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Gesellschaft

„Man könnte viel machen,

Dienstag, 26. November 2013 | Text: Judith Levold | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

…wenn man ein Konzept hätte“, sagt Claus-Ulrich Prölß im Hinblick auf die aktuelle Flüchtlingspolitik der Stadt Köln. Zwar gründete OB Jürgen Roters angesichts des ach so überraschenden Flüchtlingszustroms nach Köln und der Probleme der Verwaltung, die Menschen aus aller Herren Länder alle unterzubringen, eine Task Force, doch die überließ er dann seiner Sozialdezernentin, anstatt „auf den Tisch zu hauen“ und mit politischem Willen und verwalterischem Durchsetzungsvermögen für die Einhaltung der 2004 vom Rat verabschiedeten Leitlinien zur Flüchtlingsunterbringung zu sorgen.

 

Gegen diese Leitlinien wird aktuell in Köln verstoßen. Darin steht zum Beispiel, dass Flüchtlinge nurmehr in Wohnheimen mit abgeschlossenen Wohneinheiten unterzubringen seien – doch ganz im Gegenteil dazu finden sich viele, die mitsamt ihrer Kinder und ein paar Koffern unterm Arm nach Deutschland kamen, hier bei uns in Köln auf Flure überfüllter Wohnheime verfrachtet, ohne einen Quadratmeter Privatsphäre, ohne eigene Toilette, ohne jemanden, der sich um ihre bange Seele, ihre Alltagsprobleme, ihre Fremdheit hier und ihre tausend Fragen kümmert.

 

„Meine Südstadt“ hat Claus-Ulrich Prölß, den Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrats e.V. in seinem Büro in der Kartäusergasse besucht. Kommendes Jahr wird der Kölner Flüchtlingsrat, einer der ersten seiner Art in Deutschland, dreißig Jahre alt. Heute Abend stellt er zusammen mit der Kölner Freiwilligenagentur und der Rheinenergie Stiftung Familie ein neues Projekt vor: „Mentoren für Flüchtlinge“.

Meine Südstadt: Herr Prölß, wer soll Mentor für einen Flüchtling sein, wenn nicht eine Stadt selbst und ihre Behördenmitarbeiter?
Claus-Ulrich Prölß: Die BürgerInnen der Stadt. Mit dem Mentorenprojekt wollen wir Freiwillige dazu bewegen, Flüchtlinge willkommen zu heißen. Kölner und Kölnerinnen können ohne weitere Voraussetzungen, ganz nach ihren eigenen Möglichkeiten, Flüchtlinge in der ersten Zeit hier unterstützen. Da geht es besonders um Familien mit Kindern, die Probleme haben, sich hier zu orientieren…

…und die ja zu allen möglichen Ämtern müssen, der Sprache nicht mächtig sind etc.?
Richtig. Es geht aber nicht in erster Linie schon um eine Beratungsleistung, die ein solcher Mentor erbringen muss, sondern vor allem darum, eine Willkommenskultur in Köln zu etablieren. Darum, einem fremden, in Köln neuen Menschen Interesse entgegenzubringen, zuzuhören, etwas darüber zu erfahren, warum er hierher geflüchtet ist. Zusammen Tee zu trinken, Unterstützung statt Misstrauen und Ablehnung zu zeigen. Und dann natürlich auch um praktische Sachen: wo finde ich einen Arzt, wo melde ich Kinder an der Schule an, wie komme ich von A nach B.

 

Sie haben das Projekt ja schon vorgestellt, informieren heute Abend nochmals intensiv – konnten Sie schon jemanden dafür gewinnen?
Ja, es haben sich bereits knapp fünfzig Freiwillige gemeldet, sieben Mentorenschaften haben wir schon eingerichtet. Im Flüchtlingszentrum in Nippes ist die Anlaufstelle – da bringen wir Freiwillige und Flüchtlinge zusammen und beraten auch die Freiwilligen.

Die Stadtverwaltung scheint überfordert, gibt selbst zu, gegen ihre eigenen Leitlinien zur Unterbringung von Flüchtlingen wegen der steigenden Zahlen zu verstoßen, warum ist das so?
Es ist nicht überraschend, dass wir jetzt so viele Flüchtlinge auch hier in Köln haben – sie werden ja nach dem Landesgesetz zur Flüchtlingsaufnahme auf alle Kommunen und Gemeinden in NRW verteilt – seit etwa vier Jahren steigt die Zahl von Flüchtlingen stark, wir haben einen neuen Höchststand. Überraschend ist dagegen, dass die Stadt darauf nicht frühzeitig konzeptuell reagiert hat…

… nennen Sie ein Beispiel?
Zum Beispiel durch den Bau neuer Wohnheime oder der Anmietung von Objekten oder der besseren personellen Ausstattung in den Ämtern. Stattdessen arbeitet jetzt eine Task Force an dem Unterbringungsproblem und verstößt genau gegen die Leitlinien von 2004: darin steht, dass ein Unterkunfts-Objekt mit nicht mehr als etwa fünfzig bis achtzig Menschen belegt sein soll, nun gestattet man die Aufstockung der Belegung auf hundert plus…Oder will, statt Wohnheime zu bauen, Containeranlagen hinstellen, auch OHNE abgeschlossene Wohneinheiten.

Aber sind nicht Container übergangsweise eine Lösung?
Ja, Containeranlagen sind nicht prinzipiell schlecht, wenn man ein Konzept hat, wie sie aussehen sollen. Wenn sie ohne abgeschlossene Wohneinheiten sind, ist das schlecht und gegen die Leitlinien. Außerdem sind diese Container nicht billiger als die mit abgeschlossenen Wohneinheiten…

 

„…mit politischem Willen könnte man es natürlich vervielfältigen…“

Auf der Homepage der Stadt Köln steht bei den Aufgaben für die Abteilung Wohnungsversorgung „Betrieb und Verwaltung von Unterkünften für u.a. Flüchtlinge und Aussiedler…sowie die Beratung der untergebrachten Personen.“ Wie steht es um die Beratungsleistung?
Das sieht schwierig aus. Der soziale Dienst der Wohnungsversorgung hat ein paar Mitarbeiter, die belegen und verwalten die Objekte, auch Instandhaltung verläuft schleppend. Beratung passiert da nicht ausreichend. Da hat eine Sozialarbeiterin mit vielleicht nur halber Stelle zwei bis drei Wohnheime zu betreuen und bietet einmal pro Woche eine Sprechstunde an, die oft noch ausfällt – ohne dass es eine Vertretungsregelung gäbe – das ist einfach zu wenig. Unser Mentorenprojekt ist genau darauf eine Reaktion.

Wäre es nicht insgesamt kostengünstiger für die Stadt und auch sozial bekömmlicher, würde man Flüchtlinge nicht immer so ghettoisiert unterbringen, sondern in Privatwohnungen über die Stadt verteilt vermitteln?
Auf jeden Fall. Wir haben gerade den Schlussbericht zu einem zweijährigen Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit der Stadt abgeliefert: dem so genannten Auszugsmanagement. Da haben wir gemeinsam mit Caritas und DRK für eine Personalstelle 71.000€ von der Stadt bekommen und damit hundertsechsundzwanzig Flüchtlinge auf den freien Wohnungsmarkt vermittelt – wir haben ein tolles Netzwerk geknüpft mit Wohnungsgenossenschaften aber auch der freien Immobilienwirtschaft, Vermietern – dadurch spart die Stadt 400.000€ jährlich ein.

Und warum wird das dann nicht ausgebaut? Oder warum arbeitet die Stadtverwaltung nicht selbst so?
Dieses Projekt ist jetzt tatsächlich verlängert worden, aber mit politischem Willen könnte man es natürlich vervielfältigen… Aber das meine ich mit Konzeptlosigkeit: die Stadt sucht zu wenig Kooperationen mit Bündnispartnern in der Trägerlandschaft, die Ämter untereinander kooperieren nichtmals gut miteinander. Da müsste etwa mal das Amt für Wohnungswesen wirklich Durchgriff bekommen auf Liegenschaften – die vom Liegenschaftsamt aber lieber „wirtschaftlich“ verwertet werden…

Wie viele Flüchtlinge leben eigentlich derzeit in Köln
Wir gehen von etwa sieben Tausend aus, mit ganz unterschiedlichem Aufenthaltsstatus. Es gibt ja ungefähr fünfzehn verschiedene Aufenthaltstitel, von illegal eingereist über geduldet und laufendes Asylverfahren bis anerkannt aufenthaltsberechtigt. Und davon hängt dann ab, ob ein Flüchtling arbeiten darf, sich eine Wohnung suchen darf und so weiter…

Herr Prölß, vielen Dank für das Gespräch.

 

Mehr im Netz:
www.koelner-fluechtlingsrat.de
www.fluechtlingszentrum.de

 

Am 7.12.2013 veranstaltet „Meine Südstadt“ eine Benefiz-Grillaktion auf dem Severinskirchplatz zugunsten des „MentorInnen Projekts“ des Kölner Flüchtlingsrates. Kommen Sie vorbei!
 

Text: Judith Levold

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