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Kultur

„Dieses Theater ist mein Leben“

Donnerstag, 12. Juli 2012 | Text: Reinhard Lüke | Bild: Barbara Siewer

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Joe Knipp über 25 Jahre „Theater am Sachsenring“, das Überleben ohne Subventionen, die Südstadt und überhaupt. Man kennt den Mann. Selbst Menschen, die noch nie einen Fuß ins „Theater am Sachsenring“ (TaS) gesetzt haben, ist Joe Knipp in der Südstadt eine vertraute Erscheinung. Das hat mit seiner imposanten Körpergröße, aber auch damit zu tun, dass sich der passionierte Anzug- und Krawattenträger vom uniformen Freizeitlook der Restbevölkerung rund um den Clodwigplatz markant abhebt. Und das seit 25 Jahren. So lange leitet Joe Knipp gemeinsam mit seiner Kollegin und Autorin Hannelore Honnen nämlich schon das TAS.

 

Dabei sah es vor ein paar Jahren nicht so aus, als sollte die Südstadt-Bühne dieses Jubiläum noch erleben. „Es ging einfach nicht mehr, wir mussten die Notbremse ziehen, um uns nicht völlig zu überschulden“, erinnert sich Knipp an das Jahr 2009, als er irgendwann im Büro eines Notars saß, um den Mietvertrag aufzulösen und sein Theater zu schließen. Mit dem „Theater der Keller“, das damals dringend eine neue Bleibe suchte, war auch schon ein Nachmieter gefunden. Doch dann durfte der „Keller“ plötzlich doch im Gebäude in der Kleingedankstraße bleiben und das TaS blieb vorerst auf seinem langfristigen Mietvertrag sitzen. Was tun? Weitermachen! Irgendwie. Aber wie? So ganz ohne öffentliche Gelder. Denn der Grund für die finanzielle Schieflage des TaS war nicht etwa Misswirtschaft oder nachlassendes Interesse seitens des Publikums, sondern ein Beschluss der Stadt Köln. 2005 stellte die ihre Subvention der Freien Theaterszene um. Wo sie früher nach dem Gießkannen-Prinzip nahezu sämtliche Freien Häuser und Ensembles unterstützt hatte, war plötzlich so genannte Spitzenförderung angesagt. Fortan wurden nur noch ein paar ausgewählte Bühnen mit Zuschüssen bedacht, während der Rest gänzlich leer ausging. Und das TaS gehörte leider zum Rest. Konnte das Theater bis dahin pro Jahr mit bis zu 58 000 Euro Betriebskostenzuschuss rechnen, stand man plötzlich ohne jede öffentliche Unterstützung da.
 
„Mit Überschriften-Theater hat man beim Kulturamt bessere Chancen.“
Die Kriterien, nach denen die Auswahl getroffen wurde, kann Joe Knipp bis heute nicht nachvollziehen. An einem Mangel an künstlerischer Qualität kann es eigentlich nicht gelegen haben. „Schließlich sind wir 2003“, so Knipp, „für die Inszenierung „Das Fest“ noch mit dem Kölner Theaterpreis ausgezeichnet worden. Also kann unsere Arbeit so schlecht nicht gewesen sein. Aber beim Beirat des Kulturamtes, der entscheidet, wer gefördert wird und wer nicht, hat man mit „Überschriften-Theater“ offenbar bessere Chancen.“ „Überschriften-Theater“ nennt Knipp jene Ensembles, die vorzugsweise Inszenierungen zu jeweils aktuellen Problemen auf die Bühne bringen. Fliegt irgendwo ein AKW in die Luft, wird schnellstens ein Stück zur Atomkraft auf den Spielplan gesetzt. Aber Joe Knipp will keine Kollegenschelte betreiben und über den Hickhack mit der Stadt auch nicht mehr reden. Nur einen Satz zum noch immer amtierenden Kulturdezernenten muss er dann doch noch loswerden: „Georg Quander hat sich noch nie für Menschen und Theater interessiert, sondern immer nur für die Koordinaten der Macht.“ Will er das so stehen lassen? Er fährt sich noch mal durchs graue Haupthaar, nippt an seinem Milchkaffee und nickt.
 
Freunde in der Not
Zurück zum Anfang nach dem drohenden Ende. „Wir haben damals“, so Joe Knipp, „als die anstehende Schließung bekannt wurde, enorm viel Zuspruch erfahren. Zahlreiche Menschen haben uns gebeten, unbedingt weiterzumachen und ihre finanzielle Unterstützung anboten“. Und? Haben sie ihre Versprechen gehalten? „Nun, ja…“, sagt Knipp und macht eine Pause. Also eher nicht. In dieser Hinsicht ist ein Theater auch nichts anderes als ein Feinkostladen. Kaum hört man, dass ihm die Pleite droht, bedauert man das zutiefst, beklagt die grassierende Verunstaltung der Severinstraße zur Trash-Meile, hat aber in dem Laden doch nie was gekauft. Wirkliche Hilfe kam dann von Schauspielern und Kollegen wie dem Autor Tony Dunham und dem Kabarettisten Thomas Reis, beide langjährige Freunde des Hauses. Von Dunham kam im Sommer letzten Jahres die Komödie „Traumfrau verzweifelt gesucht“ auf die Bühne und Thomas Reis schrieb sein Programm „Gibt´s ein Leben über 40?“ für das Theater um. Beides Produktionen, die durchaus darauf angelegt waren, ein breiteres Publikum anzusprechen. Das Kalkül ging auf. Bei nahezu sämtlichen Vorstellungen der beiden Inszenierungen waren die knapp 100 Plätze im TaS besetzt.

 

Eine aus der Not geborene Hinwendung zum Komödiantischen, mit der Joe Knipp aber keinerlei Problem hat: „Dieses Genre wird in Deutschland traditionell unterschätzt. Gute Komödien und Boulevard-Stücke sind keineswegs leichter zu inszenieren, als tiefsinnige Dramen.“ Was ihn allerdings nicht davon abgehalten hat, im vergangenen Jahr einen viel beachteten „Hamlet“ auf die Bühne zu bringen. Und kürzlich hatte im „TaS“ Ingmar Bergmanns Beziehungsdrama „Szenen einer Ehe“ Premiere, dessen Fernsehadaption in den 70er Jahren die Bundesbürger in helle Aufregung versetzte. Trotz erfolgreicher Produktionen findet Freies Theater ohne kontinuierlich fließende, öffentliche Subventionen immer am Rande der Selbstausbeutung statt. Was im „TaS“ so aussieht: Knipp inszeniert, steht bei Vorstellungen allabendlich im Foyer und macht den Einlass während Hannelore Honnen am Regiepult die Vorstellung fährt. Im Idealfall bei einem Stück, das sie selbst geschrieben hat. So fallen auch keine Tantiemen an. Macht der Umstand, dass die Südstadt mit „Keller“, „FWT“, „Comedia“, „Orangerie“ und „TaS“ so etwas wie der Hot Spot der Freien Szene ist, das (Über-)Leben womöglich noch schwieriger? Joe Knipp schüttelt den Kopf: „Auf keinen Fall! Die Theater-Dichte in der Südstadt hat definitiv etwas Belebendes. Und es gibt inzwischen auch Überlegungen für gemeinsame Initiativen der Theatermacher. Dass der Stellenwert des Theaters in der Gesellschaft eher rückläufig ist und wir mit sinkenden Besucherzahlen zu kämpfen haben, trifft uns alle gleichermaßen.“
 
Zeichner, Texter, Sänger
Wo wir das „TaS“-Pferd an diesem sonnigen Nachmittag im Filos schon mehr oder minder von hinter aufgezäumt haben, müssen wir zum Schluss noch unbedingt auf die Anfänge kommen. Einer wie Joe Knipp wollte sicher immer schon ein Theater leiten oder? „Überhaupt nicht“, sagt er, „weil meine Eltern beide Schauspieler waren, wollte ich mit Theater lange Zeit überhaupt nichts zu tun haben. Ich habe schon immer gern und viel gezeichnet und habe erstmal Malerei studiert.“ So arbeitete Knipp u.a. als Karikaturist für das politische Satiremagazin „pardon“ (für Spätgeborene: eine Art Vorläufer der „Titanik“), aber irgendwann forderten dann doch die Theater-Gene ihren Tribut. Gemeinsam mit Hannelore Honnen gründete der gebürtige Kölner flussaufwärts 1980 das „Freie Theater Neuwied“, bis es ihm in der Provinz zu eng wurde und er sieben Jahre später das am Sachsenring „TaS“ aus der Taufe hob. Bis dahin firmierte die Bühne unter dem Namen „Saxi“ und war der Stammsitz des heute legendären Trios „Matsche, Works und Pullrich“ (Wilfried Schmickler, Wolfgang Müller und Klaus Huber), das politisches Kabarett mit DaDa kreuzte.

 

So, jetzt hat man Joe Knipp aber im Kasten. Nicht ganz. Dass er als Dozent seit Jahren an der Kölner Theater Akademie arbeitet und in diesem Jahr einer Theater AG am Gymnasium in Deutz ins Leben gerufen, ließe sich noch erwähnen und dann ist da natürlich noch „Zinnober“. Jenes 1984 von Knipp, Albrecht Zummach und Clemens Dreyer gegründete Trio, das sich dem deutschsprachigen Chanson verschrieben hat und bei dem Joe Knipp als Texter und Sänger mit von der Partie ist. Für die Einspielung „Schnee von gestern“ heimste man 1999 den honorigen „Preis der Deutschen Schallplattenkritik“ und mit „Live aus dem Alten Pfandhaus“ gab es 2010 endlich wieder eine Neuveröffentlichung. Warum die langen Pausen und so wenig Konzerte? „Durch meine Arbeit für das „TaS“ fehlt mir oft schlicht die Zeit. Und dieses Theater ist mein Leben.“ So, das war´s aber jetzt.
 
Alles Weitere zum „TaS“ und dem Start in die neue Spielzeit am 4.8.2012 unter www.theater-am-sachsenring.de. Joe Knipps eigene Homepage: joeknipp.kulturserver-nrw.de

Text: Reinhard Lüke

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