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Gesellschaft Kultur

Das Morgenland Festival Osnabrück

Freitag, 27. August 2010 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Jörg-Christian Schillmöller

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Eine uigurische Rockband betreut man auch nicht alle Tage. Kurzerhand habe ich im Frühjahr zugesagt, als Michael Dreyer, der Leiter des Morgenland Festivals Osnabrück,  mir das Angebot machte. Schließlich ist Osnabrück meine alte Heimatstadt. Ich nahm eine gute Woche Urlaub und bekam im Team des Festivals schon bald den Spitznamen „Senior-Praktikant“ verpasst. Eines vorweg: Die Festivalwoche war ein einziger Rausch, mit vielen tollen Konzerten und unvergesslichen Begegnungen mit Künstlern, unter anderem aus China, Syrien und dem Iran.

Aber ganz von vorn. Das Morgenland Festival Osnabrück fand dieses Jahr zum sechsten Mal statt. Das Ziel: Musiker aus Ländern zusammenzubringen, die in unserem westlichen Verständnis den Ruf haben, kompliziert zu sein. Unser Bild beschränkt sich meist auf die schwierige politische Lage, Stichwort Iran. Die Zivilgesellschaft und die lebendige Kulturlandschaft dieser Staaten finden nur am Rande statt. Oder gar nicht.

Dieses Jahr hatte Michael Deyer als Schwerpunkt die nordwest-chinesische Provinz Xinjiang gewählt. Dort leben die Uiguren, ein Turkvolk und zugleich eine muslimische Minderheit. Es war abenteuerlich und ein Kraftakt, die Künstler (zum Beispiel die Rockband „Qetiq“ aus der Millionen-Stadt Urumqi) überhaupt nach Osnabrück zu bekommen. Sie hatten vorher nicht einmal Reisepässe gehabt, geschweige denn ein Visum – und sie hatten noch nie ein Konzert außerhalb ihrer Heimat gegeben.

 

Und plötzlich saßen sie in meinem roten Toyota. Drei Zylinder und vier Uiguren, dachte ich. Die Herausforderung begann schon bei der Verständigung: Die Uiguren sprachen kaum Englisch, so dass wir oft mit Händen und Füßen reden mussten. Es klappte wunderbar. Einquartiert wurden die Musiker in einer alten Wassermühle bei Osnabrück, in der es auch ein Tonstudio gibt – dort haben sie ihre erste Platte aufgenommen. In dem Album sind neben ziemlich rockigen Stücken im Balkan-Stil auch 600 Jahre alte Wüstengesänge zu hören – und sogar Oberton-Gesang, der ungefähr so klingt wie ein Didgeridoo. Perhat Khaliq, der Kopf und Sänger der Band, war beim Festival auch „Artist in Residence“. Perhat ist ein sehr charismatischer, liebenswerter Mensch, ein Vollblutmusiker mit Frau und Kind, der jede Gitarre in die Hand nimmt, die er zu greifen bekommt. Zuhause in Urumqi tritt seine Band Qetiq („Joghurt“) in einer Kneipe auf, die keinen Umsatz macht, wenn die Gruppe nicht spielt. Beim Konzert in der „Lagerhalle“ lief uns allen eine Gänsehaut den Rücken hinunter – und das nicht nur wegen Qetiq: Auch der zweite „Artist in Residence“, der syrische Klarinettist Kinan Azmeh, spielte mit und improvisierte – das Publikum tobte.

Und genauso waren auch die anderen Konzerte: Besonders gefallen hat mir neben den Werken von Kinan Azmeh das Requiem des Schweden Nils Lindberg – eine Komposition für Bigband und Chor, selten genug in dieser Kombination. Aufgeführt hat das Requiem die einzige Bigband der arabischen Welt, die „Syrian Bigband“ aus Damaskus – gemeinsam mit dem Osnabrücker Jugendchor. Chorleiter Johannes Rahe swingte am Dirigentenpult ungefähr so wie James Last. Solche Klänge dürfte es in dem alten romanischen Dom von Osnabrück auch noch nicht gegeben haben.
Nach den Konzerten trafen sich die Musiker und das Team vom Festival immer in der Osnabrücker Institution „Weinkrüger“, einem Restaurant in einem Fachwerkhaus im Herzen der Altstadt. Dort haben wir bis tief in die Nacht in allen erdenklichen Sprachen miteinander geredet und gefeiert.

Meine Aufgabe bestand darin, Künstler von A nach B zu bringen, zum Beispiel zu den Proben. Ich habe Programm-Zettel getackert und verteilt, Blumen abgeholt und sie dann mit roten Wangen nach dem Konzert überreicht – und ich habe viel Zeit mit den Uiguren verbracht. Besonders nett war der Moment, als meine Mutter (sie wohnt in der Nähe) den Uiguren ein Blech frischen Pflaumenkuchen mit Sahne vorbeibrachte. Sie haben das Blech in einer halben Stunde aufgegessen, und der Maler Kamil hat ihr eine Kalligraphie seines Vaters geschenkt, dem wohl berühmtesten uigurischen Kalligraphen. Ich wiederum habe eines von Kamils Gemälden gekauft, das erste Gemälde meines Lebens. Es zeigt – im Stil von Van Gogh – drei Musiker mit Gitarre und Trommel.

Der Film ist eine 13-minütige, „informelle“ Dokumentation über diese unglaubliche Woche in Osnabrück. Das Team kommt ebenso zu Wort wie die Künstler, Komponisten und Filmemacher. Alim Qasimov aus Aserbaidschan, Nader Mashayekhi aus Teheran, oder Frank Scheffer, der niederländische Dokumentarfilmer. Oder „Qasida“, ein Projekt, bei dem spanische und iranische Musiker zusammen erprobt haben, welche gemeinsamen Wurzeln es in ihrer Kultur gibt. Vielleicht können Außenstehende nicht über jeden Gag lachen, aber es ist trotzdem eine ziemlich authentische Geschichte über meinen abenteuerlichen Job als Senior-Praktikant beim Morgenland Festival Osnabrück. Viel Spaß beim Schauen!

 

Homepage des Morgenland Festivals

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OFF THE FESTIVAL – THE MOVIE from Chris Fotomachen on Vimeo.

Text: Jörg-Christian Schillmöller

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