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Gesellschaft

Archiveinsturz: Und es bewegt sich (fast) nichts

Freitag, 3. März 2017 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Stefan Rahmann

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Es war ein  unscheinbarer Dienstag vor acht Jahren, an dem um 13.58 Uhr das Gedächtnis der Stadt in Schutt und Trümmer fiel. Acht Jahre sind seit dem Einsturz des Stadtarchivs an der Severinstraße vergangen. Zwei Menschen in einem ebenfalls eingestürzten Nachbarhaus wurden bei dem Unglück getötet. Der Schaden wird auf 1,2 Milliarden Euro geschätzt. Und noch immer weiß niemand, wer dafür verantwortlich ist.

 

Der gerichtlich bestellte Gutachter schweigt. Noch immer sind Taucher in der Baugrube an der Einsturzstelle mit der Beweissicherung beschäftigt. Untersucht wird die Schlitzwand. Die, so die aktuell vorherrschende Theorie, könnte fehlerhaft gewesen sein. Und durch das Loch könnten Gestein und Wasser in die Baugrube vor dem Archiv geströmt sein und dem Gebäude buchstäblich „den Boden unter den Füßen weggezogen“ haben.

 

Was ist eigentlich eine Schlitzwand?

 

Schlitzwände sind bei Arbeiten in großer Tiefe wie zum Beispiel U-Bahn-Bauten Stand der Technik. Sie sollen Baugruben möglichst trocken halten, also Grundwasser von beiden Seiten abwehren. Dann muss die spätere Wand bis in die wasserabwehrende Schicht ragen. Die besteht in der Regel aus Ton. Dann sollte die Grube bis auf wenig von unten eindringendes Wasser von allen drei Seiten im Erdreiche trocken sein. Ein Bagger, dessen schmale Schaufel an Seilen hängt, hebt den Schlitz aus. Auf den oberen drei Metern auf dem Weg in die Tiefe wird der Schlitz durch Spundwände stabilisiert.

 

Das waren, die Südstädter erinnern sich, die wie Bretter aussehenden drei Meter langen Metall-Teile, die immer irgendwie rostig wirkten. Am Waidmarkt war der Schlitz fast 40 Meter tief. Um ihn zu stabilisieren, wird eine leicht zähe Mischung aus Wasser und Bentonit eingefüllt. Hat man bis zur gewünschten Tiefe ausgehoben, werden die sogenannten Bewehrungskörbe in die Schlitze gesetzt. Auch daran erinnern sich die Südstädter.

 

Das waren  Zylinder aus Stäben, die an den beiden Enden von kreisrunden Eisen zusammengehalten wurden. Die versenkt man dann zur Stabilisierung der Wand nacheinander in dem Schlitz. Stehen die von oben bis unten senkrecht, kommt der letzte Arbeitsschritt. Mit einem Schlauch, der bis auf den Boden der Schlitzwandgrube reicht, wird Beton eingefüllt, der das Gemisch aus Bentonit und Wasser nach oben verdrängt. Auch an diese Schläuche erinnert man sich. Und wenn dann eine Wand aus Beton und Bewehrungskörben, Lamelle genannt, mit der Breite einer Schlitzbaggerschaufel steht, fängt man mit der nächsten an. So weit die Theorie.

 

Vorwürfe gegen die Baufirmen

 

In der Praxis stieß man in 28 Metern Tiefe vor dem Archiv auf einen Steinblock, an dem sich der Schlitzwandbagger wohl die Schaufelzähne ausbiss. Dann hat man die Schaufel gegen eine schmalere ausgetauscht, so die Theorie, und neben dem Stein weitergebaggert. Dass es den Steinblock gibt, ist von der Staatsanwaltschaft bestätigt. Aber ob er die Ursache des Unglücks ist, ist umstritten.

 

 

Die beteiligten Baufirmen weisen nach wie vor jede Verantwortung von sich. Von denen heißt es, ein „hydraulischer Grundbuch“ sei schuld. Dann wäre das Wasser mit dem Gestein von unten gekommen, und der Grund der Baustelle hätte dem Druck des Grundwassers nicht standgehalten. Das wäre dann sozusagen höhere Gewalt und die Baufirmen wären aus dem Schneider. Ist das Wasser aber durch eine fehlerhafte Schlitzwand in die Grube gedrungen, würden wohl die Baufirmen zur Rechenschaft gezogen.

 

Gegen sie werden aber auch weitere Vorwürfe erhoben. Aus nicht genehmigten Brunnen in der Grube am Waidmarkt wurde angeblich viel zu viel Wasser über die blauen Rohre in den Rhein gepumpt. Für einige Experten ein Indiz dafür, dass die Schlitzwand fehlerhaft gewesen sein soll. Bauprotokolle sollen nicht korrekt geführt worden sein. Dabei war der Waidmarkt von Anfang keine Baustelle wie die anderen. Hier sollte eine sogenannte Gleiswechselanlage entstehen.

 

Das heißt, dort sollten  die ansonsten getrennt in beiden Richtungen verlaufenden Röhren der U-Bahn miteinander verbunden werden. An dieser Stelle hätten die Bahnen auf den Strecken die Richtung wechseln können, indem sie schlicht über die Verbindung auf das Gleis in die Gegenrichtung fahren sollten. Der Fahrer hätte nur an das andere Ende seines Zuges gehen müssen. Ein Richtungswechsel ist sinnvoll, wenn eine vorausfahrende Bahn liegen geblieben ist.

 

Wie geht es weiter?

 

Schwer zu sagen. An die in Rede stehende Schlitzwand wurde ein Besichtigungsbauwerk gesetzt. Das ist ein Schacht aus miteinander verbundenen Betonpfählen. In dem Schacht wird die Schlitzwand akribisch untersucht. Dafür muss immer wieder Wasser vereist werden. Damit lassen sich auch die merkwürdigen weißen „Tierchen“ erklären, die immer wieder auf einem Abluftrohr gegenüber vom Friedrich-Wilhelm-Gymnasium auf der Baustelle entstehen.

 

Wann die Untersuchungen mit welchem Ergebnis abgeschlossen sein werden, vermag niemand zu sagen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 96 Beschuldigte. Sollte am 3. März 2019 kein Urteil vorliegen, verjähren die Vorwürfe, was den Strafprozess angeht. Zivilrechtliche Ansprüche verjähren erst nach 30 Jahren. Da wird in wahrscheinlich sehr langen Prozessen geklärt, wer für den Schaden von 1,2 Milliarden aufkommen muss. Sicher ist nur eins: Vor 2023 fährt keine Bahn durchgehend auf der Nord-Süd-Strecke vom Chlodwigplatz zum Breslauer Platz.

 

Text: Stefan Rahmann

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