehen kannst, hast Du schon gewonnen. Denn dann weißt Du, wohin Du musst, um Dich in Sicherheit zu bringen.

Herr Schwanke, nochmals danke für das spannende Gespräch.

 

 

Lesen Sie auch das Erste Teil des Interviews „Sonne adé“.

 

Mehr zum Thema:
Karsten Schwanke jenseits von Wetterprognosen finden Sie im Internet.
Die Seite von Skywarn Deutschland finden Sie hier.
Und noch eine aktuelle Geschichte über Tornado-Jäger in den USA.

 

Text: Jörg-Christian Schillmöller

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